Der Notebook-Markt bleibt hart umkämpft:

12.12.1997
MÜNCHEN: Im Gegensatz zum ausgelaugt wirkenden PC-Markt, gilt der Notebook-Markt nach wie vor als lukrativ. Er wartet mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von etwa 15 Prozent pro Jahr auf. Auch die obere und untere Preisgrenze von etwa 3.000 bis 15.000 Mark zeigt sich weiterhin stabil.Grund genug für einige Hersteller, sich trotz beinhartem Verdrängungswettbewerb verstärkt dem Markt zu widmen. Ins-

MÜNCHEN: Im Gegensatz zum ausgelaugt wirkenden PC-Markt, gilt der Notebook-Markt nach wie vor als lukrativ. Er wartet mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von etwa 15 Prozent pro Jahr auf. Auch die obere und untere Preisgrenze von etwa 3.000 bis 15.000 Mark zeigt sich weiterhin stabil.Grund genug für einige Hersteller, sich trotz beinhartem Verdrängungswettbewerb verstärkt dem Markt zu widmen. Ins-

besondere Fujitsu ICL und Hewlett-Packard wollen 1998 ein

verstärktes Engagement an den Tag legen.

Verglichen mit dem Desktop-Markt erwarten wir für das nächste Jahr bei den Notebooks keinen eklatanten Wachstumsschub", lautet die Einschätzung von Ralph Schraven, Marketing-Direktor der PC-Abteilung bei der Toshiba Europe GmbH in Neuss. Die Bäume im Notebook-Markt wachsen für Toshiba hoch hinaus, aber nicht in den Himmel. Zwar konnten die Neusser ihren Marktanteil von 15 Prozent im vierten Quartal 1995 bis zum dritten Quartal diesen Jahres mehr als verdoppeln und damit das Feld der Verfolger zwischenzeitlich an der 10-Prozent-Marke festnageln, aber offensichtlich wird die Luft an der Spitzenposition für das Unternehmen immer dünner. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Notebook-Branche glaubte, mobile Rechner würden die Tischmodelle weitgehend ersetzen. Die Analysten des Marktforschers Dataquest haben ihre überschwenglichen Prognosen der letzten Jahre deutlich nach unten korrigiert. In ihrer neuesten Studie kommen die Marktauguren zum Schluß, daß der Anteil der tragbaren Rechner - gemessen am gesamten PC-Markt - selbst bis zur Jahrtausendwende nicht einmal 15 Prozent ausmachen wird. Die Konsequenz: Toshiba versucht, sein Heil nun auch im Desktop-Markt zu finden. Im Juni erfolgte der Start in Deutschland mit den auf gewerblichen Einsatz getrimmten Maschinen. Bis zum Jahr 2000, so das ehrgeizige Ziel der Japaner, wolle man sich an dritter Stelle der Weltrangliste wiederfinden. Wie der PC-Anbieter dies allerdings schaffen will, bleibt fraglich. Nicht zuletzt deshalb, weil das Unternehmen in den USA seine Modellreihe an Home-PCs mangels Erfolg bereits wieder in der Versenkung verschwinden ließ.

HP und Fujitsu gehen an die Startlinie

Auch hierzulande wendet Toshiba Kräfte auf, um im Desktop-Markt Fuß zu fassen. Auch mit dem Server-Geschäft wird geliebäugelt. Offensichtlich spekulieren einige Mitbewerber nunmehr darauf, daß die Konzentration der Neusser auf das Kerngeschäft dadurch nachlassen könnte. Zumindest erhofft man sich, daß ein paar weitere Krümel des großen Kuchenstücks, das sich Toshiba alljährlich einverleibt, abfallen könnten.

