Deutlichen Steuersenkungen stehen Nachteile bei Abschreibungen gegenüber

26.10.2000
Zum Jahreswechsel tritt die von Bundestag und Bundesrat abgesegnete Steuerreform in Kraft. In einer neuen ComputerPartner-Serie gibt Dr. Justus Fischer-Zernin* Unternehmern praktische Anleitungen, wie sie von den Neuerungen profitieren können. Zum Auftakt widmet er sich den Veränderungen für AGs und GmbHs.

Die Chancen, dass die Unternehmenssteuerreform nun tatsächlich durchgeführt wird, stehen sehr gut. Trotz allerlei Kritik an einzelnen Punkten wird das Konzept im Großen und Ganzen auch von der Opposition akzeptiert. Unternehmer sollten sich allmählich Gedanken über Möglichkeiten von Steuerplanung und Gestaltungen machen mit Blick auf das, was da kommt, um hier keine Chancen zu verpassen.

Körperschaftsteuer einheitlich bei 25 Prozent

Bei GmbHs und AGs geht es zunächst um die Absenkung der Körperschaftssteuer, aber auch um Nachteile bei Abschreibungen. Die Körperschaftsteuer soll ab 2001 einheitlich auf 25 Prozent abgesenkt werden. Das bedeutet, dass der bisher gespaltene Steuersatz (40 Prozent auf einbehaltene und 30 Prozent auf ausgeschüttete Gewinne) künftig entfällt. Hinzu kommt aber nach wie vor die Gewerbesteuer, die - abhängig von den Gewerbesteuer-Hebesätzen der einzelnen Kommunen - dann zu einer Gesamtsteuerlast auf Gewinne in einer Größenordnung von meist 35 bis 40 Prozent führt.

Diese deutliche Steuersenkung legt zunächst nahe, Gewinne - soweit möglich - von diesem aufs nächste Jahr zu verlagern, also Erträge hinauszuschieben und Kosten vorzuziehen. Natürlich kann man das laufende Geschäft nicht beliebig "herunterfahren". Stehen allerdings besondere Einzelgeschäfte an - beispielsweise Verkauf von Immobilien des Unternehmens - so kann überlegt werden, ob man diese nicht besser erst nächstes Jahr mit steuerlicher Wirkung durchführt.

Kosten noch in diesem Jahr anfallen lassen

Umgekehrt kann es vorteilhaft sein, Kosten noch in diesem Jahr anfallen zu lassen, um Aufwand und Abschreibungen zwecks Reduzierung noch hoch versteuerter Gewinne zu schaffen. Hierbei ist auch zu beachten, dass der Erstjahressatz für Abschreibungen nach der so genannten "degressiven AfA" (keine Abschreibungen in gleichen Jahresanteilen, sondern erhöhte Abschreibungen in den ersten Jahren) bei beweglichen Wirtschaftsgütern von zur Zeit 30 auf 20 Prozent gesenkt werden soll. Die höheren Abschreibungen für das Jahr der Anschaffung und Herstellung werden damit spürbar gekürzt, wenn dies nicht mehr im Jahr 2000 geschieht. Entsprechendes gilt für erhöhte Sonderabschreibungen (bis zu 50 Prozent im ersten Jahr) und Ansparabschreibungen für kleine und mittlere Betriebe nach Paragraph 7g EStG, die bislang für zukünftige Investitionen steuermindernde Rück- lagen bis zu 300.000 Mark erlauben. Auch diese sollen 2001 wegfallen, werden aber in diesem Jahr noch möglich bleiben.

Für die Investitionsplanung ist noch ein weiterer Aspekt zu beachten. Durch die Absenkung der Körperschaftsteuer wird die regional unterschiedliche Belastung von Unternehmensgewinnen mit Gewerbesteuer deutlicher spürbar werden. Die Körperschaftsteuer setzt auch in Zukunft erst am Gewinn "nach Gewerbesteuer" an. Bei Absenkung der Körperschaftsteuer fällt die Höhe der Gewerbesteuer mehr ins Gewicht.

