Die kleinen Produkte bringen die grossen Erträge

23.07.1998

MÜNCHEN: In Zeiten schwindender Margen für PCs spielt der Verkauf von Zubehör für den Händler eine nicht unwichtige Rolle in der Sicherung seiner Erträge. Bei einem clever zusammengestellten Zubehörsortiment läßt sich außerdem eine Steigerung der Kompetenz erreichen. ComputerPartner gibt Anregungen und Tips.Der PC Markt in Deutschland ist mit einem jährlichen Gesamtumsatz von rund 20 Milliarden Mark nach wie vor einer der wichtigsten und wachstumsstärksten Märkte überhaupt. Die jährlichen Steigerungsraten liegen konstant zwischen zehn und 20 Prozent. Ein Ende der technischen Entwicklung ist bisher nicht in Sicht und somit entstehen auch für den Handel enorme Wachstumschancen. Das Paradox: Geld ist mit IT-Ware immer weniger zu verdienen. Die kurzen Innovationszyklen, die preisagressive Hardwarevermarktung und der immer härter werdende Verdrängungswettbewerb schmälern die zu erzielenden Margen des Handels erheblich. Beratungsintensive Produkte, wie beispielsweise Tintenstrahldrucker, dienen vielerorts nur noch als Frequenzbringer. Verdient ist am Verkauf dieser Geräte kaum noch etwas. Nach Prognosen der Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) in Nürnberg werden die Handelsspannen für PC-Hardware bis zum Jahr 2000 unter zehn Prozent fallen. Bei PC-Zubehör dagegen sind Margen von 50 Prozent, bei Spezialteilen sogar noch höhere an der Tagesordnung. Rechnet man sich ein Verkaufsbeispiel beider Produktgruppen einmal durch, wird die Chance, die durch den Zubehörumsatz entsteht, noch deutlicher: Beim Verkauf eines Rechners für 2.500 Mark wird bei einer Spanne von 15 Prozent eine Rendite von 375 Mark erzielt. Verkauft der Händler nun Zubehör im Werte von 500 Mark zum Rechner dazu, erzielt er bei einer Marge von 50 Prozent eine Ertragserhöhung um 250 Mark. Diese läßt sich mit vergleichsweise geringem Aufwand erzielen, denn Basiszubehör wie Disketten, Druckmaterialien, Mousepad, Computer-Lautsprecher oder Staubschutzhülle lassen sich einfach argumentieren.

Vor diesem Hintergrund ist die Vermarktung von Zubehör nicht nur sinnvoll, sondern geradezu zwingend notwendig, um neben der Dienstleistung langfristig das Überleben des Fachhandels zu sichern. Die Großflächenvermarkter haben das bereits erkannt. Nach weiteren Untersuchungen der GfK stellen sie mit 38 Prozent den Löwenanteil der Zubehör-verkaufenden Handelslandschaft in Deutschland.

Zubehör als Mittel zur Kundenbindung

Die als besonders kundenfreundlich geltenden Fachhändler scheinen vor lauter Beratung das eigene Geschäft zu vergessen - laut Studie kommen sie nur auf einen Gesamtanteil von 27 Prozent. Für die erfolgreiche Umsetzung ist eine intensive Kundenberatung von eminenter Bedeutung. Untersuchungen der Marktforscher bei Research International ergaben, daß Kunden ihre Unzufriedenheit eher mit dem Händler als mit dem Produkt verbinden. Wenn sie mit ihren Tintenpatronen nicht zufrieden wären, würden 70 Prozent der Befragten den Händler wechseln, nur 30 Prozent die Marke. Über diesen kritischen Punkt hinaus gibt es noch weitere Gründe für den Fachhandel, sich intensiver mit dem Zubehör zu beschäftigen. Durch den Verkauf von Verbrauchsmaterial hat ein Wiederverkäufer die Möglichkeit, Kunden besonders eng an sich zu binden.

Einen schnelleren Rechner oder einen neuen Drucker leistet man sich nur selten. Egal wie gut Beratung und Service beim Kauf der Geräte waren, von einem solchen Einkauf zum nächsten ist die Erinnerung daran längst verblaßt - im Gegensatz zu negativen Erfahrungen, die der Kunde oft mit einem Händlerwechsel quittiert. Verbrauchsmaterialien wie Tonerkartuschen, Tintenpatronen, Papier, Streamer-Bänder oder Disketten braucht der Anwender in relativ kurzen Zeitintervallen. Wenn ihm der Händler ein breit gefächertes Zubehörsortiment und kompetente Beratung anbietet, wird der Kunde immer wieder in dieses Geschäft zurückkehren, auch wenn der nächste Hardwarekauf ansteht.