Zudem haben Unternehmen wie Fujitsu ICL oder Hewlett-Packard den Notebook-Markt neu für sich entdeckt. "Weil aus dem Desktop-Markt die Phantasie raus ist", nennt Winfried Hoffmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Fujitsu ICL Computer GmbH in Bad Homburg, als einen der Hauptgründe dafür, Notebooks zu einem für das Unternehmen strategisches Produkt zu erklären. "Wir werden den Markt aggressiv angehen und planen für das nächste Jahr den Absatz einer größeren fünfstelligen Stückzahl", erläutert Thomas Karg, Sales Marketing Manager bei Fujitsu ICL, die Pläne der Bad Homburger. Allerdings wolle man dieses Ziel nicht dadurch erreichen, daß man mit Dumpingpreisen den "Markt durcheinander wirbelt", vielmehr setze man auf starke Partner, die eine Alternative zu den etablierten Marken suchen. "Wir haben den Vorteil, daß wir mit unseren Produkten nicht auf verbrannte Erde stoßen", ergänzt Karg. Er glaubt, daß so mancher Händler enttäuscht darüber sei, welche Qualitätseinbrüche so mancher Hersteller in jüngster Vergangenheit an den Tag gelegt hätte. Zwar werde man mit der alleinigen Präsenz in diesem Markt noch keine Notebooks verkaufen, der angebotene Service und Support des Herstellers werde aber ein immer wichtigeres Auswahlkriterium bei den Kunden. Und hier will Karg klare Vorteile bei Fujitsu verbucht wissen. "Auch unser guter Ruf bei den Partnern wird uns helfen, in diesem Markt Fuß zu fassen", ist sich der Fujitsu-Manager sicher.

Festen Platz unter den TopTen angepeilt

Mit ähnlich lautenden Argumenten zieht auch Hewlett-Packard in die Schlacht um Marktanteile. Allerdings geben sich die Böblinger etwas verhaltener: "Wir setzen auf eine langfristige Strategie und werden wohlüberlegt einen Schritt nach dem anderen tun", erklärt Petra Gronbach, Product Manager mobile PCs bei der Hewlett-Packard GmbH in Böblingen. Man wolle sich fest unter den Top Ten etablieren, ein Marktanteil von drei Prozent müsse in 1998 "drin sein". Da sich das Unternehmen auf die Fahne geschrieben hat, bis zum Jahr 2000 weltweiter Markführer bei den PC-Herstellern zu sein, kommen die Böblinger sowieso nicht umhin, sich als "Vollsortimenter" aufzustellen. Dazu gehört auch, die noch bestehenden Lücken in der Angebotspalette der Notebooks zu schließen. Im ersten Quartal des nächsten Jahres sollen die neuen Familienmitglieder auf den Markt kommen, die derzeit noch unter dem Codenamen "Sputnik" gehandelt werden. Die angekündigten Maschinen sind keine reinrassigen HP-Produkte. Das Unternehmen hat sich entschlossen, sie gemeinschaftlich mit dem Hersteller Mitsubishi zu entwickeln. So werden beispielsweise die LCD-Panels der tragbaren Rechner von den Japanern beigesteuert.

Die Reaktionen der HP-Partner auf die Ankündigung, sich künftig verstärkt um denn Notebook-Markt zu bemühen, seien sehr unterschiedlich ausgefallen, weiß Gronbach zu berichten. "Ein Teil der Partner verkauft zwar unsere PCs, hat aber Notebooks anderer Hersteller im Sortiment. Das müssen wir respektieren. Schließlich konnten wir ihnen bisher nicht immer die geeigneten Geräte vorweisen", gibt die HP-Managerin offen zu. Man werde jetzt aber bestrebt sein, sie mit guten Produkten und Konditionen zurückzugewinnen. Es gäbe aber auch eine ganze Menge Partner, so Gronbach weiter, die fest an HP glauben und das Versprechen, viel Engagement in diesem Marktsegment an den Tag zu legen, sehr ernst nehmen würden. "Wenn wir die ersten Erfolge vorweisen, gewinnen wir sicherlich auch die Händler, die sich jetzt noch sehr zögerlich zeigen", glaubt die HP-Frau.

Samsung kocht mit Sparflamme

Während sich HP und Fujitsu ihres Siegeszuges schon sicher wähnen, bezweifelt beispielsweise Bodo Schäfer, Geschäftsführer der ofd Computer GmbH in Egelsbach und einer der größten Notebook-Händler Deutschlands, den schnellen Erfolg der Newcomer. "Es wird sehr, sehr schwierig für HP und Fujitsu werden, im Notebook-Markt Fuß zu fassen", ist er sich sicher. Die Aufmerksamkeit des Handels könne man gerade hier fast ausschließlich durch den Preis erzielen. "Und da wird es verdammt eng, denn viel Spielraum bei der Preisgestaltung gibt es bei diesen Produkten nicht", erklärt Schäfer. Zudem würde er persönlich die Kosten dafür scheuen, die alleine dadurch entstehen würden, daß er für die Geräte dieser Hersteller genügend Kompetenz im eigenen Haus aufbauen müßte. Auch die Mehrkosten für den zu leistenden Service und Support sprächen gegen eine Aufnahme der Geräte in sein Produktsortiment. Er will zunächst weiterhin mit Herstellern wie Toshiba, SNI, IBM oder Compaq zusammenarbeiten. "Was passiert denn, wenn HP oder Fujitsu nach einem Jahr schon wieder aussteigen?", stellt sich für Schäfer die Frage. "Ich weiß doch gar nicht, ob es sich lohnen wird, mit denen zusammenzuarbeiten."

