Den Boden berühren:

30.11.2000

Während der Comdex hatten die Speicherpreise ein All-Time-Low, den tiefsten jemals geforderten Preis, erreicht. Seither haben sie wieder leicht angezogen, ohne dass es Marktdaten gibt, die diesen Trend erklären können. Am Speichermarkt greifen derzeit Prozesse, die man ansonsten nur von der Börse kennt. Bei einem Verkaufspreis in Asien, der dicht an den Herstellungskosten entlang schrammte, vermuteten einige deutsche Einkäufer, die Talsohle wohl schon erreicht zu haben. Die Tatsache, dass von mehreren Seiten gleichzeitig Kauforders kamen, sorgte dafür, dass von Seiten der Hersteller gemauert wurde: Die Lager seien nicht so voll wie allgemein angenommen. Aufträge wurden in den letzten Tagen in Stückzahlen oft nur unterhalb der Bestellmenge erfüllt. Von Herstellerseite ist es dabei legitim, wenn man versucht, bei anziehender Nachfrage die Preise aus dem Keller zu holen. Das Ergebnis: steigende Kurse bei geringen Umsätzen.

Wirft man einen Blick auf die Verkaufszahlen der letzten drei Monate, stellt man jedoch fest, dass die nominellen Kapazitäten der Hersteller deutlich höher lagen. Da niemand technische Probleme oder Kurzarbeit meldete, müssen Teile dieser Produktion noch auf Lager liegen. Dafür spricht auch, das noch bis zur Comdex die Preise gefallen sind. Zum Teil sind die Käufe zum jetzigen Zeitpunkt somit auch durch die Befürchtung zu erklären, dass Ereignisse wie die Veranstaltung in Las Vegas geeignet sein könnten, die "Fördermengen" neu festzulegen.

Bei einem Markt, auf dem ein derart harter Wettbewerb herrscht, kann so etwas allerdings nicht gelingen. Mit dem Druck der im Bau befindlichen neuen Produktionsstätten ist eine künstliche Verknappung nicht durchzusetzen. Auch wenn mit den neuen Prozessorgenerationen von Intel, AMD und Via für einen weiter steigenden Bedarf an Arbeitsspeicher gesorgt sein dürfte, müssen sich diese im ersten Halbjahr 2001 erst einmal etablieren. Auch die Umrüstung der Fabs auf die Produktion von DDR-Memory wird die Kapazitäten nicht sonderlich schmälern, zumal die Branche intern nur mit einem DDR-Marktanteil von ungefähr 20 Prozent bis Ende 2001 rechnet.

Bis in das nächste Quartal hinein ist deshalb für PC100 und PC133 mit Speicherpreisen auf dem derzeitigen Niveau zu rechnen. Dass der Tiefstwert der vergangenen Tage nochmals unterschritten wird, ist eher unwahrscheinlich, aber es ist anzunehmen, dass er noch mehrmals tangiert wird.

Abseits der ausgetretenen Pfade für Standardspeicher PC100 und PC133 eröffnen sich derzeit andere lukrative Möglichkeiten im Speichermarkt. "Für den Handel und somit auch für Endkunden besteht die Chance, notwendige Speichererweiterungen - auch für Peripheriegeräte - so günstig wie noch nie nachzurüsten", erklärt Edmund Dägele, Geschäftsführer von Memory Solution. "Die Preisentwicklung in diesem Segment ist zwar in etwa an die der SDRAMs gekoppelt, läuft dieser jedoch zwei bis drei Wochen hinterher. Im Moment besteht für Händler noch die Möglichkeit, ihren Kunden Aufrüstungen zu Tiefstpreisen anzubieten. Die in den letzten Tagen angezogenen Preise für die DRAM-Chips legen nahe, das auch bei diesen Produkten inzwischen die untere Preisgrenze erreicht ist."

Thomas Mironiuk

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