"Die Deutschen sind gute Händler"

01.04.2004
Der engen familiären Verwandtschaft mit AMD-Partner VIA zum Trotz fährt Taiwans OEM-Riese FIC bei Notebooks lieber mit Intels Centrino-Technik. So auch bei den neuen Whitebox-Notebooks. Lob für den deutschen Fachhandel gibt es von Kevin Huang, einem der Top-Manager bei FIC. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

2,9 Milliarden Dollar hat First International Computer (FIC) vergangenes Jahr weltweit umgesetzt, verrät Kevin Huang, Assistant Vice President in FICs Notebook-Division. Über das, was unterm Strich herauskam, will er aber nicht reden, denn da sieht es wegen "massiver" Investitionen ziemlich mau aus. "Die Ausgaben scheinen sich aber zu lohnen, wie das große Interesse an unseren Produkten auf der Cebit zeigt", sagt der Manager aus Taiwan.

Mit über 6.500 Mitarbeitern weltweit ist FIC, wie Chipsatzanbieter Via Technologies, aus der Formosa Plastics Group hervorgegangen, einem der führenden IT-Unternehmen Taiwans (siehe Kasten). "Bei Notebooks sind wir vor oder nach Wistron sogar unter den Top Fünf oder Top Sechs in der Welt", erzählt Huang stolz. Mit drei Millionen Notebooks ist FIC aber noch weit entfernt vom Spitzenduo Quanta und Compal, die es mit jeweils über zehn Millionen Stück dieses Jahr voraussichtlich auf rund 40 Prozent der Weltproduktion bringen werden.

Die FIC-Produktpalette umfasst Motherboards, Grafikkarten, Desktop-PCs, Barebone-Systeme, Server, Notebooks, TFT-Displays, PDAs und andere Spezialplattformen. Als möglichen neuen Bereich mit völlig neuer "Prisma-Technologie" nennt Huang Projektoren. Vor 2005 sei aber nicht damit zu rechnen. Die in den frühen 90er-Jahren auch in Deutschland eingeführte eigene Notebook-Marke "Leo" wird eigentlich nur noch in Nahost fortgeführt. Auch um den PC- und PDA-Brand "Everex", der ebenfalls zur FIC Group gehört, ist es in Europa reichlich still geworden. Doch der gemeinsame Auftritt auf der Cebit zeigt, dass Everex als Marke immer noch fortbesteht.

Bleibt nur noch das Mainboard-Geschäft, in dem sich FIC unter dem eigenen Namen ein Markenimage schaffen konnte. Ansonsten hat sich das Unternehmen wie Mitac nach der letzten großen Branchenkrise 1992 ganz aufs OEM-Geschäft verlegt. Dadurch ist Wettbewerber Acer - von den damaligen Top Drei der Insel - die einzige verbliebene PC- und Notebook-Marke geblieben.

"Wir sind auch nicht auf den Zug aufgesprungen, den Asus später nahm" erklärt Huang, nicht ohne ein wenig Wehmut in der Stimme. Stattdessen stecke man aber derzeit alle verfügbaren Ressourcen ins Notebook-Whitebox-Geschäft mit Intel. Dieses Programm zielt speziell auf Fachhändler, die somit Gelegenheit hätten, sich wie die Großen mit eigenem Markennamen als OEM (Original Equipment Manufacturer) zu betätigen.

"Gerade im letzten Jahr 2003 haben wir sehr gute Beziehungen zu Intel aufgebaut und damit auch demonstriert, wie eigenständig wir trotz der engen familiären Bande zu Via sind", so Huang. Frühere Konflikte mit Intel konnten ihm zufolge beigelegt werden.

30 bis 35 Prozent des Notebook-Geschäfts macht FIC in Amerika, 20 Prozent in Europa und 22 Prozent in Japan. Gute Kontakte unterhält FIC zu IBM, Toshiba und Fujitsu Siemens. "Mit HP arbeiten wir nicht so gerne zusammen, weil es da an der nötigen Loyalität fehlt", beschwert sich Huang. Den deutschen Markt erachtet der FIC-Manager als sehr wichtig. Klar, denn ein Drittel des Europa-Geschäfts läuft in Deutschland. "Die Deutschen sind gute Händler", lobt der FIC-Manager. Zu den deutschen Top-Kunden gehöre auch Medion. Was den Einstieg des Aldi-Lieferanten bei Gericom angeht, zeigt sich Huang wenig überrascht: "Der Deal konnte gemacht werden, weil Medion von FIC unterstützt wurde.

Meinung der Redakteurin

"FIC ist typisch für Taiwans OEM-lastige Industrie. An finanzieller Stärke hat es dem Unternehmen, mit Formosa Plastics in der Hinterhand, nie wirklich gefehlt, wohl aber an der nötigen Marketing-Power. Nur so ist zu erklären, dass unter den führenden PC-Herstellern Taiwans nur Acer es geschafft hat, sich international als Markenanbieter zu halten, während FIC und Mitac schon bei der ersten Krise vor zwölf Jahren die Waffen streckten. Eine Rückkehr auf die Weltbühne dürfte ihnen ebenso schwer fallen wie jedem Newcomer.

Der Formosa-Clan

FIC wurde 1980 von Dr. Ming J. Chien und Charlene Wang, Tochter des Formosa-Plastics-Tycoons Wang Yung-ching (88), gegründet. Zur FIC Group gehört heute auch Everex.

Schwester Cher Wang ist mit Wen Chi Chen, Gründer und Chef von AMD-Partner Via Technologies, verheiratet und zudem Chairman von Handy-Auftragsfertiger HTC, zuvor auch von Everex.

Bruder Winston Wang (Winston Wong) wurde Chiphersteller Nanya Technology anvertraut, stolperte später aber über seinen eigenen Ehrgeiz und außereheliche Beziehungen.

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