Wenn also beispielsweise eine Unternehmenserweiterung geplant ist, bei der Entscheidungsspielraum bezüglich des Ortes besteht, sollte noch mehr als bisher auf die unterschiedlichen Gewerbesteuersätze alternativer Investitionsstandorte geachtet werden. Hier sind bisweilen erhebliche Steuerersparnisse möglich, wenn man die neue Produktionsstätte "ein paar Kilometer verschiebt". Vielleicht wird Deutschland noch einen gesunden "Gewerbesteuer-Standortwettbewerb" bekommen.

Viel Wirbel um Veräußerungsgewinne

Für viel Wirbel hat die Ankündigung der Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne bei Unternehmensbeteiligungen gesorgt. Ob sie tatsächlich in vollem Umfang kommt, ist aber noch ziemlich unsicher. Derzeit jetzt sind Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften (ab zehn Prozent Beteiligungsquote) bei ihren deutschen Muttergesellschaften (GmbHs oder AGs) körperschaftsteuerfrei, wobei allerdings zu beachten ist, dass solche Gewinne manchmal im Ausland einer Besteuerung unterliegen. Mit der Unternehmens- steuerreform soll diese Steuerbefreiung ab 2001 nun auch gelten, wenn deutsche GmbHs oder AGs Anteile an deutschen Tochtergesellschaften dieser Rechtsform erzielen. Will man nun die Vorteile der angekündigten Neuregelung nutzen, so muss man sich zunächst über ihren Anwendungsbereich klar werden. Es geht "nur" um körperschaftsteuerpflichtige Gesellschaften, also im Wesentlichen GmbHs und AGs, die Anteile an GmbHs oder AGs veräußern. Sowohl die Muttergesellschaft als auch die Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden sollen, müssen GmbHs oder AGs sein. Wenn dem nicht so ist, kann man diese Voraussetzung oft schaffen. Personengesellschaften können beispielsweise steuerneutral in GmbHs oder AGs umgewandelt werden.

Beteiligungen in eigene Tochter-GmbHs bringen

Bei mittel- und langfristigen Planungen im Unternehmen sollte auch darüber nachgedacht werden, Wirtschaftsgüter (zum Beispiel Grundstücke oder Patente) oder Geschäftsbereiche, die später mit Gewinn veräußert werden könnten, schon frühzeitig in eigene Tochter-GmbHs zu bringen, um die Chance zu bekommen, deren Anteile in der Zukunft steuerfrei zu verkaufen.

Auch bei privat - also nicht in Unternehmen - gehaltenen GmbH-Anteilen gibt es viel Neues: Sie können bislang einkommensteuerfrei veräußert werden, wenn beim Veräußerer die Beteiligungsquote (binnen der letzten fünf Jahre vor Verkauf) zehn Prozent nicht erreicht oder überschreitet. Zusätz-liche Voraussetzung ist, dass zwischen Anschaffung und Ver- äußerung der Anteile mindestens ein Jahr (Spekulationsfrist) liegt. Ab 2001 wird diese Quote auf ein Prozent abgesenkt werden. Das heißt, alle Personen, die mit einem Prozent oder mehr und weniger als zehn Prozent an GmbHs und AGs beteiligt sind, werden sich die Frage stellen, wie die Möglichkeit der steuerfreien Veräußerung letztmalig genutzt werden kann. Ab 2001 werden die Veräußerungsgewinne nämlich einkommensteuerpflichtig, wenn auch nur zur Hälfte. Die einfache Antwort: Anteile noch in diesem Jahr verkaufen!

Was ist aber, wenn man sie "wirtschaftlich betrachtet" behalten will? Die Kunst wird dann darin liegen, die Anteile kurz vor Torschluss zu verkaufen und baldmöglichst wieder zu erwerben. Der Effekt wäre, dass man die Veräußerungsgewinne steuerfrei realisiert, die Anteile dann neu mit höheren Anschaffungskosten (zurück-)kauft, so dass bei etwaigen späteren Verkäufen nur geringere Veräußerungsgewinne entstehen (Veräußerungsgewinn = Verkaufserlös abzüglich Anschaffungskosten), die dann ja auch nur zur Hälfte besteuert werden.

