Die Nachfrage nach Bluetooth-Chips übersteigt das Angebot um 30 Prozent

27.11.2003
Bluetooth mag für manch einen immer noch eine Totgeburt sein. Wachstumszahlen von über 100 Prozent lehren aber etwas anderes. Die Nachfrage ist sogar so groß, dass die Anbieter von Bluetooth-Chips mit der Lieferung nicht nachkommen. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

Trotz vielfacher Kritik über fehlende Standards und obwohl immer wieder in Gefahr, technologisch überholt zu werden, entwickelt sich Bluetooth prächtig. Im dritten Quartal 2003 hinkte die Verfügbarkeit von Bluetooth-Chips sogar um 30 Prozent hinter der Nachfrage hinterher. Bis Jahresende sei kaum abzusehen, dass sich die Situation ändere, erklärten taiwanesische Module-Hersteller und Apache Communication, der Distributor des britischen Chip-Anbieters Cambridge Silicon Radio (CSR) in Fernost einschließlich China, Taiwan und Südkorea.

Module-Produzenten in Taiwan klagen, dass CSR, nach eigenen Angaben Mitte 2003 mit 25 Prozent Marktanteil einer der größten Bluetooth-Chip-Hersteller, die Lieferzeiten auf drei bis vier Monate ausgedehnt habe. Grund für die Lieferengpässe ist unter anderem, dass sich mit der Versionsnummer 1.2 bereits ein neuerer Standard zu etablieren beginne und CSR daher für die Spezifikation 1.1 weniger OEM-Orders an Auftragsfertiger Taiwan Semiconductor (TSMC) vergebe. Vorteile der neuen Version sind unter anderem adaptives Frequenz-Hoppen und Fast Connection Mode, wie Sascha Böhmer, Sales Director bei Bluetooth-Lösungsanbieter Anycome - ehemals RFI Anycom, erklärt.

CSR hält bei den taiwanesischen Module-Herstellern einen Marktanteil von über 80 Prozent. Die meisten Bluetooth-Chips, nämlich 42,5 Prozent, werden in Handys und PDAs verbaut, der Rest geht in Mäuse, Tastaturen, Notebook-Mainboards und Headsets wie die von Ericsson, einer der ganz großen Lizenzinhaber und führenden Promotoren der Bluetooth Special Interest Group (www.bluetooth.org). In dieser SIG sollen nach dem Willen der Mitglieder alle Entwicklungsbemühungen gebündelt werden, um zu einheitlichen Standards zu finden. Proprietäre Alleingänge sollen damit Geschichte sein.

Benson Chang, Vice President für Sales und Marketing bei Apache, zufolge werden bis Jahres-ende etwa 65 bis 70 Millionen Bluetooth-fähige Geräte auf den Weltmarkt kommen. 2002 waren es noch 30 Millionen. 2004 sollen es 130 Millionen Stück sein, 16 bis 17 Millionen davon in Taiwan produziert.

Changs Prognose liegt somit sogar leicht über der von Ericsson-Lizenzchefin Maria Khorsand, die eine Woche zuvor davon ausgegangen war, dass sich die Zahl der ausgelieferten Blue-tooth-Chipsätze im kommenden Jahr von 60 auf 120 Millionen Stück verdoppeln werde. Anycom schätzt den Markt nach ABI-Daten sogar noch höher ein. Demnach sollen in diesem Jahr bereits weltweit 85 Millionen Bluetooth-Devices verkauft werden, 74,6 Prozent davon in den TK-Bereich, 20,2 Prozent in den IT-Sektor einschließlich Notebooks, Desktop-PCs, Drucker, Zubehör und PDAs, 2,4 Prozent in den Consumer-Sektor mit Geräten wie Digital-kameras und MP3-Playern und 2,8 Prozent in den Industriesektor einschließlich Automotive, Logistik und Medizintechnik. Auch ABI rechnet für 2004 mit einer Marktverdoppelung, womit deren Prognosen weit über denen von Ericsson und Apache liegen.

Die Einführung neuer mobiler Anwendungen wie PMGs (Personal Mobile Gateways) und CTPs (Cordless Telephony Profiles für die Anbindung von drahtlosen Bluetooth-Telefonen an ISDN-Anlagen) werden nach Ansicht der Ericsson-Managerin Khorsand den Bluetooth-Absatz deutlich fördern. Außerdem hätten führende Netzbetreiber wie O2, Orange, AT & T und Vodafone für 2004 bereits viele neue Bluetooth-Produkte angekündigt.

Das Preisgefälle - derzeit liegen die Volumenpreise für Blue-tooth-Chipsätze bereits bei 3,50 US-Dollar das Stück - wird ein Übriges tun, um die Nachfrage anzutreiben. "Alles unter fünf US-Dollar kann dem Markt nur gut tun", sagt Anycom-Manager Böhmer. Mit Freude beobachtet er ferner, dass der Markt sich mehr und mehr von der Technologiedebatte verabschiede und zur Anwendung findet.

Meinung des Redakteurs

Egal ob bei einer Marktverdoppelung im nächsten Jahr 120, 130 oder gar 190 Millionen Bluetooth-fähige Geräte herauskommen. So umstritten die Technologie war und ist und so oft sie schon tot gesagt wurde, setzt sich Bluetooth vor allem in Handys und Zubehör immer mehr durch. Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang, dass die großen Anbieter sich mittlerweile zu einer Interessens- gemeinschaft zusammengeschlossen haben, um dem proprietären Gewusel ein Ende zu bereiten und einheitliche Standards zu entwickeln.

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