Rohrkrepierer

Die größten Flops der IT-Geschichte

Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Über wundersame Wandlungen

Derlei Wunder der Technik kommen auch Dietrich von den Schweizerischen Bundesbahnen bekannt vor. Im Zuge der Transformation von Legacy-Systemen "gab es plötzlich prima Tools, die auf Knopfdruck Cobol- in Java-Code umwandeln würden!" Wirklich jeder habe ihm dieses Märchen verkaufen wollen. "Da wäre ich über Nacht alle meine Legacy-Anwendungen losgeworden. Mit einem Schlag, so das Versprechen, hätte ich mir mit diesen Softwarewerkzeugen hochleistungsfähige, Multitier-fähige, moderne und sogar wartbare Software eingehandelt." Die Nagelprobe habe dann allerdings immer nur ein Ergebnis gezeitigt: "Zwischen den Hochglanzprospekten in den Händen eines Vertriebs-Verantwortlichen und der harten Realität eines Software-Entwicklers lagen Welten - manchmal sogar Galaxien!"

Thomas Sporbeck von der Exso Business Solutions GmbH wiederum fragt sich noch heute, wie es das Thema "Unternehmens-Workflow" in die Schlagzeilen bringen konnte. "Im Sinne einer zentralen, applikationsübergreifenden und anwenderbezogenen 'Instanz' gab es da Ende der 90er Jahre viele Ankündigungen und halbfertige Lösungen. Umfassend eingelöst ist das Versprechen meines Erachtens nach bis heute nicht."

Der Klassiker: das papierlose Büro

Der Klassiker unter den gestrauchelten IT-Versprechen: das papierlose Büro.
Der Klassiker unter den gestrauchelten IT-Versprechen: das papierlose Büro.

In der Hitliste der schönsten Flops der IT-Geschichte darf eine Vision nicht fehlen: das papierlose Büro. Doub von der Bauer Media Group findet es zwar fast schon "abgedroschen, aber es ist immer noch eine der größten Enttäuschungen". Schmunzelnd meint er: "Ich bin sicher, die Papierhersteller haben interessante Statistiken über ihre Absatzentwicklung, seit sie von der modernen IT bedroht werden."

Second Life - das wahre Leben

Ein veritabler Flop war für Roland Schopp von der Arachno GmbH die virtuelle Lebenswelt von Second Life. Ein Jahr lang war es hip, sich in der virtuellen Gegenwelt als so genannter Resident eine Social Community aufzubauen. Große Konzerne wie die IBM richteten Business-Center und Treffpunkte für Geschäftskontakte ein.

Doch Schopp, der in Second Life selbst Rundgänge organisierte, ging es ähnlich wie vielen eher kritischen Geistern: Nach kurzer Zeit fragte man sich, welchen Nutzen es bringt, sich in der von Linden Lab kreierten Online-Welt zu tummeln. Schopps Antwort: keinen. So sahen es bald die meisten User. Ganz abgesehen davon litt Second Life unter Instabilitäten des Systems. Hinzu kam ein zunehmend zwielichtiges Milieu, das Second Life auch als Aktionsfeld für halbseidene Engagements nutzte - wie im wahren Leben. Das allerdings kann man nicht so einfach abschalten.

Größter Flop? Der Mensch!

Eine originelle Antwort auf die Frage nach den Flops der IT hatte Karlo Berdon von Berdon Engineering parat: "Verlegen Sie doch Ihre Frage 80 Jahre in die Zukunft." Glaube man Menschen wie dem Wissenschaftler Hans Moravec oder dem Schriftsteller Isaac Asimov, dann haben die Menschen in ferner Zukunft mit der IT nichts mehr zu tun. Roboter würden dem Menschen den Alltag angenehm einrichten! Aus der Zukunft rückblickend betrachtet, werde man dann die Antwort auf die Flops der IT-Geschichte vielleicht auch so geben können: "Der größte Flop in der IT-Geschichte war die Mitwirkung des Menschen." Berdon hofft, dass niemand die Frage stellt, ob es die IT und Roboter ohne Menschen geben könnte: "Ich bin mir bei der Beantwortung nämlich nicht so sicher." (jm)

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