Insolvenzverwalter gibt sich optimistisch

Die Krisen der Maxdata AG

30.06.2008
Der Marler Hardware-Anbieter Maxdata AG ist insolvent. Am Mittwoch vergangener Woche ging das Unternehmen wegen "drohender Zahlungsunfähigkeit" zum Essener Insolvenzgericht. Dieser Gang zeichnete sich ab - Maxdata holperte von einer Krise zur nächsten.



Von Wolfgang Leierseder

Der Marler Hardware-Anbieter Maxdata AG ist insolvent. Am Mittwoch vergangener Woche ging das Unternehmen wegen "drohender Zahlungsunfähigkeit" zum Essener Insolvenzgericht. Dieser Gang zeichnete sich ab - Maxdata holperte von einer Krise zur nächsten.

Auswirkungen auf die Kundenverträge

Maxdata hat bis zur Insolvenz auch langjährige IT-Wartungsverträge verkauft. Händler befürchten, nun allein für die Leistungen aufkommen zu müssen. Laut Rechtsanwalt Thomas Feil* sind die Bedenken nicht unbegründet.

Der Computerhersteller und IT-Dienstleister Maxdata hat am 25. Juni 2008 wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Essen eingereicht. Betroffen sind die Maxdata AG selbst sowie in- und ausländische Tochtergesellschaften mit Ausnahme der Vertriebsgesellschaften in der Schweiz und den Niederlanden.

Fachhändler und Systemhäuser machen sich Sorgen wegen der möglichen Auswirkungen der Insolvenz. Kein Wunder, denn Maxdata machte 2007 einen Umsatz von knapp 469 Millionen Euro und verkaufte bis zuletzt viele und zum Teil langjährige IT-Wartungsverträge, zahlbar im Voraus. Was aus den versprochenen Garantie- und Wartungsleistungen wird, ist noch unklar und bleibt abzuwarten, doch es besteht die Gefahr, dass die Leistungen nicht mehr erbracht werden.

Betroffen sind jedoch nicht nur die Endabnehmer der Garantie- und Wartungsverträge, sondern auch viele Systemhäuser. Noch direkt vor dem Insolvenzantrag sind Servergarantie-Verlängerungen und andere Serviceleistungen von Maxdata massiv beworben und an Kunden abgesetzt worden. Nun haben viele Fachhändler und Systemhäuser Sorgen, allein für diese Leistungen aufkommen zu müssen.

Völlig unbegründet sind diese Bedenken nicht. Wenn die Garantien und Serviceleistungen "verdeckt" verkauft wurden, das Systemhaus also gegenüber dem Endabnehmer nicht deutlich gemacht hat, dass es nur einen Vertragsabschluss zwischen Maxdata und dem Kunden vermitteln und selbst nicht der Garantiegeber sein will, so kommt der Vertrag in Form eines Werkvertrags zwischen dem Kunden und dem Systemhaus zustande. Dies hat zur Folge, dass das Systemhaus zur Primärleistung herangezogen werden kann!

Die Kapazitäten zur Leistungserbringung werden regelmäßig nicht zur Verfügung stehen, und das Systemhaus kann sich bei Nichtleistung gegenüber dem Kunden schadensersatzpflichtig machen. Auch wird für die Händler regelmäßig keine Möglichkeit bestehen, sich von den Verträgen zu lösen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht seitens der Systemhäuser wird man nicht annehmen können, weil das Insolvenzrisiko in solchen Konstellationen klar den Systemhäusern zugewiesen ist. Ferner läuft eine mögliche Regressmöglichkeit gegenüber Maxdata bei einer Zahlungsunfähigkeit praktisch leer. Es besteht die Gefahr, dass die betroffenen Fachhändler und Systemhäuser auf ihren Schäden sitzen bleiben.

Die Haftung des Händlers ist für die Betroffenen ärgerlich, weil sie das Ergebnis einer unglücklichen Vertragsgestaltung darstellt. Besonders deutlich wird dies bei der nachfolgenden Vertragsgestaltung: Wenn der Fachhändler oder das Systemhaus offengelegt hat, dass lediglich ein Garantie- oder Wartungsvertrag zwischen dem Endkunden und Maxdata vermitteln werden soll, sind die Ausgangslage und die Verteilung des Insolvenzrisikos erheblich besser. Dann ist das Systemhaus selbst nicht unmittelbarer Vertragspartner und damit nicht primärleistungspflichtig geworden. Fachhändler und Systemhaus schulden keinen Schadensersatz für den Fall der Nichterfüllung, und das Insolvenzrisiko verlagert sich vollständig auf den Endkunden.