Daß Schäfers Skepsis nicht unangebracht ist, wird am Beispiel Samsung deutlich. So verkündeten die Sulzbacher noch Ende letzten Jahres, den Notebook-Markt aufrollen zu wollen, von einem Marktanteil von 20 Prozent (!) bis zum Jahr 2001 war gar die Rede (siehe ComputerPartner Nr. 19/96 S.1). Doch wie Horst Strobender, Product Manager bei der Samsung Electronics GmbH, zugeben muß, habe man in den letzten Monaten nur etwa 10.000 Stück verkauft. Zwar seien noch Notebooks auf Lager, man habe die vertrieblichen Aktivitäten aber nahezu auf Null heruntergefahren. Das läge aber nicht daran, so Strobender weiter, daß man mit den Geräten keinen Erfolg gehabt hätte, vielmehr sei die zwischenzeitlich 100prozentige Übernahme von AST der eigentliche Grund. "Wir warten auf eine Entscheidung aus dem Konzern, unter welchem Markennamen - Samsung oder AST - wir unser Engagement in Europa wieder aufnehmen", rechtfertigt sich der Manager.

Vorzeichen stehen gut

Was die Prognosen der Anbieter zur Entwicklung des Notebook-Marktes für das kommende Jahr betrifft, herrscht Einigkeit. "Die Preisspanne von 3.000 Mark im Einstiegs- bis 15.000 Mark im High-End-Bereich wird unverändert bleiben", erläutert Schraven. Mit weiterhin stabilen Preisen auf - gegenüber den PCs - hohem Niveau rechnet auch HP-Managerin Gronbach. "Das liegt darin begründet, daß der Markt auch weiterhin die hohen Entwicklungskosten der Produkte tragen muß." Des weiteren glaubt sie, für den Notebook-Markt ein "erkennbares Wachstum" ausgemacht zu haben, auf konkrete Zahlen will sie sich aber nicht festlegen. Ihr Branchenkollege Hartmut Woerrlein, Product Manager mobile PCs bei der Compaq Computer GmbH in Dornach hat für das nächste Jahr offensichtlich schon kalkuliert: "Ich rechne für 1998 mit einem Wachstum von 10 bis 15 Prozent bei den Stückzahlen", so der Compaq-Manager. Er hofft, daß Compaq im kommenden Jahr bei den Marktanteilen wieder ein paar Prozentpunkte einfahren kann. Dieser war von knapp 15 Prozent im ersten Quartal 1997 auf etwa zehn Prozent im dritten Jahresviertel abgestürzt. "Wir haben alle Pro-

duktfamilien in 1997 neu eingeführt. Es dauert eben eine ganze Weile, bis sich dann Erfolg einstellt", begründet Woerrlein den dramatischen Einbruch. Sicherlich dürften auch die erheblichen Qualitätsprobleme einiger Modelle schuld an der Misere sein. Der Absatz von Notebooks sei auch sehr stark davon abhängig, welche Erfolge man im Projektgeschäft erziele, ergänzt Woerrlein. Offensichtlich hatten die Dornacher dieses Jahr keinen großen Fisch an Land gezogen.

Uneinigkeit bei Displaygröße

Während bereits abzusehen ist, daß Notebooks mit Pentium- II-Prozessoren auf den Markt kommen werden und sich der Universal Serial Bus (USB) als gängige Schnittstelle an den tragbaren Rechnern wiederfinden wird, gehen die Meinungen in puncto Displaygröße auseinander. "Bei 13,3-Zoll hört der Spaß einfach auf", glaubt Fujitsu-Mann Karg. Sowohl die Handlichkeit als auch die Leistungsfähigkeit der Notebooks würden seiner Meinung nach darunter leiden. Schließlich seien die Akkus nach wie vor die Schwachstelle der mobilen PCs und größere LCD-Panels würden unweigerlich die netzunabhängige Laufzeit deutlich verkürzen. Selbst die nächste Akku-Generation auf Lithium-Polymer-Basis verspricht hier kaum Abhilfe. Mit Hilfe dieser Technologie ist es allerdings möglich, die Form der Akkus fast beliebig zu gestalten. So können beispielsweise Hohlräume im Innenleben der Rechner damit gefüllt werden, der Bau von ultraflachen Notebooks wird damit Realität. Erste Modelle sind für das nächste Jahr bereits von verschiedenen Herstellern angekündigt.

