Der Erfolg beim Großkunden ist nur gemietet

18.10.2001

Mit seinen Thesen zur Fusion von HP und Compaq hat Michael Dell für einigen Wirbel gesorgt. Sein Abgesang auf den indirekten Vertrieb, der HP angeblich um den Profit bringt, ist allerdings ebenso ausgeleiert wie unzutreffend. Insbesondere im deutschen Markt sprechen die Fakten dafür, dass vielmehr Dell mit momentan sieben Prozent Marktanteil schon an der Obergrenze ihrer Möglichkeiten angelangt ist.

Blickt man auf den Markt der Top-500-Unternehmen, so hat das Unternehmen hier mit Schwung und Kampfpreisen beachtliche Erfolge erzielt. Allerdings nur gemietete Erfolge, denn hier entscheidet fast ausschließlich der Preis über den Zuschlag. Schon beim nächsten Verkaufsgespräch kann der Mitbewerber den Abschluss tätigen.

Blickt man auf den Bereich Small und Medium Business (SMB), wird das Unternehmen insbesondere in Deutschland ebenso wenig ein Bein auf die Erde bekommen wie im Consumer-Bereich. Grund: Dells Strategie des Direktvertriebs ist für einen Erfolg in diesen Bereichen nicht geeignet. Warum nicht? Der Preisvorteil, der dem direkten Vertrieb unterstellt wird, ist in der Tat nicht vorhanden. Mit innovativen Built-to-Order-Lösungen, wie sie beispielsweise Actebis mit den Eigenmarken oder zusammen mit HP im Rahmen des Ecto-Programms umsetzt, ist der indirekte Vertrieb auch in puncto Lagerzeiten absolut konkurrenzfähig. Und: SMB-Kunden schauen nicht in allererster Linie auf den Preis, sondern wollen eine Komplettlösung mit entsprechendem Service - die klassische Stärke des indirekten Vertriebs!

Mit der Einstellung einiger Hundert neuer Mitarbeiter allein in Deutschland könnte Dell hier keinen Boden gut machen, denn ihnen steht eine Menge von zirka 8.000 Fachhändlern gegenüber. Kalkuliert man pro Fachhändler mit fünf Verkäufern beziehungsweise Beratern, wird schnell klar, dass ein einzelnes Unternehmen hier keinesfalls mithalten kann. Bedenkt man, dass in Deutschland zirka zwei Drittel des PC-Umsatzes über den Fachhandel realisiert werden, der sich mit den Produkten der Texaner nie anfreunden wird, steht ein Erfolg von Dell hier unter schlechten Vorzeichen.Auch im Consumer-Bereich wird Dell sich nicht durchsetzen können. Denn in diesem Markt ist es von Ausschlag gebender Bedeutung, ein Standardprodukt mit attraktiver Ausstattung in enormer Stückzahl zu einem extrem günstigen Preis anzubieten. Diese Anforderungen zu erfüllen, ist das Konzept des Direktvertrieblers völlig ungeeignet. Letztlich wird das Unternehmen auf absehbare Zeit zufrieden sein müssen, wenn es in Deutschland einen zweistelligen Markanteil erreichen kann. Einen Marktanteil von 21 Prozent, den Michael Dell als Ziel ankündigt, wird für kein Unternehmen machbar sein, außer vielleicht für die fusionierte HP/Compaq. Dells Ziele sind also illusorisch; er hat ja auch vorsichtshalber kein Datum für ihre Realisierung genannt. Sie sind selbst dann zu hoch gegriffen, wenn er die Strategie ändern und auf indirekten Vertrieb umschwenken sollte.

Liebe Fachhändler, es besteht folglich überhaupt kein Grund, sich von Dell Bange machen zu lassen, solange wir uns im indirekten Vertrieb auf unsere Stärken besinnen.

Michael Urban

Actebis Holding GmbH, Soest

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