Der Sun-Kvasy-Verbund beim Energieversorger Best Energy

20.03.2003
Die Zahl der Kunden des unabhängigen Energieversorgers Best Energy wuchs stetig, deshalb benötigte er ein neues Abrechnungssystem. Christine Ryll* erklärt, wie die SIV AG diese Aufgabe löste.

Der Berliner Energieversorger Bewag und der Schleswiger Telekommunikationsanbieter Mobil-com AG gegründeten 1999 das Joint Venture Best Energy. Anfang 2002 übernahm Bewag Best Energy zu 100 Prozent. In den drei Jahren seines Bestehens konnte der Energieversorger bundesweit mehr als 200.000 Stromkunden gewinnen. "Wir wollen mindes-tens 100.000 neue Verträge pro Jahr abschließen", sagt Oliver Jaenicke, Leiter Controlling und Investments bei Best Energy. An dieses Wachstum muss das Unternehmen unter anderem seine Soft- und Hardwaresysteme anpassen.

Sun-Hardware mit Mobilcom-Software

Seit seiner Gründung setzte Best Energy Sun-Server vom Typ "Enterprise 450" ein. Darauf lief ein Kundensystem, das Mobilcom ursprünglich für die Abrechnung von Gebühren bei seinen Telekommunikationskunden entwi-ckelt hatte. "Doch das hat bei der Stromabrechnung nicht funktioniert", berichtet Jaenicke. Das Abrechnen von Strom ist im Vergleich zur Verrechnung von Telefongebühren um einiges komplexer. Aufgrund unterschiedlicher Rechnungszyklen und differenzierter Verträge ließen sich nicht alle debitorischen und abrechnungsbezogenen Prozesse erfassen.

"Im Jahr 2001 mussten wir schließlich handeln. Wir brauchten unbedingt ein System, das alle Prozesse in einem Energieversorgungsunternehmen abbilden konnte", erinnert sich Jaenicke. "Es ging sowohl um die technischen und kaufmännischen als auch die debitorischen und kre-ditorischen Prozesse sowie die gesamte Billing-Landschaft." Auf der Cebit 2001 nahm daher der Best-Energy-Controller Kontakt zur Neutrasoft GmbH sowie zur Schleupen AG auf und ließ sich von ihnen die Produkte "Dianepro" beziehungsweise "CS" demonstrieren. Gleichzeitig prüfte der Energieversorger die Branchenlösung "Kvasy" der Berliner SIV AG. Die Software findet Einsatz in Querverbundwerken sowie in Unternehmen der Wasser- und Abwasserwirtschaft, aber auch bei Energiedienstleistern und -händlern.

Branchenlösung für Energie- und Wasserversorger

Best Energy entschied sich schließlich für Software aus dem Hause SIV, denn bereits bei der Prüfung des Pflichtenhefts zeigte sich, dass Kvasy eine Vielzahl der grundlegenden Anforderungen standardmäßig abdeckte. Dazu zählen unter anderem die Webfähigkeit und die Integration des Customer-Relationship-Managements (CRM) sowie des Energiedaten-Managements (EDM) in das Enterprise-Resource-Planning (ERP)-System.

Darüber hinaus signalisierte die SIV AG die Bereitschaft, Zusatzwünsche zeitnah umzusetzen. Best Energy plante beispielsweise, gemeinsam mit SIV ein Provisionstool zu entwickeln. Außerdem sollte der VAR die Änderungshistorie optimieren und eine Online-Schnittstelle zu einem individuellen Frontend-Tool programmieren. "SIV zeigte sich so flexibel, dass wir uns vorstellen konnten, zusammen künftige Anforderungen an das System zu verwirklichen", erinnert sich Jaenicke. Ferner gewährleistete die Oracle-basierte Lösung Kvasy die Kompatibilität zur vorhandenen Sun-Hardware.

Als zertifizierter Sun-Solution-Provider verfügte die SIV AG zudem über das notwendige Wissen um die Hardware. Auch das war ein ausschlaggebender Punkt für die Entscheidung von Best Energy, denn: "Uns war damals schon klar, dass die Sun-Enterprise-450-Server irgendwann an ihre Grenzen stoßen würden. Daher benötigten wir einen Partner, der uns bei der anstehenden Erweiterung beraten und begleiten konnte."

Erste Projektphase nahm ein Jahr in Anspruch

Das Projekt startete im Mai 2001 mit einem Life-System-Check im Hause Best Energy. Im Rahmen des Tests, der mit den Daten von 4.000 Kunden durchgeführt wurde, prüfte SIV alle abrechnungsrelevanten und -begleitenden Prozesse. Auf Basis der Testlandschaft begann im Sommer 2001 der Aufbau des Produktivumgebung - parallel dazu wurden die Daten aus dem Altsystem konvertiert. Gleichzeitig integrierte die SIV AG sämtliche bisher per Excel und Access ausgeführten Hilfsprozesse in das neue System. Damit wurde die erste Projektphase im April 2002 erfolgreich abgeschlossen.

