Der Fall Elhady: die Hintergründe des Compusoft-Skandals

15.08.2002
Eine Party zum zehnjährigen Bestehen wird es bei der Compusoft Information Technology GmbH wohl nicht mehr geben: Geschäftsführer und Gesellschafter Zakaria Elhady sitzt wegen Betrugsverdacht in Untersuchungshaft, die Konten der Firma wurden gesperrt, das Warenlager existiert nicht mehr. Für die 20 Mitarbeiter der Licher Zentrale gibt es kaum noch Hoffnung auf Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

Seiner Philosophie ist Zakaria Elhady bis zuletzt treu geblieben: "Der Kunde hat das Recht, von uns Außergewöhnliches an Qualität und Einsatz zu erwarten", sagte der Compusoft-Chef in einem Interview. Und weil sein Einsatz nicht nur außergewöhnlich, sondern offenbar auch nicht ganz sauber war, sitzt der 36-jährige Manager jetzt in Untersuchungshaft. Ermittelt wird wegen Urheberrechtsverletzung, Urkundenfälschung und schweren Betruges, wie der zuständige Oberstaatsanwalt Reinhard Hübner gegenüber ComputerPartner bestätigt. Die Zahl von 180 Fällen steht im Raum, allein seitens Microsoft sollen sich die Schadenersatzansprüche auf 10,5 Millionen Euro belaufen.

Zwei Lkw-Ladungen Akten beschlagnahmt

Der Verhaftung des Geschäftsmannes ging eine Razzia bei Compusoft in Lich voraus. Wie die "Giessener Allgemeine Zeitung" (GAZ) berichtet, wurde die Firma ver-gangenen Montag von Kripo und Staatsanwaltschaft durchsucht. "Die Fahnder beschlagnahmten Akten, die zwei Lkw füllten", so GAZ-Gerichtsreporter Bernd Altmeppen. Seiner Einschätzung nach dürfte es noch Wochen dauern, bis alle Unterlagen gesichtet und ausgewertet sind: "Sollte der Mann in dieser Zeit sein Verhalten der Staatsanwaltschaft gegenüber nicht ändern, wird er wohl in U-Haft bleiben."

Bisher hat der Inhaftierte nämlich keinen besonders guten Eindruck bei den Juristen hinterlassen: Vor Gericht soll er sich beschwert haben, man habe ihn nur verhaftet, "weil ich Ägypter bin". Außerdem habe er Verhandlungen mit der Wirtschaftsstrafkammer abgelehnt. Die hat ihm angeboten, ihn zunächst auf freien Fuß zu setzen - vorausgesetzt, er würde sich schuldig bekennen und eine Kaution hinterlassen, "bei der sich eine Flucht nicht mehr rechnet", wie Insider berichten.

Von der Urheberrechtsverletzung bis hin zum Betrug

Da müsste der Geschäftsmann wohl ziemlich tief in die Tasche greifen: Er soll im Frühjahr 2002 eine Million Euro auf ein Schweizer Bankkonto und vier Wochen später weitere 2,1 Millionen in sein Heimatland Ägypten transferiert haben. Die Staatsanwaltschaft in Gießen will die Zahlen zwar offiziell nicht bestätigen, dementiert sie aber auch nicht. Offenbar gehen die Ermittler aber davon aus, dass der Compusoft-Chef weit weg sein wollte, wenn sie kommen: Wegen möglicher Fluchtgefahr ließ der Richter den 36-Jährigen in Untersuchungshaft nehmen, eine Aussetzung des Haftbefehls gegen Auflagen lehnte er zunächst ab.

Compusoft war ins Visier der Fahnder geraten, nachdem Hersteller auf Urheberrechtsverletzungen des Unternehmens hingewiesen hatten. "Uns lagen mehrere Strafanzeigen vor - und zwar nicht nur von Microsoft", dazu Oberstaatsanwalt Hübner. So soll Elhady günstige Software-Bundles auseinandergerissen und als teure Einzellizenzen weiterverkauft haben. Im Laufe der Ermittlungen habe sich zudem der Verdacht auf schweren Betrug und Urkundenfälschung ergeben, so Hübner. Compusoft soll unter Vorlage gefälschter Endkundenbelege preiswerte Computerprogramme für Schulen und Universitäten erstanden und diese an Fachhändler für einen entsprechend höheren Preis weiterveräußert haben. Sollten sich die Verdachtsmomente bestätigen, drohen dem Mann, der 1998 von der IT-Business-News zum "Distributor des Jahres" gekürt wurde, bis zu zehn Jahre Haft.

20.000 Kunden in Europa und Deutschland

Europaweit haben rund 20.000 IT-Händler bei Compusoft eingekauft, der Großteil der Kunden stammt aus Deutschland. Mehrere Tausend Softwareprodukte hatten die Licher im Angebot. Etwa 600 Pakete verließen jeden Tag das Unternehmen. "Kompetenz und Flexibilität" seien das Geheimnis seines Erfolges, sagte Elhady. Für seine "transparente Firmenpolitik" und "finanzielle Unabhängigkeit" ließ er sich in den Gazetten feiern, kokettierte gern mit seinem Studium in den USA und sprach auch schon von einem möglichen Börsengang der Compusoft.

Wichtig war dem Manager vor allem ein sauberes Image: Elhady beteuerte, dass die Fachhändler sicher sein dürften, von ihm korrekte Ware zu erhalten. Die Prüfung von Echtheitszertifikaten und der Herkunftsnachweise gehöre für ihn zu den "ganz wichtigen Aufgaben" im Unternehmen. Auch wegen solcher Aussagen lag der Geschäftsmann schon seit geraumer Zeit mit dem Softwaregiganten Microsoft im Clinch: Der hatte das Unternehmen im Dezember letzten Jahres via Großanzeige zum "schwarzen Schaf" der IT-Branche gekürt. Erteilt wurde diese Auszeichnung für "besonders raffinierte Irreführung des Kunden" (siehe ComputerPartner 01/02, Seite 3).

Bei der Razzia hatte der Konzern erwartungsgemäß ebenfalls die Finger mit im Spiel: Wie die "Giessener Allgemeine Zeitung" weiter berichtet, hat Microsoft die Durchsuchung genutzt, um Pfändungsbeschlüsse zu vollstrecken. "Das Warenlager des Unternehmens existiert nicht mehr", so Altmeppen. Die Geschäftskonten von Compusoft wurden inzwischen ebenfalls gesperrt, die Telefonleitungen sind dauerbesetzt, von der Homepage ist nur noch das Firmenlogo geblieben.

Zu einer Stellungnahme bezüglich der aktuellen Ereignisse war das Unternehmen bis Redaktionsschluss nicht bereit.

www.compusoft.de

ComputerPartner-Meinung:

Die IT-Branche hat ihre eigenen Gesetze: Obwohl Zakaria Elhady bislang nur als Verdächtiger gilt, haben die Kollegen ihn schon verurteilt: "Wo Rauch, da Feuer", heißt hier die Devise. Schließlich gab es schon öfter negative Gerüchte über das mittelhessische Unternehmen, die Razzia gilt den Meisten als Bestätigung der selben. Mitleid haben alle nur mit seinen Mitarbeitern: Sie gelten als freundlich und kompetent und werden nun schlimmstenfalls auf der Straße stehen. (mf)

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