Der Kolibri singt nun mehrsprachig

25.04.2002
Bis vor kurzem war Hummingbird vor allem als Anbieter von "Web-to-Host"- und "PC-to-Host"-Lösungen bekannt. Nun stellt sich das kanadische Unternehmen auch als Spezialist für Dokumentenverwaltung auf.

Ganz unbescheiden "Hummingbird Enterprise" nennt sich das Informations-Management-System des Softwareherstellers aus Toronto. Es besteht aus mehreren, auch einzeln lauffähigen Modulen, wovon eines davon schlicht und ergreifend "Connectivity" heißt. Hier verbergen sich die eigentlichen Kernprodukte von Hummingbird: Lösungen zur Anbindung von Anwendungen auf Unix- und Mainframe-Systemen in die moderne PC-Welt beziehungsweise in den Webserver. Mit Software wie "Exceed", "NFS Maestro" und "Host Explorer" ist das Unternehmen groß geworden und hat dabei gutes Geld verdient.

Mit den so gebildeten Rücklagen ging Hummingbird schließlich Ende der 90er-.Jahre auf Einkaufstour und erwarb 1999 mit der PC Docs Group den größten Brocken. Damit stieg die Company in die Top 50 der weltweit größten Softwarehersteller auf. Gleichzeitig bekamen die Kanadier Technologie an die Hand, mit der sie eine ganze Palette an Dokumenten- und Wissens-Management-Werkzeugen bereitstellen konnten. Letztere beruhen übrigens noch auf der Suchalgorithmen von Fulcrum - diese Softwareschmiede wurde 1998 von PC Docs übernommen.

Im Jahre 2000 begann Hummingbird mit der Auslieferung der eigenen Portallösung EIP (Enterprise Information Portal). Mit dieser Einstiegslösung sollten Kunden die Möglichkeit erhalten, Schritt für Schritt die weiteren Produkte von Hummingbird zu erwerben. Und das sind im Laufe der vergangenen vier Jahre eine ganze Menge geworden: das Gruppenarbeits-Werkzeug "Collaboration", Fulcrums "Wissensverteiler" KM (Know-ledge-Management), die Business-Intelligence-Software BI sowie diverse Pakete zur ArbeitsablaufSteuerung (Workflow) und zum Erstellen von Webinhalten.

In der aktuellen Version 5 steht all diesen Produktnamen ein "Hummingbird" davor. Das soll auch bei der für den Frühherbst angekündigten EIP-Suite der Fall sein. Sie wird dann den Namen "Hummingbird Portal" tragen.

Trotz dieser Produktoffensive haben auch die Kanadier den rauen Wind des Marktes zu spüren bekommen. So sanken die Umsätze des Softwerkers im letzten Quartal des Kalenderjahres 2001 von 60,4 auf 44,1 Millionen Dollar. Hat die Company in den letzten drei Monaten 2000 noch einen Nettogewinn von 2,1 Millionen Dollar erwirtschaftet, gab es im gleichen Zeitraum des Vorjahres einen Nettoverlust von 5,7 Millionen Dollar zu vermelden.

Die momentan angespannte Auftragslage sieht auch Humming-birds Country-Manager Deutschland Stefan Schmitz-Irmer: "Große Rollouts finden derzeit nicht statt." Seine Organisation treffe dies aber nicht so hart: "Wir haben hierzulande nur eine kleine Mannschaft, sodass wir kein Personal abbauen mussten." In der kanadischen Konzernzentrale sieht es anders aus: Dort wurden 200 Mitarbeiter entlassen.

Schmitz-Irmer zeigt sich dennoch zuversichtlich: "Mit unseren Implementierungspartnern werden wir neue Projekte gewinnen." Ein dezidiertes Zertifizierungsprogramm für diese Systemintegratoren ist bei Hummingbird bereits in Arbeit. "Eine dreitägige technische Schulung, die eventuell in zwei weiteren Tagen vertieft werden könnte, genügt, um ein Projekt mit unseren Produkten anzugehen", so Schmitz-Irmer optimistisch.

Die ursprünglich auf drei Orte verteilte Deutschland-Organisation wurde gestrafft und der Standort Hamburg aufgegeben. Kunden und Partner bedient Hummingbird nur noch von München und Frankfurt aus. Auch die strikte Trennung nach Produkten ist aufgegeben worden. Man wolle dem Kunden sowohl PC-Unix-Connectivity als auch Wissens-Management-Lösungen aus einer Hand anbieten. Schmitz-Irmer ist aber insoweit realistisch, als ein Implementierungspartner kaum beides wird leisten können: "Hier geht es natürlich nicht ohne eine gewisse Spezialisierung. Ein Connectivity-Partner kann eben nicht so ohne weiteres auch noch Portale verkaufen."

www.hummingbird.com/international/german

ComputerPartner-Meinung:

Hummingbirds Neuausrichtung weg vom reinen ConnectivityAnbieter hin zum Spezialisten in Sachen klassisches Dokumentenmanagement oder auch Content-Management - hier kooperieren die Kanadier mit Red Dot - macht schon Sinn. Mit den von PC Docs/Fulcrum erworbenen Technologien ist man ferner in dem kommenden Wissensmanagement-Segment gut aufgestellt. Was dabei jedoch eine eigenständige Business-Intelligence-Lösung verloren hat, bleibt rätselhaft. Immerhin tummeln sich auf diesem Markt namhafte Hersteller wie Applix, Business Objects, Brio Technology, Cognos, Crystal Decisions, Information Builders, Microstrategy und viele andere. Stattdessen sollte sich Hummingbird auf seine zweite Kernkompetenz fokussieren: das Verwalten von Inhalten und Wissen. (rw)

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