Deutscher PC-Markt 2002: Rettungsinsel Notebook

29.08.2002
So wie die Jahrhundertflut die Entwicklung einiger Bundesländer um Jahre zurückgeworfen hat, bremsen weltweite wirtschaftliche Ereignisse wie Rezession, Aktienkurseinbrüche und Insolvenzen den deutschen PC-Markt. Nur dank der massiven Nachfrage nach Consumer-Notebooks kann der hiesige IT-Markt laut IDC-Meinung mit einem blauen Auge davonkommen.

Alles ist relativ: Das erste Halbjahr 2002 verlief für den deutschen IT-Markt alles andere als rosig (siehe ComputerPartner 30/02, Seite 21). Vor allem das zweite Quartal, das schon immer die schwächsten Zahlen des Jahres bietet, machte vielen Anbietern schwer zu schaffen. Im direkten Vergleich zum Vorjahreszeitraum konnte die deutsche IT-Branche aber dennoch ein hauchdünnes Plus von 0,7 Prozent einfahren. Ist also die Krise überwunden, brechen wieder goldene - oder zumindest silberne - Zeiten an?

Die IDC-Analysten mahnen zur Mäßigung. Auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse und der Auftragseingänge bei den Herstellern erwartet IDC eine leichte Erholung der Marktsituation in der zweiten Jahreshälfte. Für Q3 wird ein Plus von 1,1 Prozent und für Q4 zumindest noch ein "Mikroplus" von 0,4 Prozent bei den Stückzahlen erwartet. Das gesamte Jahr 2002 würde demnach mit einem hauchdünnen Minus von 0,3 Prozent abschließen. Das klingt schon besser als der Wert für 2001 (minus zwölf Prozent), bedeutet aber nichts anderes, als dass das Jahresergebnis 2002 sogar nochmals unter diesem Katastrophenwert liegen wird.

Die Retter der Branche

Dass die Ergebnisse nicht noch viel trauriger sein werden, ist nach Analysten-Meinung den Notebooks zu verdanken. Vor allem im Consumer-Markt sorgten preisaggressive Angebote für rege Nachfrage, leider aber auch für schwindende Umsätze. Dieser "regional begrenzte" Hype wird sich auch bis in das Jahr 2003 auswirken.

Aber auch der Servermarkt meldet sich als Mitstreiter zurück. Die Geschäftskunden, die ihre geplanten Neu- oder Ersatzkäufe im ersten Halbjahr eingefroren haben, werden demnach endlich wieder einsteigen. Und das bis dato schon investitionsfreudige Marktsegment SMB wird ebenfalls weiterhin für steigende Absätze bei Notebooks und Einsteigerservern sorgen. Die Desktop-Nachfrage bleibt indes schwach, sowohl im Consumer- als auch im Business-Bereich. Grundsätzlich für alle Formfaktoren in beiden Zielmärkten erwartet IDC einen andauernden Preiskampf.

Die deutschen Top-Ten-Anbieter forcieren ihr Geschäft in sehr unterschiedlichen Marktsegmenten. FSC hält trotz anhaltenden Minuswachstums Platz eins der deutschen Rangliste über alle Formfaktoren. Vor allem das Notebook-Segment sorgt für eine relative Stabilität. Die neue HP wurde Vizemeister. Diese hohe Position verdankt das Unternehmen aber insbesondere der immer noch hohen Markenbekanntheit von Compaq. Scheinbar unaufhaltsam gewinnt Direktvermarkter Dell bei allen Formfaktoren weiter Boden und hat es sich auf dem dritten Platz gemütlich gemacht.

Aggressive Preise im Consumer- und im Business-Markt haben Actebis zum vierten Platz und zu wachsenden Marktanteilen verholfen. Niedrige Preise und hohe Marketingaufwendungen hievten Vobis auf den fünften Rang im Gesamtklassement, im Privatkunden-Segment für Desktops führen die Aachener sogar das Ranking an. Enge Kooperationen mit dem Channel und ein attraktiver Produkt-Mix im Einstiegslevel bescherten Acer deutliche Zuwächse und den sechsten Platz vor IBM. Big Blue hält sich gut im Business-Markt; vor allem die steigende Nachfrage der SMBs sorgt für positiven Schub. Trotz seiner seltenen Gastauftritte bleibt Medion eine feste Größe im Consumer-Markt. Maxdata erstarkt insbesondere im Markt für Intel-basierende Server. Und die drei Notebook-Spezialisten Toshiba, Sony und Gericom schwimmen auf der Erfolgswelle im Consumer-Notebook-Markt.

www.idc.com

ComputerPartner-Meinung:

Egal, in welchem Marktsegment die Anbieter ihre Produkte offerieren, immer spielt der Preis eine entscheidende Rolle. Doch wie lange können die Unternehmen diesen teilweise ruinösen Preiskampf durchhalten? Besonders pikant wird die Situation, wenn andere, wie etwa der IT-Fachhändler, die Zeche zahlen soll, entweder durch Margen im Nano-Bereich, abgespeckte Partnerprogramme oder gar durch Aufweichung der indirekten Channel-Strategie. Nein, das ist nicht pikant, das ist unhaltbar! (go)

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