Deutsche Händler wollen keine Nonames von Dell

29.08.2002
Direktanbieter Dell will in den USA zusätzliche Kunden gewinnen und nimmt den Fachhandel mit ins Boot. In Deutschland soll alles beim Alten bleiben, und der Handel ist auch nicht zu einer Kooperation bereit.

Der Direktanbieter Dell will jetzt den amerikanischen IT-Fachhandel benutzen, ein weiteres Gewinn bringendes Kundenpotenzial zu erschließen, und zwar den SMB-Markt. Gerade in diesem Segment kaufen die Geschäftskunden neben den klassischen A-Brands sehr viele so genannte "White Boxes" beim kleinen Fachhandel. Diese Noname-Geräte machen rund ein Drittel des US-PC-Marktes aus. Und genau von diesem Kuchen will Dell ein saftiges Stück haben.

Das Unternehmen bietet den Fachhändlern in den USA einen Noname-PC für 499 Dollar an, der auf bereits bestehenden Produktlinien von Dell aufbaut. Diese kleineren US-Händler verkaufen jährlich PCs im Wert von rund drei Milliarden Dollar im SMB-Markt. Und davon will Dell laut Frank Muehlemann, Senior Vice President der Small-Business-Division bei Dell, ein Stück im Wert von 380 Millionen Dollar, und zwar innerhalb der ersten zwölf Monate. Wenn das Geschäft gut läuft, könne das Angebot auch auf Notebooks und Server ausgeweitet werden. Und dann gibt es keine Umsatzgrenzen nach unten.

Trotz der üblichen zwei bis drei Prozent Preisnachlass sowie Finanzierungs- und Leasing-Angebote erwartet Dell, dass die Nonames den gleichen Profit bescheren wie die direktverkauften Markengeräte.

Deutschland bleibt direkt

Hier zu Lande sieht die Situation anders aus. Wie Mathias Schädel, General Manager Central Europe, gegenüber ComputerPartner erklärt, sieht er für Deutschland keinen Grund, die bisherige Direktvermarktungsstrategie zu ändern. "Der deutsche Markt hat noch so viel Potenzial für unser Direktmodell, das wir noch gar nicht ausgeschöpft haben. Hier bieten sich beste Möglichkeiten. Deshalb kommt das US-Modell für mich hier nicht infrage", sagt Schädel sehr bestimmt und sehr siegesgewiss. In den USA sähe es da schon etwas anders aus. Dell habe dort knapp 30 Prozent Marktanteil und sei mit seinem Direktmodell an seine Grenzen gestoßen.

In gewisser Weise sind in diesem Punkt Dell und der deutsche IT-Fachhandel einer Meinung: Die meisten IT-Händler und Systemhäuser in Deutschland legen nämlich auch keinen Wert auf eine Partnerschaft mit dem Direktanbieter (siehe dazu auch Seite 69 in dieser Ausgabe). Manch einer bezeichnet Dell sogar als tödlichen Partner für den Fachhandel. Die meisten befürchten, dass das Unternehmen nur Interesse an ihren Kundendaten hat und sehr schnell den Handelspartner ausbootet. Deshalb ist der Haupttenor im Handel, dass kleine Fachhändler und Systemhäuser auch keinen besonderen Grund hätten, dem ungezügelten Expansionsdrang eines Michael Dell Vorschub zu leisten.

Dann sollte es ja in Ordnung sein, wenn alles bleibt, wie es ist. Doch das glauben nicht alle. Manch einer traut Dell nicht nur knallhartes Konkurrenzgebaren gegenüber dem Mitbewerb zu. Auch in der ureigensten Domäne des Fachhandels, der Wartung und Systempflege, unterstellt manch einer dem Unternehmen, schon bald genau diese Services effizient und kosteneffektiv anbieten und durchführen zu können.

www.dell.de

ComputerPartner-Meinung:

Dass Dell in den USA nun doch über die Händler geht, ist eine Aufweichung des bisherigen stringenten Konzeptes. Aber das ist das Risiko von Dell. Das Risiko der Händler besteht darin, sich mit Dell ins Bett zu legen. In der vergangenen Woche bekräftigte der Direktvermarkter sein Bestreben, den Dienstleistungsbereich weiter auszubauen und auch Akquisitionen in diesem Bereich zu tätigen. Vor diesem Hintergrund kann Dell kein Partner für den IT-Handel sein. In Deutschland nicht und auch nicht in den USA. (go)

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