Deutsches Aktieninstitut nimmt Börsengang unter die Lupe

15.10.1998

FRANKFURT: Die überwiegende Mehrheit der Börsen-Newcomer in den Jahren 1994 bis 1997 würde sich auch heute nochmals für ein Going Public entscheiden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Deutschen Aktieninstituts (DAI) in Kooperation mit SMS Special Marketing Services. Insgesamt beteiligten sich 50 Unternehmen an der Befragung."Der Gang an die Börse wird immer stärker als Instrument zur Lösung betrieblicher Probleme erkannt - von der Beschaffung weiteren Wagniskapitals bis hin zur Sicherung der unternehmerischen Führung beim Ausscheiden des Gründers", ist sich Rüdiger von Rosen, geschäftsführender Vorstand des DAI, sicher. Der Punkt Wachstumsfinanzierung steht bei den Motiven für einen Börsengang klar an erster Stelle. Doch auch die Stärkung der Eigenkapitalbasis zählt zu den Hauptmotiven, wie die Befragung ergab.

Andere Firmen wiederum nutzen den Börsengang als Instrument auf dem Weg zur Selbständigkeit. Dieser Schritt wird vor allem dann in Erwägung gezogen, wenn es um die Trennung von der Muttergesellschaft geht (Spin-off). Kapital aus einem Going Public soll aber auch die Firmennachfolge sichern und die "Kriegskasse" für Akquisitionen füllen.

Ein positiver Nebeneffekt ist für eine Vielzahl von Unternehmen die Steigerung ihres Bekanntheitsgrades und ihres Produkts, so die Befragung weiter. Insbesondere Firmen aus der IT-Branche eröffnet der Sprung aufs Börsenparkett attraktive Perspektiven, vor allem auf dem Gebiet Personalrekrutierung. Eine börsennotierte Aktiengesellschaft genießt bei Bewerbern ein weitaus höheres Image als eine GmbH.

Aber auch ihre Geschäftszahlen brauchen die Neuemittenten nicht hinterm Berg halten. Mit einem jährlichen Wachstum von über zehn Prozent konnten die Neulinge sowohl ihre Markt- als auch ihre Wettbewerbsposition verbessern.

Mehr noch: Börennotierte Unternehmen gehören, wie das DAI weiter herausfand, mit zu den wichtigsten Jobmaschinen in deutschen Landen. So konnten allein die am Neuen Markt gelisteten Firmen 1997 rund 5.000 neue Arbeitsplätze schaffen.

Eines der zentralen Ergebnisse der Untersuchung ist, daß sich für 92 Prozent der Befragten die an einen Börsengang geknüpften Erwartungen "vollkommen" oder "überwiegend" erfüllt haben. Dennoch förderte die detaillierte Auswertung der Umfrageergebnisse auch Schattenseiten zutage: So waren zwar 84 Prozent der Unternehmen mit dem Emissionskurs zufrieden. Mehr versprochen haben sich die Newcomer allerdings von der Entwicklung des Aktienkurses. In den ersten sechs Monaten zeigten sich nur knapp die Hälfte (46 Prozent) der befragten Unternehmen damit zufrieden.

Insgesamt gute Bewertungen erhielten die in den Börsengang eingeschalteten Institutionen und Serviceunternehmen. Am besten schnitten Anwälte und Wirtschaftsprüfer ab, die von 75 Prozent der befragten Unternehmen mit "sehr gut" und "gut" beurteilt wurden. Auch Banken erzielten überwiegend gute Bewertungen. Doch auch hier gab es durchaus Kritik, und zwar in puncto mangelnder Individualität und unzureichenden Know-hows bei den Beratern. Einzelne Unternehmen fühlten sich nach dem Börsengang nicht ausreichend durch die Emissionsbank betreut.

Trotz der Bewegung, die mit der Eröffnung des Neuen Marktes im März 1997 in die Börsenszene gekommen ist, liegt Deutschland im internationalen Vergleich noch immer weit abgeschlagen: Den 98 deutschen Neuemissionen im Zeitraum von 1994 bis 1997 stehen 1.059 Börseneinführungen in Großbritannien und 2.950 in den USA gegenüber. Für 1998 erwartet DAI-Vorstand Rosen in Deutschland einen neuen Rekord von über 50 Börsengängen. (god)

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