Der Druck auf Fachhändler wird immer grösser:

29.07.1999

MÜNCHEN: Man muß nicht unbedingt ein Fachhändler sein, um PCs an den Mann zu bringen: Nach Aldi & Co sind nun auch Fernsehsender, Banken und Internetdienste mit von der Partie. Neuester Trend: Die Hardware wird nicht nur billig, sondern kostenlos angeboten.Es geht drunter und drüber im deutschen PC-Markt: Die Hardware wird von Lebensmittlern und Kaufhäusern verscherbelt, neuerdings versuchen sich sogar Internetdienste und Fernsehsender im preiskampfgebeutelten Segment.

So steigt auch Minimal, Tochtermarkt von Rewe, ins Computergeschäft ein: Seit Anfang Juli werden in bundesweit etwa 1.000 Filialen erstmals PCs verkauft. Etwa 50.000 Geräte will man als "Pro-Sieben-Edition" an den Kunden bringen. Das Sondermodell wird für 2.298 Mark angeboten. Es verfügt über einen 450 Megahertz Pentium-III-Prozessor mit 64 Megabyte Arbeitsspeicher, einer acht Gigabyte Festplatte von Samsung und einem 40fach-CD-Rom-Laufwerk von Toshiba. Zur Ausrüstung gehören außerdem ein 17-Zoll-Monitor und ein Softwarepaket. Offenbar eine ernsthafte Konkurrenz für seriöse Händler. Rewe hofft bei der Vermarktung vom Bekanntheitsgrad des Fernsehsenders zu profitieren, an dem das Unternehmen mit 40 Prozent beteiligt ist. Pro Sieben unterstützt die Kampagne auch kräftig mit Werbung. Dieses Unternehmen hat bereits Erfahrung mit dem PC-Vertrieb - allerdings wurden die beiden ersten Pro-Sieben-Rechner-Editionen nur über Comtech-Filialen verkauft.

Apple Deutschland erlag jetzt ebenfalls der Versuchung und schlug den Weg über die Kaufhäuser ein. Ebenfalls seit Anfang Juli wird der Verkaufsschlage Imac deutschlandweit in 22 sogenannten "Karstadt Technik Kompetenzfilialen" angeboten. Begründet wurde die Entscheidung mit einer Studie, die gezeigt habe, daß knapp ein Drittel der Imac-Käufer Computerneulinge sind. Und diese Zielgruppe würde man in Kaufhäusern eben besser erreichen, als beim Apple-Händler.

Auch der Online-Dienst America-Online (AOL) will PCs noch in diesem Jahr ins Sortiment aufnehmen. Ein kostenloser Internet-Zugang und ein Gratis-PC sind hier die Reaktion auf wachsenden Konkurrenzdruck. Voraussichtlich schon ab August wird beides in Deutschland und Großbritannien zu haben sein. Angeblich plant AOL auch die Einführung eines monatlichen Pauschalpreises für AOL- und Compuserve-Dienste von unter 20 Mark. Für das kommende Jahr plant das Unternehmen noch die Einführung einer TV-Box: Aus dem Fernseher wird damit ein simpler Steuercomputer. Die TV-Box soll Einkaufskanäle und Bibliotheken für Film und Musik bieten.

Während sich die Händler bei solchen Angeboten noch damit trösten können, daß es zumindest beim Thema Service auch mal in ihrer Kasse klingelt, sieht es bei den Gratis-PCs der Marke "Werbeträger" schlecht aus. So dürfte das Angebot der Firma "Solution by Connecting" schon bald Schule machen: Die stellte jetzt 15.000 PCs für Privatpersonen und Existenzgründer zur Verfügung und zwar inklusive Software und kostenlosem Internetzugang (ComputerPartner 24, Seite 10). Dafür mußten sich die Kunden lediglich zu einer bestimmten Nutzzeit des PCs verpflichten und einige Werbebanner ertragen. Für fällige Updates sorgt die Firma selbst. (mf)

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