Betroffene Fachhändler, Systemhäuser und Endkunden sollten sich zur Minimierung möglicher eigener Schäden von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen, denn die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten variieren je nach konkreter Vertragsgestaltung. (MF)

*Die Autoren:

Rechtsanwalt Thomas Feil, Fachanwalt für Informationstechnologierecht www.recht-freundlich.de

und

Dipl.-Jur. Alexander Fiedler, Mitarbeiter am Institut für Rechtsinformatik der Universität Hannover www.iri.uni-hannover.de

Die Botschaft aus der Maxdata-Zentrale in Marl klingt optimistisch: "Wir machen weiter", sagte Insolvenzverwalter Winfrid Andres gegenüber ChannelPartner. Es sei genügend Geld vorhanden, um den laufenden Verpflichtungen inklusive Services und Garantien sowie die Abnahme bestellter Waren nachkommen zu können; für die rund 900 Mitarbeiter seien die Löhne drei Monate lang gesichert, und man führe bereits Gespräche mit potenziellen Investoren.

Allerdings, welche plausiblen Fakten Andres in den paar Tagen seit seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter aus den Unterlagen von Maxdata heraus destillieren konnte, lässt noch jede Möglichkeit zu - und schließt damit auch keine aus. Vielleicht ist diese Insolvenz einfach nur die letzte, definitive Krise des Unternehmens.

135 Millionen Euro Verlust

Krisen ist die Maxdata AG gewohnt. Nicht erst seit diesem oder dem vergangenen Jahr, sondern zumindest seitdem sie, 1999 an die Börse gegangen und danach mit 300 Millionen Euro Kapital ausgestattet, rote Zahlen schreibt. Das war erstmals im Jahr 2003 der Fall: Das Unternehmen, das sich damals stolz zu den zehn größten europäischen Computeranbietern zählte, bilanzierte ein Minus (EBIT) von etwas mehr als 14 Millionen Euro. Die schmalen Gewinne, die in den Jahren zuvor verbucht werden konnten, waren definitiv dahin, und seitdem begleitet das Minus die Marler konsequent. Doch während sie im Jahr 2004 lediglich 700.000 Euro Verlust bilanzierten, waren es fast 35 Millionen Euro im Jahr 2006 und 33 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Krisenhaft entwickelten sich auch die Umsätze. Jahr für Jahr gingen sie zurück, so dass Maxdata von 691 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2003 bei 492 Millionen im Geschäftsjahr 2007 angelangt war.

Dass die Umsatzrückgänge und die Verluste keineswegs allein dem "schwierigen Markt", dem "starken Preiskampf" und dem "schwachen Marktumfeld" zuzurechnen waren, wusste man in Marl genau. Die oft hektischen und keineswegs mit der tragenden Säule des Geschäftes, dem Fachhandel, abgestimmten Aktivitäten zeigen dies deutlich.

Immerhin versuchten sich in den Jahren 2004 bis jetzt nicht weniger als vier Geschäftsführer respektive Vorstände an der Sanierung des Unternehmens. Doch diese, die auf den 2004 ausgeschiedenen Maxdata-Gründer Holger Lampatz folgten: Jürgen Renz, Marcus Adä und zuletzt Thomas Stiegler, schafften den Turn around nicht. Begleitet von Lampatz‚Äò teilweise öffentlich geäußerter Kritik an ihrer Strategie sorgten sie dafür, dass Maxdata immer kleiner wurde.

Als Jürgen Renz Anfang 2005 den Vorstandsstuhl besetzte, sprach er gegenüber ChannelPartner von einem "reibungslosen Übergang" und dem Festhalten an der seit Jahren bewährten Strategie: "Nur Geschäftskunden, 100-prozentiger-Indirektvertrieb und ausschließlich die Marken Belinea und Maxdata". Daran könnten sich die fast 6.000 Partner in Deutschland und die europaweit weiteren 4000 Partner orientieren. Damals beschäftigte Maxdata rund 1.245 Mitarbeiter, und diese sorgten nicht nur für "Just in Time"-Fertigung, sondern betreuten auch große Projekte, wie zum Beispiel den Austausch von 120.000 PCs bei der Bundesagentur für Arbeit. Zwar scheiterte dieses Projekt kläglich, da die von Maxdata gelieferten PCs sich überhitzten, doch musste man Renz nicht sofort widersprechen, wenn er sagte, dass die Expansionsstrategie des Unternehmens aufgehe.

Dass sie es dann doch nicht tat, sondern im Gegenteil Maxdata im Geschäftsjahr 2005 fast 35 Millionen Euro Verlust eintrug, kostete Renz im März 2006 nicht nur den Job, sondern Maxdata kündigte ein "umfassendes Restrukturierungsprogramm" an, dessen einer Bestandteil die Kündigung von 300 Mitarbeitern sein sollte.

Zur Startseite