Der Personalmarkt in der deutschen IT-Welt boomt ohne Ende

09.06.1996
MÜNCHEN: Wenn man eine Branche vom Stellenmarkt beurteilt, dann ergeht es der IT-Branche prächtig. Um mehr als 60 Prozent stiegen in den ersten sieben Monaten 1996 die Jobofferten gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Interessant auch die Betrachtung der unterschiedlichen Wege, die in der Personalbeschaffung gegangen werden.Bis auf einen kleinen Teil, wo Roboter Menschen ersetzen, ist es nun einmal genau der Mensch, der die Arbeit erbringt und als Produktionsfaktor gesucht wird. Und dieses Suchen nach Menschen nennt man Arbeitsmarkt. Dieser hat eine hohe Bedeutung bei der Betrachtung einer Konjunktur, denn zum Beispiel Branchenwachstum erkennt man an zwei Hauptfaktoren: dem gestiegenen Umsatzvolumen und dem Stellenzuwachs. Beide Faktoren sind unmittelbar miteinander verknüpft, drücken jedoch - obwohl konjunkturell das gleiche bedeutend - unterschiedliche Betrachtungswinkel aus, nämlich den wirtschaftlichen und den arbeitsmarktrelevanten.

MÜNCHEN: Wenn man eine Branche vom Stellenmarkt beurteilt, dann ergeht es der IT-Branche prächtig. Um mehr als 60 Prozent stiegen in den ersten sieben Monaten 1996 die Jobofferten gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Interessant auch die Betrachtung der unterschiedlichen Wege, die in der Personalbeschaffung gegangen werden.Bis auf einen kleinen Teil, wo Roboter Menschen ersetzen, ist es nun einmal genau der Mensch, der die Arbeit erbringt und als Produktionsfaktor gesucht wird. Und dieses Suchen nach Menschen nennt man Arbeitsmarkt. Dieser hat eine hohe Bedeutung bei der Betrachtung einer Konjunktur, denn zum Beispiel Branchenwachstum erkennt man an zwei Hauptfaktoren: dem gestiegenen Umsatzvolumen und dem Stellenzuwachs. Beide Faktoren sind unmittelbar miteinander verknüpft, drücken jedoch - obwohl konjunkturell das gleiche bedeutend - unterschiedliche Betrachtungswinkel aus, nämlich den wirtschaftlichen und den arbeitsmarktrelevanten.

Die IT-Branche rühmt sich nun seit einiger Zeit wieder eines außergewöhnlich wohltuenden Wachstums, sowohl nach Umsätzen als auch nach neu geschaffenen Arbeitsplätzen. Kaum ein anderer Markt in Deutschland und in der Welt verzeichnet derzeit so enorme Zuwächse und Zukunftschancen, und so mancher Arbeitspolitiker oder Industrieverbandsfunktionär schaut bestimmt neidisch und leidvoll zugleich auf den sich in der IT-Welt vollziehenden Boom.

IT-Mitarbeiter sind gefragte Leute

Der IT-Markt wächst beträchtlich und stetig, was die Arbeitsmarktzahlen des Deutschen Instituts für Arbeitsmarktanalysen und -Statistik (DIFAS) für den Zeitraum Januar bis Juli 1996 eindeutig belegen. Über alle Berufs- und Managementgruppen hinweg konnte im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum ein durchschnittlicher Stellenzuwachs von 64,1 Prozent verzeichnet werden, was in Relation zum allgemeinen Arbeitsmarkt in Deutschland nahezu ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.

Die Gruppe der DV-Mitarbeiter stieg hierbei mit einem Zuwachs von 81,8 Prozent am kräftigsten, gefolgt von den hochqualifizierten DV-Fachkräften, die mit 70,9 Prozent einen nahezu ebensolchen Kraftakt hinsichtlich der Neueinstellungen vollzogen. Die DV-Führungskräfte wuchsen nicht ganz so spektakulär, halten jedoch immer noch eine Zuwachsrate von 29,5 Prozent, was im allgemeinen Vergleich der bundesdeutschen Arbeitsmarktsituation eine große Ausnahme darstellt.