Wie bei der PC-Hardware kann der Händler auch durch den Verkauf innovativer Zubehörprodukte an Kompetenz gewinnen. Ist er etwa bei Neueinführung von DVD-Ram-Laufwerken weit und breit der einzige Händler, der die passenden Datenträger anbietet, bringt dieses nicht nur Umsatz, sondern auch Imagegewinn. Tatsächlich ist meistens nur während der Einführungsphase mit den Datenträgern Geld zu verdienen. Nach einer breiten Akzeptanz seitens der Kunden ist es damit vorbei. Der Kunde weiß genau, was seine Floppy-, Zip- oder MO-Medien kosten und wird sich nicht scheuen, diese bei günstigeren Preisen auch im Lebensmittelgeschäft an der Ecke zu kaufen.

Bei übereifriger Sortimentsgestaltung kann sich der Umsatzbringer allerdings auch schnell als Kostenfalle herausstellen.

Veraltete oder vom Kunden nicht nachgefragte Kabel oder Kleinteile binden oder vernichten im schlimmsten Fall Kapital. Nicht jede Zubehörgruppe ist für alle Händlergruppen gleich interessant. Beispielsweise wird ein Systemhaus sicher keine Spitzenergebnisse beim Absatz von Joysticks erreichen. Daher gilt es, die eigene Zielgruppe genau zu analysieren und daraus ein passendes Zubehörsortiment abzuleiten.

Distributoren in die Pflicht nehmen

Was viele Fachhändler gar nicht wissen: Praktisch alle Broadline-Distributoren bieten Fachhandelskonzepte an, in denen die Wiederverkäufer auch bei Zubehörfragen mit verschiedenen Maßnahmen unterstützt werden. So bietet beispielsweise die Actebis Computerhandels GmbH + Co. in Soest ihren Händlern mit der "Targa"-Linie verschiedene Zubehörprodukte wie Tastaturen, Mäuse, Joysticks und PC-Lautsprecher mit einer einheitlichen Optik, hoher Qualität und sicherer Handelsspanne an. "Unsere Targa-Produkte sind nicht in Retail-Ketten erhältlich, sondern ausschließlich bei Fachhändlern", betont Birgit Fahlbusch, Unternehmenssprecherin bei Actebis. "Mit der einheitlichen Optik vom Joystick bis zum Server wollen wir unseren Kunden eine Produktlinie mit aufeinander abgestimmten Komponenten und einer Brand Awareness, also einem Markenbewußtsein, an die Hand geben", erklärt die Actebis-Frau. "Wichtig ist dabei, daß sich die Geräte nicht nur durch das Erscheinungsbild, sondern auch durch Qualität von der Konkurrenz abheben." Als weitere Dienstleistungen bietet der Disti aus Soest die Unterstützung durch ein eigenes Marketing-Team an. Speziell auf den Zubehörbereich zugeschnitten ist das Rackjobbing: Ein Vor-Ort-Service kümmert sich selbständig um das Einsortieren der Ware, Retourenabwicklung, Überprüfung des Sortimentes sowie Produktaktualisierung.

Der Distributor übernimmt das Lagerrisiko, da für alle Rackjobbing-Produkte eine Rückgabemöglichkeit besteht. Besonders interessant ist dieser Service bei Verbrauchsmaterialien für Drucker, da diese Sortimentsgruppe aufgrund schneller Produktwechsel und Innovationsfreudigkeit der Industrie äußerst pflegeintensiv ist.

Andere Distributoren wie etwa die Münchener Computer 2000 GmbH konzentrieren ihre Unterstützung für den Zubehörumsatz hauptsächlich auf Abverkaufshilfen wie etwa freistehende Verkaufsdisplays für Druckerpatronen oder Plakataufsteller als Blickfang.

Alternativen zum Distributor

Wer sich bei seinem Distributor lieber auf den Bezug der Hardware konzentrieren will, der kann beim Zubehör auch auf Spezialisten ausweichen. Beachtenswert sind die Konzepte der Hama GmbH & Co. in Monheim sowie der Vivanco GmbH in Ahrensburg, zwei der größten Zubehörlieferanten in Deutschland. Beide Hersteller gehören vor allem bei Unterhaltungselektronik-Fachhändlern zu den bevorzugten Lieferanten. Stark geworden durch eine umfangreiche Zubehörpalette in den Bereichen Video, Telekommunikation und Kabel, versuchen die Kleinteile-Spezialisten nun auch im Bereich Multimedia und PC eine stärkere Marktpräsenz zu erreichen. Zu diesem Zweck haben beide Hersteller ihr Sortiment für die IT-Branche deutlich vergrößert. Vom CPU-Kühler über verschiedenste Verbindungskabel bis hin zur Grafikkarte findet sich fast alles im Portfolio, was das PC-Herz begehrt. Großer Vorteil für IT-Händler: Sie können auch auf die anderen Warengruppen, wie Telekom oder HiFi, zugreifen und damit Produkte zu ausgezeichneten Konditionen beziehen, welche bei den Distis nicht gelistet sind. Die Unterstützung des Fachhandels ist dabei äußerst vielfältig. Basis der Maßnahmen bilden Warenpräsentationssysteme, welche individuell für den Händler gestaltet und gebaut werden. Unterschiedliche Produktgruppen werden mit individuellen Verpackungsdesigns voneinander abgehoben, ohne die Optik der gesamten Warengliederung zu zerstören.

