Der schwere Weg zum Serviceanbieter

08.11.2001
In Zeiten schwindender Margen und eines sich wandelnden Marktes versucht sich Compaq als Komplettanbieter zu behaupten und zu stabilisieren.

Der Markt hat sich verändert, und Compaq auch. In den vergangenen drei Jahren mauserte sich das Unternehmen vom reinen Hardwarehersteller zu einem Komplettanbieter inklusive Dienstleistung. Denn mit den Frontend-Produkten wie Desktops, mobile Rechner, Handhelds oder Customer-Service allein könne ein Unternehmen nicht mehr bestehen, man brauche auch Direktkunden für das Komplettportfolio. Dabei konzentriert sich Compaq laut Vice President Peter Mark Droste auf rund 120 Kunden mit hohem IT-Ausgaben-Potenzial aus den Business-Bereichen Manufaktur, Finanzen, Telekommunikation, Retail und öffentlicher Dienst (siehe ComputerPartner 34/01, Seite 16).

So hofft Droste, nach einem schlechten dritten Quartal zum Jahresende wieder mehr Umsatz zu machen. Das hat Compaq auch bitter nötig: Die deutsche Dependance erwirtschaftete 2000 noch 4,1 Milliarden Mark, und bis Mai setzte man die Messlatte des Erfolgs für 2001 auf fünf Milliarden Mark hoch. So, wie es aussieht, wird Compaq diesen Wert mit 3,5 Milliarden Mark locker unterlaufen. Zwischen Wunsch und Realität klafft ein Loch von 1,5 Milliarden Mark.

Der nahenden Übernahme durch Hewlett-Packard zum Trotz will der Compaq-Chef bis zum letzten Tag den Gedanken der "Global Services" vorantreiben. Dieser Geschäftsbereich wird von Hermann Sänger geleitet. Noch steckt der Dienstleistungssektor in den Kinderschuhen. Der Bereich Professional-Service (unterteilt in Systemintegration und Outsourcing) macht derzeit zwei Prozent aus, der Bereich Customer-Service 4,4 Prozent. Das ist ein geringer Prozentsatz, gemessen an den zweistelligen Anteilen bei Siemens oder IBM. Nimmt man aber alle großen Partner zusammen, ist der Servicebereich von Compaq größer als der seiner Konkurrenten. "Wir brauchen deshalb unbedingt die Reichweite des Channels", stellt Droste klar.

Trotzdem scheint der schon häufiger angesprochene Kanalkonflikt nur auf dem Papier und nicht in der Realität gelöst worden zu sein. Immer noch ärgern sich Partner darüber, dass der Compaq-Direktvertrieb in Konkurrenz zum Partner beim Kunden vorspricht. Droste widerspricht dem und erklärt, Compaq sei auch weiterhin abhängig vom Hybridmodell. Rund 80 Prozent des Umsatzes würden über die Partner erreicht, und 61 Prozent aller Service-Einsätze liefen über den Channel (Wert: rund 100 Millionen Mark), Tendenz steigend.

Selbst bei den rund 120 Kunden, die Compaq direkt anspricht und betreut, sei man auf die Kooperation mit den Partnern angewiesen, die zum Großteil das Fulfilment übernähmen. Es sei eben ein deutlicher Trend bei den Kunden zu verspüren, dass diese einen Ansprechpartner bei Compaq selbst verlangen.

Droste gibt aber zu, dass es auch in jüngster Vergangenheit zu Missverständnissen mit den Partnern gekommen sei, deshalb müsse man eben noch besser und vor allem rechtzeitig mit dem Channel kommunizieren. Letztendlich sei der Kundenwunsch ausschlaggebend. Das gelte eben nicht nur bei den Key Accounts, sondern bis zu kleinen Accounts wie etwa Rechtsanwaltskanzleien.

www.compaq.de

ComputerPartner-Meinung:

Compaq versucht nach eigenem Bekunden, das Konfliktpotenzial aus dem Channel-Geschäft so weit wie möglich herauszunehmen. Das klappt aber nur so weit, wie die Partner bereit sind, auf Kundenwunsch in die zweite Reihe als Erfüllungsgehilfe zurückzutreten und Compaq als Generalvertreter zu akzeptieren. Solange alle Beteiligten an dem Geschäft verdienen, sollte es eigentlich keine Schwierigkeiten machen. Eigentlich. (go)

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