Der Handel in Kleinstädten und Gemeinden

Die Innenstadt zum Einkaufscenter machen

Uwe Ritschel schreibt als Experte zu den Herausforderungen des  Einzelhandels. In seiner nunmehr fünfzigjährigen Tätigkeit hat er alle Facetten der Branche kennengelernt. Sein Weg führte vom Einkäufer und Abteilungsleiter bis ins Management eines großen Handelsunternehmens. Ritschel beschäftigt sich mit den Chancen und Risiken durch die Digitalisierung des Handels. Damit ist er heute ein gefragter Experte für Händlergemeinschaften und City-Marketing.

Der Auftritt im Internet

Der nächste Schritt ist der gemeinsame Auftritt im Internet. Dazu gehört eine aussagekräftige Web-Seite der gesamten City, mit Links zu allen Händlern der Innenstadt. Hier zeigt sich ganz kompakt, die Vielfalt im Angebot. Auch die Gastronomie darf nicht fehlen. Dabei gehe ich davon aus, dass jeder Anbieter zumindest mit einer aussagekräftigen Homepage bereits im Netz vertreten ist. Das ist seine Visitenkarte und möglicherweise auch schon der Eingang zu seinem Online-Shop.Nicht jeder Händler muss zwingend gleich einen Web-Shop betreiben, aber er muss sich zumindest damit beschäftigen. Es hat sich herausgestellt, dass immer mehr Kunden erst im Internet recherchieren und dann stationär kaufen. Man will wissen, ob der gesuchte Artikel verfügbar ist und was er kostet. Dabei spielt der unterste Preis nicht unbedingt die ausschlaggebende Rolle. Wer nur den niedrigsten Preis sucht, gehört sicher nicht zu Ihrer Zielgruppe.

Wichtiger sind die Verfügbarkeit der Ware, aktuelle Öffnungszeiten, Wegbeschreibung und Parkmöglichkeiten. Wer das nicht bieten kann spielt auch in den Überlegungen der Kunden keine Rolle. Der Kunde hat Sie sprichwörtlich nicht mehr auf dem Schirm.

Noch präsenter ist die Innenstadt mit einer eigenen App. Ein Klick führt direkt vom Desktop auf die Landingpage. Eine aktuelle App kann den Traffic schnell nach oben schießen lassen und die Conversion Rate nachhaltig beeinflussen. Wer lokale Nachrichten über die Online-Ausgabe der Tageszeitung anbieten kann, wer mit aktuellen Sportnachrichten aufwartet, mit Veranstaltungshinweisen, Kinoprogramm und Öffnungszeiten der Apotheken, der kann davon ausgehen, dass die App zum täglichen Programm gehört. Das kostet möglicherweise eine 450 € Kraft zur Pflege und Aktualisierung der Daten, aber der Aufwand lohnt sich.

Lieferservice oder Regal?

Zum guten Schluss muss auch die Logistik funktionieren. Ein gemeinsamer Lieferdienst muss organisiert werden. Der Kunde muss ja nicht für jedes Paket separat angefahren werden. Wenn es schnell gehen muss kann auch ein Fahrradkurier die Lieferung übernehmen. Das ist preiswert und umweltfreundlich. So etwas lässt sich auch immer gut in der Öffentlichkeit darstellen.

Benjamin Otto hat uns noch einen Rat mit auf den Weg gegeben. Die digitale Generation, so sagte er, tickt noch einmal ganz anders. In ihrer vernetzten Welt ist sie permanente Inspiration gewöhnt.

Wir werden nur dann an diese Generation verkaufen können, wenn wir den Lebensstil und das Kaufverhalten dieser Generation verstehen und in unserem Geschäft umsetzen. Da ist viel Wahres dran. Der Kontakt zum Kunden endet nicht an der Ladentüre und auch nicht beim Verlassen des Online-Shops. Heute muss ein Händler, der die junge Generation erreichen will, auch in den sozialen Netzwerken aktiv sein. Jedes "Like" ist bares Geld wert. Ein Blogg gibt Einblicke hinter die Kulissen und macht aus Kunden Follower. Nur wer bei der digitalen Generation ständig präsent ist, wird als gleichwertiger Partner wahrgenommen.

Die Stadt Wuppertal geht mit ihrem Projekt "Online-City" den Weg noch konsequenter. Im November 2014 startete der Einzelhandel dort einen gemeinsamen Online-Shop mit 24 Anbietern und rund 300 Artikeln. Noch vor Weihnachten stieg die Zahl der Händler auf 40 und die Produktpalette ist mit über 3.000 Artikel fast explodiert. Click&Collect wird angeboten, genauso wie Same-Day-Delivery. Dazu ist eine zentrale Abholstation geplant, die auch nach 20:00 Uhr noch erreichbar ist.Die Gemeinschaft der Händler, auch als "Interessengemeinschaft 2.0" bezeichnet, hat einen regen Austausch in einer geschlossenen Facebook-Gruppe begonnen. Dort werden schon jetzt weitere Ideen für gemeinsame Kundenveranstaltungen geschmiedet. Das ganze wird begleitet von einem "Reatail Lab", einem Versuchslabor für Multi-Channel-Verkaufsprojekte in der Innenstadt. Da gibt es Shop-in-Shop-Flächen für Online-Händler, Pop-up-Stores und eine zentrale Anlaufstelle für Kunden und Händler.

Für dieses Projekt werden die Wuppertaler am 29.1.2015 in Frankfurt von der "German Council of Shopping Centers"mit einem der Europäischen Innovationspreise ausgezeichnet. (bw)

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