Der Mitarbeiter als Kunde der Unternehmensleitung

03.11.1999

Edgar van Mark hat es auch nicht leicht. Er ist Personalberater bei IIC Partners in München, und eine seiner Aufgaben besteht darin, qualifizierte Manager für Kunden aus der IT-Branche aufzuspüren und zu vermitteln. Und weil der Markt derzeit wenig hergibt, macht ihm sein Job gar nicht mehr so viel Spaß. "Es ist schon gar nicht mehr schön", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" den Headhunter aus München, "diese IT-Aufträge anzunehmen, wenn man an das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage denkt." Auch sein Kollege Frank Riemensperger, Partner und Recruitingverantwortlicher bei Andersen Consulting in Sulzbach, stöhnt: "Wir müssen uns viel mehr anstrengen."Weil die Unternehmen aus der IT-Branche mehr Mitarbeiter suchen, als der Arbeitsmarkt hergibt, hat das Abwerben von Personal derzeit Hochkonjunktur. Zum Leidwesen derjenigen Unternehmen, die von diesen Abwerbungsversuchen betroffen sind. Vor allem die hochqualifizierten Spezialisten befinden sich im Visier der Headhunter. Nicht immer geht es dabei mit seriösen Mitteln zu.

"Der Kampf um Mitarbeiter in unserer Branche wird mit harten Bandagen geführt. Besonders Headhunter zeichnen sich hier durch die raffiniertesten Methoden aus, die zum Teil nicht nur als unfair, sondern auch als unanständig bezeichnet werden müssen", beschwert sich der Geschäftsführer eines großen Systemhauses aus Baden-Württemberg gegenüber ComputerPartner. Seine Geduld ist jetzt zu Ende. "Wir haben uns entschlossen diesem Treiben nicht mehr tatenlos zuzusehen. In Verbindung mit unseren Rechtsanwälten gehen wir gegen derartige Praktiken vor. In den vergangenen Wochen konnten wir zahlreiche einstweilige Verfügungen gegen Headhunter erreichen und auch mehrere Unterlassungserklärungen erwirken", berichtet er.

Nach Angaben der Stuttgarter Rechtsanwaltskanzlei Lichtenstein, Körner & Partner ist es zum Beispiel unzulässig beziehungsweise sittenwidrig, wenn ein Headhunter unverlangt Job-Offerten per E-Mail an die Mitarbeiter eines Unternehmens verschickt. Vorgehen kann die Unternehmensleitung auch gegen die telefonische Ansprache von Headhuntern während der Dienstzeit am Arbeitsplatz der Mitarbeiter.

Letzten Endes sind die Maßnahmen, sich gegen Abwerbungsversuche zur Wehr zu setzen, allerdings begrenzt. Um so wichtiger ist die Prophylaxe. Noch wichtiger als das Problem, wie man zusätzliche gute Mitarbeiter gewinnt, ist die Frage, wie man gute Mitarbeiter, in deren Ausbildung man bereits viel Geld investiert hat, im Unternehmen halten kann. Entscheidende Kriterien sind hier neben den "Basics" vor allem die angemessene Vergütung, die Arbeitsbedingungen, die Übertragung von Verantwortung, das Unternehmensklima und die Anerkennung von Leistungen. Genausowenig wie ein Kunde seinen Lieferanten wechselt, bei dem er sich gut aufgehoben fühlt, wird ein Mitarbeiter leichtfertig seinem Arbeitgeber den Rücken kehren. Denn auch für ihn ist ein Wechsel des Arbeitgebers mit einem Risiko verbunden. Der beste Schutz gegen Abwerbungsversuche besteht daher in der guten Behandlung der eigenen Mitarbeiter. Mitarbeiterbindung ist genauso wichtig wie Kundenbindung.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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