Der Kampf: Blu-Ray contra HD-DVD

03.02.2005
Kaum hat die DVD die Videokassette als Datenträger abgelöst, schon wird über deren potenziellen Nachfolger diskutiert. Die Verfechter von Blu-Ray auf der einen und HD-DVD auf der anderen Seite liefern sich einen heißen Kampf. Ein Status-Quo-Bericht von der Technologie-Front. Von Ulrike Goreßen

Wer erinnert sich noch an den erbitterten Kampf in den 70er-Jahren um das erfolgreichste Videoformat? Damals kämpften gleich drei Formate um die Krone: VHS, Video 2000 und Betamax. Letztendlich - dank der Unterstützung der Filmindustrie - siegte JVC mit VHS.

In diesem Jahr entbrennt ein erneuter Kampf, dieses Mal um die legitime Nachfolge des DVD-Formats. Und er ist so erbittert, dass die Auseinandersetzungen um das DVD-Aufnahmeformat R+ oder R- im Nachhinein wie ein harmloses Geplänkel erscheinen.

Die Industrie hat sich dieses Mal in zwei Lager geteilt. Für die Blu-Ray-Disc plädieren unter anderem Sony (damals im Videostreit mit Betamax unterlegen), Philips (mit Video 2000 ebenfalls gescheitert) und Panasonic. NEC und Toshiba hingegen gehören zu den Verfechtern der HD-DVD. Mittlerweile zählen knapp 100 Firmen zur Blu-Ray-Fraktion und etwa 230 zur HD-DVD-Gruppe an.

Wie schon bei der Wahl des Videostandards ist auch jetzt die Unterstützung der Filmindustrie sowie der Spieleentwickler von größter Bedeutung. Denn nur wenn das Medienangebot vielfältig genug ist, kann sich ein Standard durchsetzen. Deshalb wurden die Absichtserklärungen der führenden Filmstudios rund um die diesjährige CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas mit größter Spannung aufgenommen. (Wer aktuell welchem Lager angehört, siehe Tabelle)

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Beide Technologien basieren auf dem blauen Laser mit 405 nm Wellenlänge. Bei einem Durchmesser von zwölf Zentimetern fasst eine Scheibe bei der Blu-Ray-Technologie bis zu 27 GB (einlagig) und 54 GB (zweilagig) an Daten. Es sind auch Discs mit drei oder vier Lagen möglich, die somit über eine noch größere Speicherkapazität verfügen.

Die HD-DVD besitzt pro Seite und Schicht eine Speicherkapazität von 15 GB (in der ROM-Version) beziehungsweise 20 GB (bei wiederbeschreibbaren Medien R und RW). Auf zweilagige Medien passen rund 30 GB.

Somit geht der Speicherpunkt an Blu-Ray, vor allem in Hinblick auf HD-TV (High-Definition-Fernsehen), das deutlich höhere Speicheransprüche stellt als bisherige TV-Formate. Zum Vergleich: auf eine Blu-Ray-Disc passen entweder 13 Stunden Video in der aktuellen Standardqualität (PAL oder NTSC) beziehungsweise rund 120 Minuten Film in HD-TV-Qualität.

Andererseits ist die Dicke der Trägerschicht bei der HD-DVD mit der der DVD identisch (0,6 Millimeter). Bestehende Fertigungsanlagen können somit weiter genutzt werden. Die Umstellung auf HD-DVD soll in wenigen Minuten machbar sein. Dadurch kann die HD-DVD deutlich günstiger hergestellt werden als das Konkurrenzprodukt.

Die ersten Prototypen der Blu-Ray-Disc benötigten noch eine Schutzhülle (Cartridge), die vielen potenziellen Herstellern und Anwendern ein Dorn im Auge war. Dank einer neuen Schutzschicht, die TDK entwickelt hat, soll dieser Kritikpunkt in Zukunft jedoch entfallen.

Eine kleine Produktvorschau

Viele der Blu-Ray- oder HD-DVD-Verfechter bieten seit gut einem Jahr entsprechende Geräte an - jedoch nur in Japan und teilweise in den USA. Auf der CES präsentierten unter anderen LG Electronics, NEC, Sanyo, Sony, Panasonic, Philips sowie Sharp und Toshiba erste Prototypen von Stand-alone-Playern- und -Rekordern. Das ein oder andere Gerät wird wohl auch auf der CeBIT zu sehen sein; wie etwa Philips' Blu-Ray-Kombi-PC-Laufwerk

, das in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt kommen soll und CDs, DVDs sowie Blu-Ray-Discs beschreibt und liest. Das Laufwerk verwendet die neue kompakte OPU81-Dreifach-Lasereinheit (Optical Pick-Up-Unit), die durch den Einsatz von infrarotem, rotem und blauem Laser die verschiedenen Discs beschreiben und lesen kann.

Ein ähnliches Produkt wird auch von JVC sowie NEC (HD-DVD) angekündigt. Toshiba geht sogar noch einen Schritt weiter und will Ende 2005 einen HD-DVD-/DVD-/CD-Player mit einer Terabyte(!)-Festplatte in den USA für rund 1.000 Dollar auf den Markt bringen. Ob und wann so ein Gerät jedoch auch in Deutschland angeboten wird, ist derzeit noch ungewiss.

Seitens der Filmindustrie haben sich bislang erst die HD-DVD-Anhänger geoutet. Zum Weihnachtsgeschäft wollen Studios wie Warner, Paramount oder Universal mehr als 80 Filme im HD-DVD-Format auf den Markt bringen. Die genannten Titel wurden jedoch bereits als normale DVD durchvermarktet. Aussagen zu künftigen Neuheiten hat noch kein Studio gemacht. Da letztendlich nur eines der konkurrierenden Formate überleben werden kann, halten sich die Unternehmen verständlicherweise bei Sologängen zurück. Es wäre ja auch äußerst fatal, wenn ein Toptitel allein auf einem Medium veröffentlicht wird, das dann vielleicht doch nicht Standard geworden ist. Der finanzielle Schaden wäre einfach zu groß.

Meinung der Redakteurin

Warum können/wollen sich die Hersteller nicht endlich auf einen einheitlichen Standard einigen? Muss die ohnehin gebeutelte Branche noch zusätzlich unter Druck gesetzt werden? Solange keine Formatklarheit besteht, halten sich die Film- und TV-Studios zurück. Ergo haben auch die Kunden keinen Kaufgrund - weder die Early Adaptor in Sachen neuer Formate noch die Mainstream-Kunden bei den aktuellen Angeboten.

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