Die Meinungen über die Zukunft von UMTS und M-Commerce sind geteilt

15.11.2001
Während sich die Akteure im Mobilfunkgeschäft in Zweckoptimismus üben, sind die IT-Entscheider ob der Zukunft von UMTS und M-Commerce eher skeptisch. Das ist das Ergebnis eines Trendbarometers von Timekontor.

Ins neue Sony-Center hatte Timekontor, ein Spin-off der Technologiestiftung Berlin, zum Elften Time-Markt eingeladen, der diesmal ausschließlich den Themenkomplexen Mobilfunk der Zukunft und M-Commerce gewidmet war. Zu den Teilnehmern zählten unter anderem Vertreter der Unternehmensberatung McKin-sey, von NTT Docomo, Compaq, Mobilcom und Iobox.

Zum Auftakt der Veranstaltung präsentierte Timekontor die Ergebnisse einer online durchgeführten Umfrage bei mehr als 100 IT-Entscheidern zum Thema "M-Commerce: Zukunftsvision oder greifbare Realität?" Der Studie zufolge gehen fast 70 Prozent der Teilnehmer davon aus, dass UMTS erst 2004 oder 2005 eingeführt wird. 28,5 Prozent rechnen mit der Einführung bereits im Jahr 2003.

Auf die Frage, für welche Anwendungen sie zu bezahlen bereit wären, nannten 62,5 Prozent der Teilnehmer Verkehrsinformationen. Mit 43,8 Prozent folgte die Möglichkeit, Videos und Filme herunterzuladen. 78,3 der Befragten gaben an, dass sie monatlich nicht mehr als 25 Euro für M-Commerce zu zahlen bereit wären.

Als größtes Hemmnis für den Erfolg von M-Commerce sehen 73,5 Prozent der IT-Entscheider ein ungünstiges Preis-Leistungs-Verhältnis und 71,9 Prozent fehlende Endgeräte. Die meisten Vorbehalte gegen die Nutzung von M-Commerce wurden hinsichtlich der Datentransferrate und der hohen Nutzungsgebühr geäußert.

Erfolg von I-Mode in Japan nicht übertragbar

So weit das eher düstere Stimmungsbild des IT-Barometers. Boris Maurer, Associate Principal der Unternehmensberatung McKin-sey, sieht die Zukunft der mobilen Informationsgesellschaft in einem viel positiveren Licht. Ihm zufolge werde mobile Kommunikation bald allgegenwärtig und das wichtigste Austauschmedium zwischen Menschen und Unternehmen sein. Haupteinnahmequellen werden Zugangs- und Verbindungsumsätze bilden. Als Killerapplikationen der Zukunft nennt McKinsey Voice und Datenkommunikation.

Die Mobilfunkbetreiber setzen ihre Hoffnungen dagegen auch auf Entertainment. Der Erfolg des mobilen Internetdienstes I-Mode von NTT Docomo in Japan könnte ihnen Recht geben. Jedoch sind die Verhältnisse in dem Land der aufgehenden Sonne nicht zwingend auf Europa übertragbar. Dies umso weniger, als sich NTT Docomo als Mobilfunk-Carrier aufstellt, der sich auf die Entwicklung attraktiver Services und Anwendungen konzentriert, den Bereich Content aber zur Gänze externen Partnern überlässt. Dies ist laut Kohei Sa-toh, Europachef von NTT-Docomo, das eigentliche Erfolgsrezept von I-Mode in Japan.

Aus dem Lager der UMTS-Lizenznehmer meldete sich Matthias Quaritsch, Pressesprecher der Mobilcom AG, zu Wort. Seiner Einschätzung nach werden die deutschen Mobilfunkumsätze bis 2006 auf 60 Milliarden Mark steigen, wovon sich sein Unternehmen aufgrund des oligopolen Marktes, der sich unter sechs Mitbewerbern aufteilt, zehn Milliarden Mark sichern will. Schon 2006 oder 2007 sollen die Mammutinvestitionen in einen Break-even umschlagen.

Aufsehen hat eine Studie von Marktforscher Frost & Sullivan erregt, wonach Wireless LAN UMTS die Show stehlen könnte (siehe ComputerPartner 43/01, Seite 68). Diese Sorgen teilen Jean Bondy, Produktmanager bei Compaq Deutschland, und McKinsey-Mann Maurer nicht. Sie sind überzeugt, dass UMTS und Wireless LAN komplementäre Technologien seien, die sehr wohl nebeneinander existieren könnten.

Kritische Töne kamen von Joseph Weizenbaum, Wissenschaftler am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) und einer der Väter des Internet. Er stellte die berechtigte Frage, wer die künftigen mobilen Dienste und Anwendungen überhaupt brauche. Seine provokante These, dass die Mobilfunkbranche Lösungen kreiere, die nach Problemen suchten, spiegelt laut Timekontor das verzweifelte Ringen um Anwendungen und Zielgruppen wider.

Was das Wissen über die Möglichkeiten von M-Commerce angeht, gibt die Unternehmensberatung Mummert + Partner den europäischen Unternehmen aufgrund einer Studie von Datamonitor ein glattes "Mangelhaft". Besonders der Wissensstand deutscher Kreditinstitute gebe zum Nachdenken Anlass. Dabei sind sich zwei von drei Finanzdienstleistern einig, dass M-Commerce in drei Jahren eine mittlere bis hohe Bedeutung gewinnen wird. Mummert + Partner rechnet mit dem Marktdurchbruch in drei bis fünf Jahren.

www.timekontor.de

www.mummert.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Möglichkeiten, die sich mit UMTS auftun, sind sicherlich aufregend. Wenn diese für den Anwender aber zu teuer sind und daher nicht oder kaum genutzt werden, dann fließen die ganzen Milliardeninvestitionen den Bach hinunter und versanden am Ende ebenso wie die Ausgaben für WAP. Ziel der UMTS-Lizenznehmer sollte daher nicht der schnelle Return on Investment sein, sondern möglichst schnell möglichst viele Nutzer für die neue Technologie zu begeistern und diese auch mit Leben zu erfüllen. Und das geht, wie NTT Docomo mit I-Mode in Japan bewiesen hat, nun einmal nur über den Preis. (kh)

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