Der Markt ähnelt immer mehr der Filmbranche

16.11.2000
Die goldenen Zeiten der Spielebranche, als Tetris oder Larry Leisure einen Spieler länger als eine halbe Minute gefesselt haben, sind vorbei. Heute müssen die Hersteller immer höheren Aufwand betreiben, um ihre Spiele an die Kunden zu bringen. Selbst Geheimtipps, die als sichere Tops gelten, stellen sich oft genug als Flop heraus.

Die Kosten für die Entwicklung eines neuen Spiels sind enorm. Ein Spiel im Konsolenbereich für die neue Generation Playstation 2 oder Dreamcast kostet heutzutage im Schnitt fünf bis zehn Millionen Mark, bis es fertig in den Regalen der Händler steht. Und die Leiter führt ins Unendliche: "Shenmue", das fünfteilige 3D-Epos von Sega, hat jetzt schon einen Etat von rund 172 Millionen Euro bekommen. Das ist laut Aussage des Dreamcast-Herstellers die bislang teuerste Videospiele-Produktion der Welt.

Großer Busen gleicht fehlende Innovation nicht aus

Die Konami Co Ltd schlägt nun neue Wege der Geldbeschaffung ein, die wahrscheinlich bald Schule machen werden. Der größte europäische Lizenznehmer für Sonys Playstations 2 hat einen Fond aufgelegt, mit dem die Entwicklung von "Tokimeni Memorial - Forever You" finanziert werden soll. Der Fond ist ebenso wie das Spiel nur für den japanischen Markt gedacht, dürfte aber Vorreiter für zahlreiche Projekte ähnlicher Art sein. In diesem Fall investieren die Anleger in die "Tokimeni"-Spiele, romantische Liebessimulationen, in denen der Spieler die Dame seines Herzens verführen muss. Sie sind in Japan bereits seit 1995 sehr beliebt. Ob die neuen Spiele allerdings Erfolg haben, ist auch bei positivsten Voraussetzungen ein Glückspiel. Der Fond ist riskant, vergleichbar mit den Filmfonds aus Hollywood.

Denn auch wenn die erste Folge einer Spielereihe ein Kassenschlager wird - eine Garantie für die Fortsetzungen ist das nicht. Jüngst gesehen bei der neuesten Folge von Lara Croft. Die ersten Folgen von Tomb Raider waren noch so erfolgreich, dass sogar das Merchandising (Tassen, T-Shirts) gegriffen hat und Lara allerorten als erste digitale Spielediva gefeiert wurde. Die neueste Mission der vollbusigen Dame bleibt allerdings in den Regalen liegen. Der Grund: Den Entwicklern sind die Ideen ausgegangen. Lara spielt immer noch dasselbe, wie in der ersten Folge - nur mit etwas anderem Hintergrund und gegen neu kreierte Monster. Hersteller Eidos zeigt sich konsequent und besetzt den Posten des CEO neu. Charles Cornwall trat gerade eben zurück und überlässt das Ruder Michael McGarvey, vormals Chief Opera-tion Officer im gleichen Haus.

Auch die neuesten Pokémon-Spiele sind ein Flop. Selbst wenn die kleinen Kreaturen in Form von Stofftieren oder Aufklebern weggehen wie warme Semmeln, Hersteller Nintendo bleibt auf den neuesten Pokémon-Videospielen sitzen. Sie blieben bis zu 90 Prozent hinter den Absatzerwartungen zurück - und zwar weltweit. Die Folge: Einige der Mitarbeiter des Herstellers Nintendo fallen den Umstrukturierungsmaßnahmen zum Opfer. Laut Angaben des "Handelsblatts" sollen rund die Hälfte der etwa 400 Mitarbeiter in der europäischen Zentrale in Großostheim davon betroffen sein. Vor allem Marketing und Sales sollen ausgelagert werden, damit man "die rund 4.500 deutschen Händler schneller" erreiche. Die Spielebranche steckt, genau wie alle anderen elektronischen Branchen, im Moment in einem massiven Umbruch. Alle Keyplayer, die nicht in nächster Zeit untergehen wollen, müssen dem Rechnung tragen. (gn)

www.eidos.de

www.nintendo.de

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