Der europäische Markt ist bald so weit: Hardware zum Nulltarif

06.10.1999

MÜNCHEN: In den USA machen Gratis-PCs Furore, in Deutschland wirkt der Markt dagegen noch verschlafen. Erste zaghafte Versuche, wie die von Compaq mit 1&1, deuten aber darauf hin, daß sich die Hersteller (im Gespräch noch HP, Dell und IBM) derzeit schon warmlaufen. Demnächst heißt es dann auch hier: PC zu verschenken!Free-PC tut es. Godi tut es. Compaq tut's auch. Und demnächst tun es auch Apple, Dell, IBM und HP: sie "verschenken" Computer. Die Gratis-PCs machen derzeit in Amerika Furore. 500.000 (!) Anfragen rauschten beispielsweise im Februar bei Free-PC.com ein: Die hatten denjenigen Kunden einen kostenlosen Computer versprochen, die bereit waren, persönliche Daten anzugeben und die ihr Einverständnis dazu gaben, daß 20 Prozent des Bildschirms von ständig aktualisierter Werbung belegt werden. Free-PC zeigte sich damals vom Ansturm der Interessenten allerdings gänzlich überfordert: Gerade einmal 10.000 PCs standen zur Verfügung. Doch seither macht das Beispiel Schule.

Gobi in Amerika beispielsweise, das mit dem Gratis-PC einen drei Jahre laufenden Internet-Service-Vertrag verbindet, will gar eine Million PCs verschenken. Kein Wunder: die Preise für Personal Computer sind noch immer im Sinkflug begriffen, 17 Prozent weniger als im Vorjahr kosteten sie in 1998, in diesem Jahr soll die Kurve wieder um 15 Prozent fallen.

Im Herbst geht es in Deutschland zur Sache

Eine Umfrage von ComputerPartner bei den großen Computerherstellern in Deutschland ergab: Voraussichtlich Ende des Jahres werden sie auch in Deutschland Gratis-PCs anbieten. Compaq fertigt ja bereits spezielle Computer, die 1&1 zum Superschnäppchenpreis unters Volk bringt, wenn der Kunde - wie bei Gobi - gleichzeitig einen Internet-Provider-Vertrag abschließt. Abgekupfert haben die Anbieter das Konzept bei den Mobilfunkbetreibern, die die Handies zum Spottpreis verkaufen und ihr Geld mit den Kartenverträgen machen.

Ähnliches überlegt derzeit auch Hewlett-Packard. "Klar ist: wir haben nichts zu verschenken", schickt Ulrich Kemp voran. Doch der General Manager für Personal Computer in Deutschland räumt ein: "Der deutsche Markt ist für solche Gratis-PCs wahrscheinlich sogar noch offener, als es der amerikanische ist. Darauf müssen wir uns einstellen." Unsicher ist derzeit noch, ob HP sich die "verschenkten" PCs von einem Internet-Provider finanzieren läßt oder ob der Hersteller die Systeme gegen Kundeninformationen "eintauscht".

In den Management-Etagen der Hersteller geht man sogar noch weiter: Server und gar Mainframes sollen kostenlos verteilt werden - kassiert wird dann für Serviceleistungen. Hardware zum Nulltarif also. Mi-chael Dell formuliert das knapp: "Die Zukunft des PCs liegt im Service-Bereich". Auch Dell wird - zunächst in den USA - demnächst Computer gekoppelt mit einem kostenpflichtigen Internet-Zugang verschenken.

Der Handel in Deutschland richtet sich bereits darauf ein: "Grundsätzlich ist die Idee, auch in Deutschland Free-PCs anzubieten, sehr interessant und auch realisierbar", erklärt beispielsweise Marketing-Manager Ekkard Tödtmann bei dem Computerfilialisten PC-Spezialist. "Wir haben schon entsprechende Möglichkeiten geprüft. Allerdings gibt es zwei gravierende Unterschiede zum amerikanischen Markt: Erstens ist die kommerzielle Nutzung des Internet bei uns noch nicht so weit vorangeschritten, und zweitens ist die Akzeptanz von Werbung wesentlich niedriger als in den USA. Aus diesen Gründen hat ein Free-PC noch nicht den gewünschten Nutzen für die Sponsoren. Aber wir rechnen damit, daß sich das über kurz oder lang ändern wird und dann auch der Free-PC nach Deutschland kommt." (du)

Die Hardware wird verschenkt, Geld verdient man mit Service. Ist das das Geschäftsmodell der Zukunft?

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