Größere Früchte vom Value Tree

Der richtige Ansatz für SAP-Projekte

Stephan Bode, Partner bei Infosys Lodestone, verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung mit der Planung, Umsetzung und Durchführung von globalen Business Transformationsprojekten. Obwohl diese Projekte häufig mit einer Einführung eines ERP Systems verknüpft sind, hat Herr Bode nicht nur Consulting Teams geführt sondern auch Business Prozess Organisationen aufgebaut und geleitet.
Mit hypothetischen Zahlenspielen ist es im Vorfeld einer SAP-Einführung nicht getan. Eine durchdachte Planung mit realen Zahlen sollte der Ansatz sein.
Bei der Planung eines SAP-Projektes sollten die betroffenen Unternehmensbereiche mit einbezogen werden, um ans Ziel zu kommen.
Bei der Planung eines SAP-Projektes sollten die betroffenen Unternehmensbereiche mit einbezogen werden, um ans Ziel zu kommen.
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Am grünen Tisch passen die Zahlen immer: Einsparungen in Höhe von fünf Prozent, eine niedrigere Lagerhaltung von zehn Prozent und eine Umsatzsteigerung von 20 Prozent. Wenn SAP-Vorhaben geplant werden, sind Zahlenspiele dieser Art an der Tagesordnung. Über Kosten-Nutzen-Analysen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen wird ein sogenannter Business Case konstruiert, der mit Ursache-Wirkungs-Mechanismen aus der realen Welt in der Regel jedoch nur wenig gemein hat. Oder es passiert, dass die Zahlen von Finanzexperten ermittelt werden und der Fachbereich keine Ahnung hat, welche Einsparungen/Umsatzsteigerungen auf ihn zukommen - Betroffene werden nicht eingebunden.

Um die Investition zu rechtfertigen, belassen es die Entscheider lieber bei fiktiven Zahlen, die in der Praxis kaum realisierbar sind, auf dem Papier aber gut aussehen. Schließlich sollen die zum Teil beträchtlichen Anschaffungskosten auch vor den Augen der Geschäftsführung bestehen.

Entsprechend groß ist die Enttäuschung nach der Implementierung. Über die verschiedenen durchaus positiven Auswirkungen eines komplett neu gestalteten IT-Systems wurde im Vorfeld schließlich nur unzureichend nachgedacht. Häufig steht infolge eines solchen Prozesses das IT-Tool am Pranger. Dabei wäre es angebrachter, über die Auswirkungen neuer Werkzeuge im Vorfeld genauer nachzudenken.

Mehrwert durch Value Realization

Wie IT-Projekte auf ganzer Linie erfolgreich werden, zeigt der Value-Realization-Ansatz. Dabei werden vom Unternehmen erreichbare Werte ("Values") und Kostenvorteile sehr präzise identifiziert und natürlich realisiert. Dies geschieht bereits in der Konzeptionierungsphase nach einem standardisierten Verfahren. So entwickeln die erfahrenen Profis eines Beratungsunternehmens für die Firma einen so genannten Wertebaum. Der Stamm dieses Baums symbolisiert das finale Ziel, eine spürbare Verbesserung der Bilanz. Erreicht wird dies über die Äste, die einzelne operative Ebenen und die dazugehörigen Key Performance Indicators (KPIs) symbolisieren. Ein Beispiel: Der Produktkonfigurator als IT-Tool ist beim Prozess der Angebotserstellung sehr hilfreich. In erster Linie steigt dadurch die Durchlaufzeit als messbarer KPI, zugleich aber wächst auch die Kundenzufriedenheit und damit der Kundenstamm. In letzter Konsequenz wird sich das neue Tool also durch eine verbesserte Bilanz auszahlen.

Es gehört zu den Kernaufgaben eines guten Beraters, Verbindungen wie diese zu erkennen und für die Beteiligten offenzulegen. Das bedeutet, dass der Berater nicht nur Hilfestellung beim Design dieses neuen Tools gibt, sondern gemeinsam mit den Kundenprojektmitarbeitern anhand dieser Vorgehensweise die "Values" herausarbeitet. Gerade bei komplexeren Themen lässt sich über einen solchen Wertebaum der Mehrwert gut erkennen.
Ein weiteres Beispiel: Ein verbessertes und weiter automatisiertes Planungstableau erlaubt die Planungsfrequenz (KPI-Planungsfrequenz) im Unternehmen zu erhöhen. Dies führt dazu, dass die Planungsgenauigkeit (Plan-Ist-Abweichung in Prozent) zunimmt. Sicherheitsbestände können reduziert werden, was letztlich in eine Bestandsreduktion mündet. Ein integriertes Planungstableau zur Vertriebs- und Produktionsplanung verbessert die Lagerhaltung und hat damit Auswirkungen auf die Plan-versus-Actual-Betrachtung. Schließlich lässt sich die Bestandsreichweite reduzieren, weil weniger Inventar vorgehalten werden muss. Auch in diesem Fall verbessert sich die Bilanz deutlich.

Frühzeitig alle Beteiligten ins Boot holen

Der Weg zu einer effizienten Realisierung von Mehrwert beginnt also in der Designphase. Idealerweise geschieht dies über einen Workshop, bei dem ein Moderator die Zusammenhänge zwischen Prozessverbesserungen und damit zusammenhängenden KPIs erläutert. Bereits zu diesem Zeitpunkt können dann alle Beteiligten die Vorteile neuer Prozesse erkennen. In der Regel sind bei diesen Meetings auch Vertreter der Fachbereiche anwesend und liefern wertvollen Input. In den meisten Fällen haben genau diese Experten das Vertrauen ihrer Vorgesetzen (bis auf Vorstandsebene, frei nach dem Motto: "wenn der Meier das schon sagt, dann sollten wir wirklich das Projekt umsetzen") und können damit glaubwürdig für Veränderungen werben. Schließlich sind in den meisten Fällen mit neuen Tools zugleich auch neue Prozesse im Unternehmen notwendig.

Wie bei jedem Change Management kommt es auch hier darauf an, die Mitarbeiter und Führungskräfte vom persönlichen Nutzen der Neuerungen zu überzeugen. Ein einfacher, aber sehr wirkungsvoller Trick ist dabei die Einbeziehung eines Illustrators. Dieser visualisiert die neue Welt in Form von intuitiven Zeichnungen. Eine solche Darstellung motiviert in Workshops die Ideengeber und zeigt auf eindrucksvolle Weise das Potenzial für Verbesserungen. (bw)

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