Durch die Ordnung der Produkte nach einzelnen Themenbereichen wird dem Kunden die Orientierung erleichtert und damit der Abverkauf gefördert. Beide Unternehmen unterstützen ihre Partner mit regelmäßiger Außendienstbetreuung sowie Pflege und Bestückung der Verkaufswände. Retouren sind nach Absprache ebenfalls möglich.

Problemkind Software

Speziell beim Einkauf von Software besteht für den Händler ein enormes Risiko, sich mit den falschen Titeln zu bevorraten oder Lagerüberhänge aufgrund mangelnder Nachfrage nicht mehr abbauen zu können.

Ein gute Möglichkeit, sich gegen dieses Risiko abzusichern, bietet der Bezug sämtlicher Software über einen zentralen Lieferanten. Auf dieses Feld hat sich die Top Music International Vertriebs GmbH (TMI) konzentriert. Der Software-Distributor aus St. Leon-Rot beliefert bundesweit rund 260 Unterhaltungselektronik- und IT-Geschäfte mit seinem Sortiment von Musik- und Softwaretiteln aller Art. Darunter befinden sich Retailer wie Pro-Markt, die Brinkmann-Gruppe oder Wertkauf-Filialen. Jedoch auch kleine und mittlere Unternehmen werden beliefert. "Für uns gibt es keine Beschränkungen nach unten. Der kleinste Händler macht einen Jahresumsatz von 80.000 Mark mit unseren Produkten", berichtet Peter Philipp, Prokurist und Vertriebsleiter bei TMI. Nach Abschluß eines Rahmenvertrages pickt sich der Händler aus dem Sortiment des Distributors in einer Art Baukastensystem die für ihn interessanten Produktgruppen heraus. Anschließend wird der Händler mit dem entsprechenden Warensortiment von TMI automatisch bestückt. Umfang und Auswahl der Bestückung richten sich nach Umsatzgröße und Positionierung des Händlers. Zu den Leistungen gehören neben der automatischen Warenversorgung der Lagerausgleich bei Preisreduzierung und regelmäßig stattfindende Retourenlieferungen, bei denen nicht verkaufte oder ausgelaufene Ware abgeholt und zum fakturierten Preis wieder gutgeschrieben wird.

Nach eigenen Angaben hat der Händler durch den zentralen Einkauf zudem bessere Konditionen als beim Einzelbezug der Software über verschiedene Lieferanten und kann auf Wunsch an verschiedenen Marketingaktionen teilnehmen. Im Gegenzug für diese Leistungen muß der Händler TMI seine Abverkaufsdaten regelmäßig zur Verfügung stellen und eine jährliche Handlingspauschale bezahlen.

Kreaativität bei der Beratung ist gefragt

Für eine erfolgreiche Zubehörvermarktung sei dem Händler die Basis aller Verkaufsschulungen empfohlen: aktives Verkaufen. Darauf zu warten, daß der Kunde von selbst seine Ergänzungswünsche vorbringt, wird im besten Fall zum Verkauf eines Fünfer-Packs Disketten führen. Erfragt man beim Kunden, wofür er seinen Rechner benutze, ergibt sich eine Vielzahl an Möglichkeiten, um mit der Empfehlung für Zubehör anzusetzen. Einfachstes Beispiel: Reinigung und Pflege. Jeder Käufer wird darauf bedacht sein, daß ihm sein neu erworbenes Spielzeug so lange wie möglich Freude bereitet. So entsteht automatisch die Verkaufsmöglichkeit von Staubschutzhüllen, Reinigern oder Notebook-Taschen. Für den Zubehörverkauf in den anderen Bereichen sollte jeder Händler Kreativität entfalten und dem Kunden aufzeigen, welche Ergänzungsmöglichkeiten für seinen PC sinnvoll sind. (akl)

Mit frühzeitiger Aufnahme einer zukunftsträchtigen Technologie, wie beispielsweise DVD-Ram-Medien, in das Sortiment, läßt sich ein Kompetenzgewinn erzielen.

Actebis-Unternehmenssprecherin Fahlbusch: "Wir versuchen uns mit den Targa-Zubehörprodukten in puncto Optik und Qualität von der Konkurrenz abzuheben."

Nicht nur Mäuse bieten dem Handel zusätzliche Ertragsmöglichkeiten.

Mit den Produkten der Targa-Serie bietet Distributor Actebis seinen Händlern eine spannensichere Linie mit Zubehörprodukten an.

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