"Inzwischen befinden wir uns in der zweiten Phase des Projektes", erklärt Jaenicke. "Wir implementieren zusätzliche Werkzeuge in das System, zum Beispiel eines für die Provisionsabrechnung unserer Vertriebspartner." Best Energy vergütet seine Partner abhängig von ihren Akquisitionen und verwaltet alle Neukunden in Kvasy. Deshalb bot es sich an, die hauseigene Provisionsabrechnung in das Gesamtsystem zu integrieren. Zu diesem Zweck entwickelte die SIV AG ein Modul, in dem alle Vertriebspartner mit Adresse, Bankverbindungen und Provisionsarten hinterlegt sind; zudem erhielt jeder Partner ein Provisionskonto. Da für die Berechnung der Provisionen vertrags- und abrechnungsspezifische Daten benötigt werden, musste SIV die Module "Energiedatenmanagement", "Vertragsverwaltung" und "Kundenabrechnung" anbinden.

Zusätzlich wollte Best Energy die Belege für die Provisionen flexibel verwalten. Die SIV AG löste dieses Problem, indem sie die Belegverwaltung des Moduls "Auftragwesen" integrierte und so einige Provisionsarten ganz ohne Eingriff in die Standardfunktionalitäten abbildete. Für die Koordination der Vertriebspartner des Energieversorgers nutzte der VAR Standardfunktionalitäten des CRM-Moduls sowie der "Debitoren/Kreditoren"-Software und koppelte sie mit den im Unternehmen gespeicherten Partnerdaten. Die Modelle, mit denen Best Ener- gy die Provisionen der Vertriebspartner berechnet, sind nun im CRM-Modul hinterlegt.

Für diese neue Software benötigte Best Energie auch eine neue Hardware-Infrastruktur. Die vorhandenen Systeme konnten mit dem starken Kundenwachstum nicht mehr mithalten. Heute greifen rund 85 User an jedem Arbeitstag 8,5 Stunden lang auf das Abrechnungssystem zu. "Wir haben zwei 'Enterprise 450'-Server durch einen 'Fire V880'-Server von Sun ersetzt", ergänzt Michael Krüger, Projektleiter bei der SIV AG. Der Hardware-Austausch war notwendig geworden, da die ursprünglich eingesetzten Maschinen lediglich für 50.000 bis 100.000 Kunden ausgelegt waren.

Ablösung des Altsystems war billiger als Erweiterung

Als Alternative zu dieser Neuanschaffung bot sich eine Erweiterung der bestehenden Enterprise-450-Server an. Hier war die Expertise der SIV AG als Sun-Partner gefragt. "Wir hielten den moderneren Server für die bessere Lösung, und zwar aus zwei Gründen", erklärt Krüger. "Zum einen lässt sich das Gerät so skalieren, dass wir bei einem jährlichen Wachstum von 100.000 Kunden auch in drei, vier Jahren eine gute Performance garantieren können. Zum anderen konnten wir ein Oracle-basiertes Frontend-Tool, das der An- und Abmeldung von Interessenten dient und das ursprünglich auf einer zweiten Enterprise 450 lief, ebenfalls in die Sun Fire V880 konsolidieren."

In der neuen Hardware-Generation steckt Sparc-III-Technologie: vier 750-MHz-Prozessoren und 8 GB RAM, hinzu kommen 636 GB an internen Disks sowie das externe Storage-System "T3B" mit 2 x 9 x 36 GB Festplattenspeicher. Für die Administration des Servers sorgen Mitarbeiter der SIV AG per Fernzugriff.

Fazit: gelungenes Projekt mit Soft- und Hardware

Mit dem unabhängigen Berliner Energieversorger als Neukunden hatte sich SIV auf ein neues Geschäftsfeld eingelassen. "Wer mit Netzbetreibern zusammenarbeitet, findet in der Regel sehr stabi-le Daten vor und kaum Wachstumsraten. Der Stromhändler Best Energy hingegen wächst stetig weiter", konstatiert Krüger. SIV konnte für Best Energy Applikationen entwickeln, die die Vertragssituation zwischen einem Stromhändler und seinen Kunden darstellen. CRM-Lösungen muss-ten neu definiert und Arbeitsabläufe zwischen den Netzbetreibern und Best Energy IT-technisch dokumentiert werden.

