Dichtgemacht: Metacreations schließt alle Büros in Europa

20.01.2000
Einen turbulenten Start ins neue Jahr legt Metacreations hin: Niederlassungen europaweit geschlossen, Mitarbeiter "freigestellt", Produktlinien stehen zum Verkauf - und einen neuen CEO gibt’s auch.

Frohes Fest? "Wir haben eine Woche vor Weihnachten erfahren, dass alle Mitarbeiter in Deutschland Ende Januar freigestellt werden. Das war schon sehr überraschend", erzählt Michael Marzy, der im Münchener Büro von Metacreations als Director Sales Zentraleuropa agiert. Er wird als einziger der fünfköpfigen Mannschaft bis Ende März bleiben, um die Geschäftsabwicklung zu vollenden. Weltweit entlässt der Hersteller 100 seiner 230 Mitarbeiter. Und nicht nur Menschen, auch Produkte müssen gehen: Alles, was nicht ins Konzept der Visualisierungs-Lösungen für E-Commerce passt, wird verkauft. Vergangenes Jahr ereilte dieses Schicksal bereits die Home-Anwender-Produkte.

Bleiben werden aller Wahrscheinlichkeit nach das 3D-Werkzeug "Canoma" und das neue 3D-Rendering-Programm "Carrara", das seit Mitte Dezember in den USA ausgeliefert wird. Der Fokus richtet sich aber künftig ganz klar auf das 3D-Browser-Plugin "Metastream" und die dazugehörigen Produkte.

Sie sollen weiterleben

Aber auch den zum Verkauf anstehenden Programmen soll nicht der Garaus gemacht werden, im Gegenteil, sie sollen samt ihren Entwickler-Teams zu den neuen Besitzern wechseln. Welche das sein werden, dazu kann Marzy noch nichts sagen: "Ich weiß nur, dass da bereits Gespräche laufen." Der deutsche Support bleibe auf jeden Fall gewährleistet.

Der Sales-Manager kann die neue Firmenstrategie, so unerfreulich sie auch für ihn selber ist, gut nachvollziehen: "3D und Internet, das ist der Bereich, wo die Musik spielt." In seinem Leben nach Metacreations will der Sales-Manager deshalb wieder in diesem Markt sein Auskommen finden, wo und wie, das weiß er jetzt noch nicht genau.

"Es wird vor allem die Endkunden verwirren, wenn zum Beispiel ,Kai’s Power Tools’ und das Mal-Programm ,Painter 6’ zu anderen Herstellern wechseln", meint Stefan Haak vom Online-Versandhaus Softline. Ansonsten gibt sich der Metacreations-Partner abgeklärt: "So etwas passiert doch ständig. Und die strategische Konzentration auf die Web-zentrischen Produkte finde ich plausibel. Man muss nur den irritierten Konsumenten klarmachen, dass es für alle Produkte ja weiterhin Support gibt."

Was kommt

Wie der künftige Vertrieb definitiv aussehen wird, stellt sich erst in den nächsten Wochen heraus. "Für die Metastream-Lizenzen wird die Partnerpflege wohl direkt aus den USA geschehen, die anderen Produkte werden über Distributoren laufen", meint Marzy. Auf jeden Fall soll in Zukunft das Internet bei allen Vertriebsaufgaben eine verstärkte Rolle spielen - und Web-Anbieter müssen Lizenz-Gebühren zahlen, wenn sie Metastream auf ihren Sites benutzen. "Zur Zeit gibt es in Deutschland 15 bis 20 Partner, hauptsächlich Mailorder, die umsatzrelevant sind", heißt es weiter vom Sales-Manager.

Neu ist übrigens auch der President und CEO von Metacreations: Mark Zimmer, vormals President des Geschäftsbereichs "Business Gra-phics", löst den Mitte Dezember zurückgetretenen Gary Lauer ab. Lauer wechselt in ein anderes Unternehmen, wird aber weiterhin seinen Sitz im Board of Directors und sein Amt als Chairman behalten. (via)

www.metacreations.com

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