Wege der Personalbeschaffung

Es soll jedoch an dieser Stelle auf eine ebenso interessante Hintergrundfrage eingegangen werden: Welche Wege der Personalbeschaffung gehen die Unternehmen der deutschen IT-Branche? Unterschieden werden soll bei der Beantwortung in die Bereiche der Stellenausschreibung, der Stellenausschreibung über Personalberater und der Chiffre-Anzeige. Welche dieser Ausschreibungs- und Beschaffungsvarianten wird in der IT-Welt präferiert? Hierbei gibt es viele Eigentümlichkeiten zu erwähnen, die sich in der IT-Branche anders verhalten als in anderen Wirtschaftszweigen.

So ist in den ersten sieben Monaten dieses Jahres der Anteil an Chiffre-Ausschreibungen, in denen sich die einstellende Firma nicht bekannt gibt, um 74,9 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum gestiegen und nimmt einen Anteil von 1,5 Prozent am Gesamtausschreibungsvolumen der Jobs in der IT-Branche ein. Dieses ist recht eigentümlich, da gerade die Form des Chiffre-Inserates im allgemeinen eher rückläufig ist, da die nachteiligen Effekte in den meisten Fällen zu gravierend sind und deshalb der Trend zu Eigenausschreibungen oder Personalberatern besteht.

Die Chiffre-Anzeige bietet zwar dem ausschreibenden Unternehmen zunächst einen Identitätsschutz, allerdings muß auch erkannt werden, daß der potentielle und interessierte Bewerber schließlich nicht wissen kann, ob nicht gegebenenfalls gar seine eigene Firma dahinter steht oder seine Bewerbung in "Kanäle" gerät, die für ihn in seiner ungekündigten Stellung von großem Nachteil sein können. Sperrvermerke, also Firmenangaben, die ein Bewerber macht, um seine Bewerbung für bestimmte Unternehmen auszuschließen (zu "sperren"), können bei einer chiffrierten Stellenanzeige weder logisch sinnvoll eingebracht, noch nachvollzogen werden. Für den Bewerber also beginnt bei jedem Chiffre-Angebot ein Blindflug, der - je nach Stellung oder Sensibilität der Ausschreibung - erhebliche Eigenrisiken mit sich bringt.

Problemfeld Chiffre-Anzeigen

So ist es einem Marketingleiter eines IT-Dienstleistungsunternehmens geschehen, daß seine Bewerbung auf eine Chiffre-Ausschreibung auf dem Schreibtisch seines eigenen Geschäftsführers landete, der die gezeigte Wechselwilligkeit seines Marketingchefs mit einer sofortigen Freistellung honorierte. Selbst schuld? Vielleicht ja, doch wer ist in diesem Fall der eigentliche Urheber des Problems?

Daher ist bei Chiffre-Anzeigen stets mit einem äußerst geringen Zugang von geeigneten Bewerbern zu rechnen. Um so erstaunlicher ist es bei näherer Betrachtung, daß gerade bei Führungspositionen ein Zuwachs der Chiffre-Anzeigen um 124 Prozent zu verzeichnen ist und nun über zwei Prozent des Gesamtangebotes einnimmt. Dieser überproportionale Zuwachs kann nur damit erklärt werden, daß die Verantwortlichen für die Auschreibungen zwar die Identität des eigenen Unternehmens wahren möchten, die Chiffre-Anzeige fälschlicherweise aber als das hierfür einzig geeignete Mittel betrachten.