HP-Managerin Gronbach sieht hingegen Marktchancen für die "Jumbo-Notebooks". Sie kann sich vorstellen, daß beispielsweise CAD-Anwender, die auf Mobilität angewiesen sind, auf derartige Geräte zurückgreifen werden. "Es wird sich zeigen, ob wir einen für die Kunden akzeptablen Kompromiß zwischen Gewicht, Größe und Betriebsdauer der Notebooks finden", so Gronbach gegenüber ComputerPartner.

Fazit

Der Notebook-Markt bleibt weiterhin ein spannendes Produktsegment. Die Preise sollen nach Aussagen der Marktteilnehmer weitgehend stabil bleiben. Anzumerken ist auch, daß im unteren Preissegment vermehrt Retailer wie Vobis zum Zug kommen. Selbst Lebensmittel-Discounter Aldi hat sich bereits mit dem Verkauf von tragbaren Rechnern versucht. Für den Fachhandel sollte diese aber kein Anlaß zur Sorge sein. Im Lösungs- und Projektgeschäft sind nach wie vor Geräte in der Preisklasse 5.000 bis 8.000 Mark gefragt, das Zubehörgeschäft ist ebenfalls nicht zu verachten. So ist beispielsweise nach Aussagen von Toshiba eine erhöhte Nachfrage an Dockingstations zu verzeichnen. Auch Notebook-Händler Schäfer zeigt sich erfreut über die Marktentwicklung.

Er rechnet damit, daß bis Ende dieses Jahres fünf Millionen Mark mehr als 1996 (hier lag der Umsatz bei 30 Millionen Mark) in die Unternehmenskasse geflossen sein werden. Welche Rolle HP und Fujitsu künftig in diesem Markt spielen werden, ist noch ungewiß. Fujitsu-Manager Karg ist jedenfalls auf das schlimmste gefaßt: "Ob der Markt mit drei oder 20 Prozent pro Jahr wächst ist eigentlich völlig egal. Er ist und bleibt von knallhartem Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet." (cm)

So soll es aussehen: Das Gemeinschaftswerk von HP und Mitsubishi hört noch auf den Codenamen "Sputnik".

Mit einem Marktanteil von über 30 Prozent - sowohl bei den Stückzahlen als auch beim Umsatz - hat Toshiba seine Mitbewerber ordentlich abgehängt. IBM, SNI und Compaq liegen dicht beieinander, wobei Compaq als der große Verlierer beim Gerangel um die Marktanteile hervorgeht. Stark im kommen ist der Retailer Vobis, der das untere Preissegment für sich beansprucht.

Toshiba-Manager Schraven: Hat die Wachstumsgrenzen des Notebook-Marktes erkannt und setzt auf Desktop-PCs.

Notebook-Händler Schäfer: "Warum sollte ich HP oder Fujitsu verkaufen?"

Samsung-Manager Strobender: Wartet auf Anweisung von ganz oben.

Während die technische Ausstattung der Geräte immer besser wird, zeigt sich die Entwicklung der Listenpreise bei den Notebooks relativ stabil gegenüber einem angenommenen Index von 100 im Januar dieses Jahres.

Über ein Drittel der im November verkauften Notebooks hatten laut einer Studie der Londonder Marktforscher Context kein CD-ROM-Laufwerk integriert. 44 Prozent die technologisch eigentlich überholten Laufwerke mit zehnfacher Geschwindigkeit.

HP-Managerin Gronbach: "Drei Prozent Marktanteil müßten drin sein."

Compaq-Manager Woerrlein: Mußte etliche Prozentpunkte an die Konkurrenz abgeben.

Kaum große Sprünge: Marktforscher Dataquest prognostiziert dem Notebook-Markt durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von etwa 15 Prozent. Auch der Anteil der mobilen Rechner am gesamten PC-Geschäft kommt seiner Einschätzung nach nicht über diese Punktezahl.

Die anfänglichen Befürchtungen der Notebook-Produzenten, bei 150 MHz Taktrate wäre aufgrund der Hitzeentwicklung das Ende der Fahnenstange erreicht, haben sich zerschlagen. 233 MHz Taktrate und mehr werden nächstes Jahr in den Datenblättern der tragbaren Rechner zu lesen sein.

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