Unverzichtbarer Markt

Deutsch-amerikanischer Handel unter Trump

26.10.2017
Als Donald Trump Präsident wurde, fürchtete die deutsche Wirtschaft Einschnitte im Handel mit den Vereinigten Staaten. Doch der Einbruch bleibt bisher aus - auch weil deutsche Firmen nicht ohne die USA können.
Die deutsche Wirtschaft hat Wege gefunden sich mit dem wankelmütigen Donald Trump zu arrangieren.
Die deutsche Wirtschaft hat Wege gefunden sich mit dem wankelmütigen Donald Trump zu arrangieren.
Foto: Evan El-Amin - shutterstock.com

Ablehnung von Freihandelsabkommen, angedrohte Strafzölle gegen BMW, harsche Kritik am deutschen Exportüberschuss - mit etlichen Verbalattacken hat Donald Trump Sorgen vor einem Wirtschaftsstreit mit den USA geschürt. Entsprechend verunsichert ist die deutsche Wirtschaft. Sie warnt schon gebetsmühlenartig vor Handelsbarrieren. Und hat zugleich Wege gefunden, sich mit dem wankelmütigen Präsidenten zu arrangieren.

"Trump spielt mit dem Feuer", mahnte etwa Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauerverbands VDMA, beim Amtsantritt von Trump im Januar. Auch der Chemieverband VCI ließ Sorgen der Branche durchblicken, für die Amerika einer der wichtigen Auslandsmärkte ist. "Die Verunsicherung, wohin die USA nun steuern, ist groß", erklärte Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann.

Unternehmen fürchten schwierige Beziehungen mit den USA

Die Befürchtungen sind seither nicht kleiner geworden. Das lässt auch eine aktuelle Umfrage der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham Germany) unter rund 100 internationalen tätigen Firmen erahnen. Fast 90 Prozent sehen eine Abschottung der USA als größtes Problem im transatlantischen Handel.

Zugleich haben manche Firmen mehr wirtschaftsfreundliche Politik von Trump erwartet. Der US-Präsident habe Wahlkampfversprechen wie Steuersenkungen und Investitionen in die Infrastruktur bisher nicht erfüllt, sagt AmCham-Germany-Präsident Bernhard Mattes vor einer Wirtschaftskonferenz der Kammer an diesem Donnerstag in Frankfurt. "Einige deutsche Firmen hatten schon gehofft, davon zu profitieren."

USA ist größter Abnehmer deutscher Exporte

Die Furcht vor schwierigeren Beziehungen mit den USA ist keinesfalls unbegründet. Denn sie sind der größte Abnehmer deutscher Exporte noch vor dem Nachbarn Frankreich. 2016 gingen laut Statistischem Bundesamt Güter im Wert von fast 107 Milliarden Euro nach Übersee. Umgekehrt importierte die Bundesrepublik Waren für knapp 58 Milliarden Euro - noch mehr waren es nur aus China, den Niederlanden und Frankreich.

Begehrt in den USA sind deutsche Autos- und Autoteile, Maschinen, Pharmaprodukte sowie Elektrotechnik und damit eben jene Produkte aus hiesigen Schlüsselbranchen. Für die Maschinenbauer etwa sind die Vereinigten Staaten der größte Einzelmarkt. Am Export in das Land hängen in Deutschland direkt und indirekt mehr als eine Million Arbeitsplätze, so das Ifo-Institut.

Investitionen als strategisches Instrument

Doch bisher gibt es keine Anzeichen, dass der deutsche Handel mit den USA leidet. So sind die Exporte in das Land sowie die Direktinvestitionen deutscher Firmen im ersten Halbjahr gestiegen, zeigen Daten des Statistischen Bundesamts und der Bundesbank. "Die Unsicherheit über Trump könnte sich erst mittel- und langfristig bemerkbar machen", sagt Bernd Weidensteiner, US-Experte bei der Commerzbank. Zudem entschieden Firmen mit langem Vorlauf über große Investitionen, sodass jetzt kein Effekt ablesbar sei.

Das Credo von US-Präsident Trump lautet: "America first"
Das Credo von US-Präsident Trump lautet: "America first"
Foto: Michael Wick - shutterstock.com

Doch auch Konzerne, die schon im Visier von Trump standen, stecken viel Geld in ihre amerikanischen Standorte. BMW etwa investiert 600 Millionen Dollar in sein Werk in Spartanburg. Konkurrent Daimler gibt eine Milliarde Dollar für seine US-Produktion aus, um den Bau von Elektro-Autos voranzutreiben. Und der Darmstädter Pharma- und Chemiekonzerns Merck eröffnete jüngst in Massachusetts ein Forschungszentrum. Auch Pharmakonzerne waren unter Beschuss von Trump gekommen, der zu hohe Ausgaben im US-Gesundheitssystem moniert hatte.

Manche Firmen nutzten Investitionen als strategisches Instrument, um sich vor Sanktionen zu schützen, sagt Weidensteiner. "Wenn Autobauer etwa in den Südstaaten neue Jobs schaffen, können sie im Zweifel auf die Rückendeckung der Gouverneure setzen." Zudem rüsteten sich Unternehmen mit Investments vor Ort vor einer Abschottung der USA - sollten zum Einfuhren aus Mexiko teurer werden. Zumal Verhandlungen über das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta stocken.

Unternehmen müssen sich mit Trump arrangieren

"Zwar hat Trump seine schlimmsten Drohungen nicht wahrgemacht, dass aber gar nichts passiert, ist auch unwahrscheinlich", sagt Ökonom Weidensteiner. Erst zuletzt traf es den kanadischen Flugzeugbauer Bombardier: Bestimmte Jets belegte die US-Regierung mit hohen Zöllen.

So bleibt deutschen Firmen wenig übrig, als sich mit Trump zu arrangieren. "Sie fahren angesichts der unsteten Wirtschaftspolitik auf Sicht", sagt Mattes. Zwar würden manche derzeit nicht zwingend nötige Investitionen in den USA zunächst zurückgestellt. Doch viele Unternehmen hätten dort bedeutende Marktanteile. "Sie sehen in den USA einen unverzichtbaren Markt", sagt Mattes. "Ein Rückzug ist für sie überhaupt keine Option." (Alexander Sturm, dpa/ib)

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