Den Ex-Chef an die Kette legen

05.11.2000
Viele Unternehmen gehen wie selbstverständlich davon aus, dass Führungskräfte einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegen. So klar ist das jedoch nicht, sagen die Gerichte.

Sehr oft ist die Formulierung von Wettbewerbsverboten Gegenstand der Rechtsprechung. So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem rechtskräftigen Urteil vom 6. November 1998 entschieden, dass die 50-prozentige Beteiligung eines Gesellschafters am Stammkapital der GmbH allein noch kein Wettbewerbsverbot rechtfertigt.

Nach einem jüngst bekannt gewordenen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 1998 (6 U 151/98; veröffentlicht in ZIP 1999, Seite 311 ff) ist die Untersagung jedweder Konkurrenztätigkeit für einen ehemaligen Geschäftsführer befristet oder auch unbefristet deshalb unzulässig, weil bei der GmbH ein schutzwürdiges Interesse für ein solches Totalverbot in der Regel nicht besteht. Mit einem solchen Wettbewerbsverbot dürfe lediglich bezweckt werden, "die Gesellschaft vor illoyaler Verwertung ihr zustehender Arbeitserfolge und vor missbräuchlicher Ausnutzung der Berufsfreiheit des Geschäftsführers zu ihren Lasten zu schützen". Deshalb fordern die Düsseldorfer Richter, ein Wettbewerbsverbot auf das örtlich, zeitlich und gegenständlich notwendige Maß zu beschränken.

Nach Trappehl ("Verschärfte Anforderungen an die Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern", StuB Nr. 20/99 Seite 1.117 ff) ist daher dringend anzuraten, bei der Formulierung von Wettbewerbsverboten die vom Wettbewerbsverbot erfassten Tätigkeiten nach Branche, Produkt, Verfahrenstechnik und Know-how möglichst genau abzugrenzen. Trappehl empfiehlt, bei Ausscheiden des Geschäftsführers diesem zusätzlich konkretisierende Angaben über den genauen Inhalt und Umfang seiner Pflicht zur Wettbewerbsenthaltung an die Hand zu geben, da im Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrags in aller Regel noch nicht abgesehen werden kann, auf welchen Gebieten der Geschäftsführer im Laufe seiner Tätigkeit für die Gesellschaft im Einzelnen beschäftigt sein wird. Soweit ausreichend, sollten Kunden-/Mandantenschutzklauseln verwendet werden, da diese von der Rechtsprechung bislang diskussionslos akzeptiert werden und daher nicht im gleichen Maße wie generelle Tätigkeitsverbote mit dem Unwirksamkeitsrisiko verbunden sind. Solche Klauseln hätten auch den Vorteil, dass keine Pflicht zur Karenzzahlung abgeleitet werde.

Auch steuerlich ist das Wettbewerbsverbot ein Thema, das die Gerichtsbarkeit häufig beschäftigt. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Dezember 1998 (I R 96/95; vergleiche StuB 1999, Seite 555) ist Klarheit geschaffen für Fälle, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer bereits vor Gründung der GmbH ein Einzelunternehmen im selben Geschäftsbereich wie die GmbH betrieben hat und auch nach der Gründung der GmbH weiterbetreibt. Soweit nämlich die anderen Gründungsgesellschafter darüber Bescheid wissen und im Gesellschaftsvertrag der GmbH beziehungsweise im Einstellungsvertrag des Geschäftsführers ein ausdrückliches Wettbewerbsverbot trotzdem nicht getroffen wird und auch eine spezielle Regelung zu der bisherigen wirtschaft-lichen Betätigung des nunmehrigen Gesellschafter-Geschäftsführers nicht erfolgt, ist nach Ansicht des BFH von einer stillschweigenden Genehmigung aller Mitgesellschafter zur Fortführung des mit der GmbH konkurrierenden Einzelunternehmens auszugehen. Der Vorlage einer schriftlichen Dispenserklärung bedarf es in einem solchen Fall nicht.

Ferner ist aus steuerlicher Sicht ein Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 24. Februar 1999 (1 K 2368/96; StuB 1999, Seite 493) zu erwähnen, das sich mit der Entstehung eines gegebenenfalls zu aktivierenden immateriellen Wirtschaftsguts "Wettbewerbsverbot" unter Bezug auf § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 EStG befasst hat. Ergangen ist dieses Urteil zu einem Streitfall, bei dem mit dem Erwerb eines Konkurrenzunternehmens zum Zwecke seiner sofortigen Stilllegung der Kaufpreis die Summe des Teilwerts der materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter überstiegen hatte. Insoweit entfiel der sich daraus ergebene Mehrbetrag auf den erworbenen Geschäftswert. Aus diesem Mehrbetrag könne teilweise nur dann ein zu aktivierendes immaterielles Wirtschaftsgut "Wettbewerbsverbot" abgeleitet werden, wenn das Verbot als besonderer Vermögensgegenstand in Erscheinung getreten sei, sich durch Bemessung eines besonderen Entgelts neben dem Kaufpreis in seiner wirtschaftlichen Bedeutung heraushebe und für den Erwerber eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung gewinne.

(Die Erstveröffentlichung dieses Artikels erschien im Handelsblatt vom 21./22. Januar 2000.)

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