Deutsche Konzerne hoffen auf Kostenersparnis durch B2B-Marktplätze

05.07.2001
Online-Einkauf gewinnt zunehmend an Bedeutung für deutsche Großunternehmen. Wie eine Marktstudie der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner ergab, soll der Anteil von E-Procurement innerhalb der nächsten fünf Jahre deutlich wachsen. Dazu müssten die Marktplätze und Auktionen aber noch stärker auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt werden.

Die Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner hat für ihre aktuelle Marktstudie 15 deutsche Konzerne mit einem jährlichen Einkaufsvolumen zwischen einer Milliarde und 14 Milliarden Euro nach ihrem Online-Einkaufsverhalten gefragt. Bei den befragten Großunternehmen aus den Bereichen Chemie-, Elektronik-, Stahl-, Zuliefer- und Konsumgüterindustrie liegt der Anteil von E-Procurement am gesamten Einkaufsvolumen bei nur durch- schnittlich ein bis zwei Prozent. Sie wollen diesen aber in den kommenden fünf Jahren auf bis zu 40 Prozent ausbauen.

Mehr als zwei Drittel der Konzerneinkäufer sehen in günstigeren Preisen und über 50 Prozent in beschleunigten Prozessabläufen die größten Vorteile bei der Online-Beschaffung. Darum wollen viele ihre internen Warenwirtschaftssysteme künftig besser mit den externen Beschaffungsmärkten im Internet verknüpfen. Da der Online- Einkauf bisher oftmals ohne direkte Anbindung an ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) stattfand, konnte man nicht immer die erhofften Einsparungen bei den Prozesskosten erzielen. Die bisherigen Erfahrungen der Konzern-einkäufer beziehen sich deshalb hauptsächlich auf B2B-Marktplätze und -Auktionsplattformen.

Zwei Wege zu einem Ziel

E-Procurement kann auf zwei verschiedenen Ebenen stattfinden: Kontraktgeschäfte mit festen Lieferanten und auf ausgewählten Marktplätzen sind in der Regel mit ERP-Anbindung aufgebaut. Dabei finden häufige, teils regelmäßige Transaktionen statt. Ohne ERP-Anbindung kommt es eher selten oder unregelmäßig zu Transaktionen. Für diese Zukäufe, beispielsweise um Bedarfsspitzen abzufedern, sucht der Konzerneinkäufer auf wechselnden Auktionsplattformen neue Lieferanten. Die Großunternehmen erhoffen sich bei der ERP-Anbindung eine Reduzierung der Prozesskosten um bis zu 90 Prozent. 90 Prozent der befragten Einkäufer von Firmen ohne ERP-Anbindung nannten niedrigere Ein- kaufspreise als ausschlaggebenden Grund für den Einkauf auf B2B-Marktplätzen oder bei Auktionen. 80 Prozent wollten auch die Prozesskosten senken, 70 Prozent wünschten sich schnellere Einkaufsprozesse. Immerhin noch 40 Prozent wollen auf diesem Weg eine größere Anzahl an Lieferanten erreichen.

Guter Ansatz, aber nicht alle Kunden sind zufrieden

In der Realität werden indes nicht alle diese Wünsche erfüllt. Immerhin 50 Prozent der befragten Unternehmen konnten tatsächlich beim Einkaufspreis mindestens zehn bis 20 Prozent einsparen. Bei den Prozesskosten hingegen waren die Ergebnisse bei weitem nicht so positiv: Gerade einmal 20 Prozent der Unternehmen sparten mehr als 20 Prozent ein. Fast ein Drittel zahlte sogar nur maximal fünf Prozent weniger. Für die Zukunft erwartet man zumindest eine Einsparung in Höhe von 50 Prozent, die - so geht aus der Studie hervor - jedoch erst bei Zweit- beziehungsweise Folgekäufen realisiert werden könne. Durch Personalabbau wird es nach Einschätz- ung der Einkäufer wohl kaum zu Einsparungen kommen, da ihrer Meinung nach die Tätigkeiten der Mitarbeiter in der Regel zu qualitativ hochwertigen Aufgaben wie etwa strategische oder konzeptionelle Arbeiten verlagert werden.

Zum Teil machten die Unternehmen sogar negative Erfahrungen. So zahlten sie einige Male höhere Preise, da durch die Produktknappheit die Verkäufer mehr verlangten als die langjährigen Handelspartner. Auch durch eigene unzureichende Vorbereitung des Online-Kaufes kam es zu Unannehmlichkeiten. Weil die Produkt-Lieferanten-Spezifikation nicht klar definiert worden war, war mancher Einkäufer an Abschlüsse mit unerwünschten Lieferanten gebunden.

Hohe Erwartungen

Grundsätzlich gilt: Je höher der Grad der Standardisierung des Produktes, desto erfolgreicher ist der Handel über B2B-Marktplätze. Für hochspezialisierte Güter eignen sich hingegen eher Auktionen. Hier sind die Erwartungen der Käufer an den Auktionsdienstleis-ter in Sachen Service und Dienstleistungen aber auch wesentlich höher als beim Marktplatz. So sollte der Auktionator ihrer Ansicht nach bei der Vorauswahl potenzieller Lieferanten helfen, strategische Überlegungen im Einkaufsprozess unterstützen und durch einheitliche Schnittstellen die ERP-Anbindung von "sell- and buy-side" ermöglichen, um Prozessoptimierungspotenziale auszuschöpfen. Im- merhin stünden dem hohen Aufwand der Vorbereitung große Handelsvolumina gegenüber. Zum Teil würden Rahmenverträge mit Laufzeiten bis zu einem Jahr auktioniert.

Auch wenn dem einen oder anderen Einkäufer die Fees der Marktplätze als zu hoch erschienen und sie teilweise das Fehlen von Angeboten bei Spezialgütern bemängelten, kamen die Marktforscher zu einer positiven Bewertung. 70 Prozent der befragten Unternehmen bestätigten, dass der erzielte Nutzen bereits heute höher sei als die angefallenen Kosten. Zehn Prozent machten keine Angaben, und letztendlich für nur 20 Prozent hatte sich der Aufwand (noch) nicht gelohnt. Sie befänden sich jedoch noch in der Testphase und rechneten mit künftigen Erfolgen.

www.wieselhuber.de

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