Der CD-R-Boom hat Emtec nichts genutzt

25.09.2003
Das Ende der magnetischen Speichermedien scheint gekommen. Die Absätze an Audio- und VHS-Kassetten gehen immer mehr zurück. Der Speicherspezialist Emtec Magnetics musste bereits im April Insolvenz anmelden. Nun trifft es auch die Emtec Consumer Media GmbH, die eigentlich mit magnetischen Speichermedien nichts zu tun hat.

Während die Musik-, Film- und Softwareindustrie über die steigende Zahl von Raubkopieren stöhnt, müssten sich eigentlich Hersteller und Vertreiber von CD- und DVD-Rohlingen die Hände reiben. Noch nie wurden so viele Rohlinge verkauft wie in diesem Jahr. Wurden 2002 in Europa insgesamt 1,733 Milliarden CD-Rohlinge abgesetzt, ist es in den ers-ten beiden Quartalen 2003 schon mehr als eine Milliarde.

Diese guten Zahlen halfen dem Ludwigshafener Speicherhersteller Emtec Consumer Media GmbH jedoch nichts. Trotz des boomenden Marktes musste das Unternehmen Anfang September Insolvenz beim Amtsgericht Ludwigshafen anmelden.

Emtec-Unternehmenssprecher Johannes Lerch begründet die Pleite mit der vorausgegangenen Zahlungsunfähigkeit von Emtec Magnetics im April dieses Jahres. "Der Markt für magnetische Speicherbänder wie beispielsweise Audio- und VHS-Kassetten ist dramatisch eingebrochen. Der Endverbraucher vollzieht im Moment den Wechsel von analoger zu digitaler Aufzeichnung", erklärt Lerch im Gespräch mit ComputerPartner. "Nur aus dem Bereich der indus-triellen Speichertechnik sind magnetische Speicherbänder nicht wegzudenken", führt er weiter aus.

Emtec Magnetics produziert und vertreibt die Speicherbänder selbst. Aber nur im industriellen Umfeld lassen sich damit noch Gewinne erwirtschaften. Im Consumer-Bereich gehen die Absätze gewaltig zurück, die Anwender steigen auf digitale Medien um. Audio-Kassetten werden nur noch fürs Auto gebraucht, aber auch hier sind CD-Spieler auf dem Vormarsch.

Teurer Einkauf

Emtec Consumer Media produziert die optischen Speichermedien nicht selbst, sondern muss sie recht teuer zukaufen. Aus diesem Grund sei nicht genügend Geld übrig geblieben, um den drohenden Liquiditätsengpass abzuwenden, sagt Lerch.

Das Ludwigshafener Unternehmen kann aber aufgrund eines Massedarlehens eines Bankenkonsortiums, bestehend aus 13 Banken, die Geschäfte in vollem Umfang weiterfortführen. Die durch das Darlehen zur Verfügung stehende Liquidität reicht insbesondere dazu aus, um auch das Saisongeschäft im vierten Quartal in vollem Umfang zu finanzieren. Grundlage dafür war das Gutachten des jetzt bestellten Insolvenzverwalters Thomas Oberle (Kanzlei Wellensiek, Grub & Partner), aus dem sich ergab, dass die Verfahrenskosten aus dem Vermögen der jetzigen Gesellschaft gedeckt werden können.

Der Geschäftsbetrieb der Emtec Consumer Media GmbH in Deutschland (70 Mitarbeiter) und den weltweit tätigen Tochtergesellschaften (insgesamt 220 Mitarbeiter) soll bis Ende des Jahres einem neuen Investor übertragen werden.

Zurzeit laufen Restrukturierungsmaßnahmen, um das angeschlagene Unternehmen wieder rentabel zu machen. "Dabei werden auch Leute gehen müssen", bedauert Lerch. Er hofft aber, dass Emtec ab Ende des Jahres wieder in die Gewinnzone kommen.

www.emtec-group.de

ComputerPartner-Meinung

Der Markt für magnetische Speichermedien wird gerade im Consumer-Segment immer kleiner. Fast alle Anwender steigen auf die digitale optische Speicherung um. Werden die ersten digitalen Videorekorder erschwinglich, dann fallen auch VHS-Kassetten als Umsatzbringer weg. Emtec ist eine eingeführte Marke mit gutem Ruf, allerdings hat das Unternehmen das Problem, nicht selbst zu produzieren, sondern zukaufen zu müssen. Wird der Preisdruck bei optischen Speichermedien noch größer, sinken auch die Margen. Und dann kann es eng bei Emtec werden. (jh)

Facts & Figures

Die Emtec Consumer Media GmbH mit ihrer Zentrale in Ludwigshafen vertreibt weltweit analoge und digitale Speichermedien wie Audio-, Video und Camcorder-Cassetten, CDs, DVD, Speicherkarten oder Disketten, aber auch Fotopapiere, Etiketten, Folien, und Tintenkartuschen für den Druckerbereich sowie Zubehör und Reinigungsprodukte. 2002 erwirtschaftete der BASF-Ableger gemeinsam mit den neun Tochtergesellschaften einen Umsatz von 360 Millionen Euro. (jh)

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