Alternative Personalberater

Ein Unternehmen, welches aus gutem und wichtigen Grund seine Identität bei der öffentlichen Stellenausschreibung schützen möchte, sollte statt der Chiffre-Anzeige eher den Weg über ein seriöses Personalberatungsunternehmen gehen. Das bedeutet nicht gleich, daß ein Personalberatungshaus gleich Beratungshonorare fakturiert. Sofern zum Beispiel der Berater ausschließlich mit der Ausschreibung der Anzeige und der neutralen Abwicklung der Bewerbungszugänge beauftragt wird, bleiben die Kosten in einem überschaubaren Rahmen. Ein solcher Ausschreibungsservice kostet meist nur einen geringen Teil eines ansonsten fälligen Beratungshonorares bei der Übernahme aller Auswahlaktivitäten und gewährleistet dem Unternehmen absolute Anonymität und dem Bewerber die Beachtung seiner oben erwähnten Sperrvermerke.

Professionelle Zielgruppenansprache

Der Bewerber weiß zudem, mit wem er es zu tun hat, wo seine persönlichen Unterlagen und Daten hingegangen sind und hat einen neutralen Ansprechpartner. Das Unternehmen selbst erscheint in seiner Identität nur bei solchen Bewerbern, die grundlegend den Anforderungen entsprechen. Allen anderen wird durch den Personalberater neutral und sachlich abgesagt. Ein sicherlich besserer und professionellerer Weg der anonymen Stellenausschreibung, der zudem in aller Regel einen bei weitem höheren Zugang an geeigneten Bewerbern aufweist und so den Zielsetzungen am ehesten entspricht.

Der Trend zur Ausschreibung über Personalberater hält demnach auch fast ungebremst an. Durchschnittlich wurden, ebenso wie im gleichen Vorjahreszeitraum, jede zehnte Neubesetzung durch Personalberater vorgenommen, was ein deutliches Zeichen für diese Beschaffungsvariante abgibt. Auch dieses ist nicht als typisch für die deutsche Wirtschaft zu bezeichnen, in der es eher abträgliche als steigende Tendenzen für Personalberater gibt, was allerdings in erster Linie mit dem mangelnden Angebotsvolumen an offenen Stellen zusammenhängt.

Nahezu gleich geblieben ist auch der Anteil der IT-Unternehmen, die Wert auf die Stellenausschreibung unter eigenem Namen und den offenen Marktauftritt legen. Mehr als 88 Prozent der IT-Unternehmen in Deutschland haben nach DIFAS-Angaben auf diese Weise ihren Personalbedarf decken wollten. Stimmt der eigene Marktauftritt, ist die Anzeige wohl formuliert und interessant, so gibt es auch kaum Gründe, nicht zunächst selbst auszuschreiben, wenn denn auch noch gute Aussichten auf einen ausreichenden Bewerbermarkt bestehen.

Bei der Ausschreibung von Führungspositionen halten sich die Anteile innerhalb der zwei Hauptvarianten "offenen Stellenanzeigen der Unternehmen" und die der "Ausschreibung über Personalberater" gegenüber dem Vorjahr nahezu stabil. Sind es nach den DIFAS-Zahlen fast 78 Prozent der IT-Unternehmen, die ihre zu besetzenden Führungspositionen öffentlich ausschreiben, liegt der Anteil an Unternehmen, die es für effizienter halten, hierfür versierte Personalberater einzuschalten, bei etwas über 20 Prozent. Bei den hochqualifizierten IT-Fachkräften liegen die Anteile unverändert bei 90 Prozent und 8,5 Prozent.

Es gibt keinen Königsweg

Wer die Wahl hat, hat also auch in diesem Bereich die Qual. Den richtigen Weg, die richtige Form und Art einer Ausschreibung zu wählen ist nun einmal die Grundlage für eine erfolgreiche Personalsuche. Nicht umsonst wird hierunter auch eine Systematik und "Technik" verstanden, die erlernt werden kann. Jeder, der vor der Entscheidung für einen bestimmten Ausschreibungsweg steht, sollte deswegen Kosten, Nutzen und die Zielerreichung im Auge haben. Nicht jedes Eigeninserat bringt Image- oder Werbevorteile. Eine Chiffre-Anzeige dient eher der Verzögerung, und nicht jede Position sollte über Personalberater besetzt werden. Abwägen bringt auch hier Vorteile - bei Kosten und der Zielerreichung. (sr)

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