Schwierig wird es aber sein, dies in einer Form durchzuführen, die auch steuerlich anerkannt wird. Verkauf und kurzfristiger Rückkauf dürften auf das Misstrauen der Finanzämter stoßen und als "Scheingeschäft" oder "missbräuchliche Gestaltung" häufig nicht die gewünschten Steuerfolgen auslösen. Anders mag dies sein, wenn es sich um börsennotierte Aktien handelt und man argumentieren kann, dass beabsichtigt war, kurzfristige Kursspitzen auszunutzen. Denkbar ist auch, die Anteile an eine eigene GmbH zu verkaufen oder im Wege einer Kapitalerhöhung zum Marktwert einzulegen, um letztmalig steuerfrei stille Reserven aufzudecken. Hier gilt es, die neuen Vorschriften, insbesondere Übergangsregeln und Handhabung der Finanzämter, genauestens zu prüfen.

Spekulationsgewinne nur zur Hälfte steuerpflichtig

Die gute Nachricht: Die Regelung, dass nur 50 Prozent des Gewinns besteuert werden, soll überdies auch für Spekulationsgewinne (Verkauf von Anteilen an in- oder ausländischen GmbHs oder AGs binnen einem Jahr nach Erwerb der Anteile) gelten. Bisher sind diese Gewinne voll steuerpflichtig.

Weiterer wesentlicher Punkt bei der geplanten Unternehmenssteuerreform ist der Abschied vom Körperschaftsteueranrechnungsverfahren und die Ersetzung durch das so genannte Halbeinkünfteverfahren. Was zunächst technisch und kompliziert klingt, ist ein im Ergebnis eher schlichter Methodenwechsel: Bisher ist es so, dass deutsche GmbHs oder AGs bei einer Gewinnausschüttung an ihre Gesellschafter die auf die Gewinne gezahlte Körperschaftsteuer zunächst von 40 Prozent auf 30 Prozent herabsetzten (gegebenenfalls gibt es sogar Geld vom Finanzamt zurück). Die Gesellschafter erhalten die Dividende nebst einer Körperschaftsteuergutschrift, und zwar diese 30 Prozent Körperschaftsteuer, die GmbH oder AG auf den ausgeschütteten Gewinn gezahlt haben. Diese Körperschaftsteuergut- schrift wird mit der Einkommensteuer der Gesellschafter verrechnet. Das bedeutet, die Einkommensteuer wird um den Betrag der anrechenbaren Körperschaftsteuer gemindert oder, wenn im Jahr der Ausschüttung an Gesellschafter nicht so viel Einkommensteuer fällig wird, es gibt eine Erstattung der anrechenbaren Körperschaftssteuer durch das Finanzamt.

Ab 2001 soll dieses Verfahren nicht mehr gelten. Soweit noch dieses Jahr Gewinne ausgeschüttet werden, kann die Anrechnung wie bisher durchgeführt werden. Danach gilt eine komplizierte Übergangsregelung, nach der "altes" Körperschaftsanrechnungsguthaben bei Gewinnausschüttung noch für die nächsten 15 Jahre bei Gewinnausschüttungen genutzt werden kann, allerdings in deutlich kleineren Portionen als bisher. Von gewissen Übergangsregelungen abgesehen, hält also für Gewinnausschüttungen ab 2001 das Halbeinkünfteverfahren Einzug: Gewinne werden bei der Gesellschaft mit Gewerbesteuer und mit 25 Prozent Körperschaftsteuer belastet sein. Bei einer Ausschüttung ändert sich im Prinzip nichts; allenfalls lässt die moderat geringere Steuerquote der Gesellschaft etwas erhöhte Ausschüttungen zu. Beim Gesellschafter wird der Betrag der Ausschüttung nur noch zur Hälfte einkom- mensteuerpflichtig sein. An der bisherigen Faustregel, Gewinne der GmbH oder AG eher in Jahren auszuschütten, in denen der Gesellschafter im Übrigen niedrigere steuerpflichtige Einkünfte hat, ändert sich damit aber nichts.

*Dr. Justus Fischer-Zernin ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in der Sozietät Hammerstein und Partner in Hamburg.

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