"Das war einerseits softwaretechnisch eine große Herausforderung, andererseits stellte es auch enorme Ansprüche an die Hardware", ergänzt der Projektleiter der SIV AG. "Wir mussten ein Hardwaresystem installieren, das auch in drei Jahren noch performant genug ist." Neben der Sun Fire V880 hatte seinerzeit lediglich ein Konkurrenzprodukt diesen Ansprüchen genügt: ein HP-Server. Doch nach einem Preisvergleich und nicht zuletzt auf- grund der prognostizierten Leis-tungsfähigkeit hatte Sun Micro-systems den Auftrag erhalten. Ein spezielles Finanzierungsprogramm von Sun Finance gewährleistet Best Energy, immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein.

Auch mit der Software ist der Kunde zufrieden. "Die grundlegenden Prozesse sind weit gehend installiert, die Mitarbeiter arbeiten bereits damit. Erste Weiterentwicklungen sind ebenfalls erfolgreich implementiert", freut sich Jaenicke. Andere, so ein Bonitätssystem, sollen demnächst realisiert werden. Zusätzlich sollen neue, einheitliche Datenformate, die im Rahmen des liberalisierten Energieversorgermarktes gerade entstehen, von der Software gelesen werden können. Dies gilt es künftig zu berücksichtigen. Und nicht zuletzt steht bei Best Energy demnächst ein neues Dokumentenmanagement-System an, das in die Kvasy-Software Standard integriert werden. Die Arbeit geht nicht aus. Der IT-Dienstleister SIV AG ist stets dabei. (ce)

sun.de/produkte/hardware/wgserver/sunfirev880

*Christine Ryll ist freie Autorin in München.

ComputerPartner-Meinung

Die Anschaffung von neuer Software bringt oft die Notwendigkeit von weiterer Hardware mit sich. Wenn man dies dem Kunden plausibel macht, ist er bereit, dementsprechend zu inves-tieren. Das obige Beispiel zeigt, wie so etwas vor sich gehen kann. (rw)

Solution Snapshot

Kunde: Best Energy GmbH, Rollbergstraße 70, 12053 Berlin, www.bestenergy.de Ansprechpartner: Oliver Jaenicke, Controlling und Investments, Tel.: 030 221612-0 Fax: 030 221612-501, E-Mail: info@bestenergy.de

Projektkurzbeschreibung: Implementierung der Software "Kvasy" für Abrechnung und Verwaltung der Kundendaten. Ersatz zweier Sun-Server "E 450" durch einen "Sun Fire V 880" sowie Implementierung des Kundenabrechnungssystems und eines Frontend-Systems. Ziel: Skalierbares, performantes Soft- und Hardwaresystem, das dem exponentiell wachsenden Kunden- und somit Datenwachstum mindestens vier Jahre standhalten kann.

Lösung: individuelle Anpassung der Sunfire-V-880-Maschine und der Kvasy-Standardsoftware an die Anforderungen des Kunden

Dienstleister: SIV AG, Konrad-Zuse-Straße 1, 18184 Rostock-Roggentin, www.siv.de Ansprechpartner: Michael Krüger, Projektleiter, Tel.: 0381 2524-0 Fax: 0381 2524-599, E-Mail: info@siv.de

Kontaktaufnahme: Erstkontakt auf der Cebit 2001

Verhandlungsdauer: etwa zwei Monate

größte Herausforderung: Das System musste an das dynamische Wachstum des Kunden angepasst werden; gleichzeitig sollten die täglichen Prozesse des Stromhändlers im operativen Geschäft eingearbeitet werden.

unerwartete Schwierigkeiten: Applikation, die auf stabile Prozesse eines Netzbetreibers (Mobilcom) ausgerichtet war, musste dynamisiert und flexibilisiert werden

Implementierungsdauer: Testumgebung: acht Wochen; Implementierung, Abbildung und Stabilisierung der Kernprozesse sowie Implementierung der Hardware: vier Monate

Arbeitsleistung des Dienstleisters: rund 240 Manntage

Service- und Wartungsverträge: Gold-Wartung mit 24 x 7-Hotline-Support, Remote-Support durch den Dienstleister

Schulung: Anwendungsschulung: Grundlagen- und Aufbauschulung für Billing-System und Finance, Schulung des Datenbankadministrators

Benefit für den Kunden: zukunftssicheres System, skalierbare Systemarchitektur, dadurch offen für weiteres Wachstum

Benefit für den Dienstleister: wichtigen Referenzkunden in neuem Marktgebiet (Stromhändler) gewonnen, laufende Folgeprojekte durch schrittweisen Ausbau und Integration weiterer Bestandteile und Anpassung an die Erforderung des Marktes, zum Beispiel beim Datenaustausch mit Geschäftspartnern

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