Der Höhenflug des Dollars treibt die IT-Preise nach oben

25.05.2000
Der Höhenflug des Dollars ist gut für die deutschen Exporte, nährt aber auch das Schreckgespenst der Inflation. Die Abhängigkeit von den Zulieferern in Fernost und Amerika macht vor allem im IT-Sektor Preiserhöhungen unausweichlich.

Für die deutsche Exportwirtschaft kommt der hohe Kurs des amerikanischen Dollars und des japanischen Yen gerade recht. Denn nach dem Werteverfall des Euro und der daran gekoppelten Mark werden im Ausland so viele deutsche Waren abgesetzt wie noch nie. Auf 1,06 Billionen Mark oder zehn Prozent mehr als im Vorjahr schätzt Michael Fuchs, Präsident des Bundesverbandes des Groß- und Außenhandels (BGA), gegenüber der "Welt am Sonntag" vom 14. Mai die deutsche Exportleistung.

So richtige Champagnerlaune will bei Fuchs dennoch nicht aufkommen. Schließlich ist der BGA-Präsident auch Besitzer eines Unter-nehmens, das mit Geschenkartikeln handelt, darunter viel Kleinelektronik aus Ostasien, die im Einkauf wesentlich teurer geworden ist. Bei einem Kursanstieg von 1,85 auf 2,13 Mark innerhalb eines halben Jahres sind auch die letzten über Optionsscheine oder neuwirtschaftsdeutsch "gehedgten" (von englisch hedge, Sperroptionen) Dollar bereits verbraucht. Die Preiserhöhung folgt zwangsweise auf den Fuß.

Auch eine Knautschzone hat mal ein Ende

Einer der ersten, der an der Preisschraube drehte, war der japanische Foto-Hersteller Nikon, der im März auf alle Produkte zehn Prozent draufschlug. Philips hat für Unterhaltungselektronik ebenfalls höhere Preise angekündigt. Auch auf den IT-Sektor werden laut Actebis-Chef Michael Urban für das Gros der Produkte in den nächsten zwei Monaten Preiserhöhungen von zehn Prozent zukommen. Selbst die unlängst erfolgten Preisnachlässe bei den Chipherstellern wie Intel und AMD dürften den hohen Dollarkurs nicht abpuffern. "Bisher ist der hohe Dollarkurs maßgeblich durch uns Distributoren abgefedert worden. Denn dafür sind wir ja da", klopft sich Urban auf die Schulter. Doch wenn es ans Eingemachte geht, hört auch für einen Distributor wie Actebis die Nächstenliebe auf. Für den Verbraucher sei der zu erwartende Preisanstieg nicht sofort oder nicht zwingend spürbar: "PCs für 1.799 oder 1.999 Mark wird es auch nach der Preiserhöhung noch geben", so Urban. Denn ein Preis von 2.049 sei am Markt nur schwer durchzusetzen. Allerdings räumt Urban ein, dass sich vor allem im Einstiegssegment die Preise nur durch eine Verlängerung der Produktzyklen halten werden. Im Klartext heißt das, die Verbraucher müssen sich unter Umständen bald mit Technologie zufrieden geben, die bei der Schnelllebigkeit des IT-Marktes schon als Schnee von gestern gelten. "Vor allem im Einstiegssegment gibt es weniger Spielraum, weshalb dort eher Preisanpassungen vorgenommen werden müssen als im SMB-Markt", betont auch Acer Marketing-Manager Wilfried Thom.

Hans-Ulrich Mahr, Vorstandssprecher des Niedernberger Systemhauses M+S Elektronik, (siehe auch ComputerPartner-Online vom 17.5.) sieht sein Unternehmen durch den hohen Dollarkurs kaum bedroht: "Ich gehe nicht davon aus, dass unser Geschäft mit großen und mittelständischen Unternehmen durch den Höhenflug des Dollars irgendwie beeinträchtigt wird. Denn im Hinblick auf die Total Cost of Ownership (TCO) spielen die Hardware-Preise nur eine sehr untergeordnete Rolle."

Risiko oder Chance für den Fachhandel?

Laut Rainer Kozlik, Managing Director für Komponenten und Private Label (V7) bei Ingram Macrotron, ist der hohe Dollarkurs bereits im Preis berücksichtigt. Im Übrigen beträfen die eingangs genannten sensitiven Preispunkte von 1.799 oder 1.999 Mark vor allem die Retailer, die diese ja schließlich selber gesetzt hätten.

Für den klassischen Fachhandel, die Systemhäuser und VARs, die ihren eigentlichen Vorteil in Service und Beratung sehen, werde sich durch den Dollar-Hochstand nichts ändern. Im Gegenteil: "Je höher die Retail-Preise steigen, desto mehr erhöhen sich die Chancen für den Fachhandel", so Kozlik.

Das, was den PC-Herstellern wie auch -Händlern viel mehr Sorgen bereitet, sind Kozlik zufolge Intels Lieferschwierigkeiten: "Erst die Chippreise senken und dann nicht liefern können, das ist doch ein Witz." (kh)

www.bga.de

www.actebis.de

www.acer.de

www.ingram-macrotron.de

Zur Startseite