Cloud-Giganten

Die Oracle-Cloud hat noch viel Luft nach oben



René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.

Oracle Cloud: Platform-as-a-Service

Oracles Platform-as-a-Service (PaaS-)Ansatz unterscheidet sich grundlegend von dem der Wettbewerber. Ein PaaS hat typischerweise die Aufgabe, eine umfangreiche, aber leichtgewichtige Entwicklungsumgebung bereitzustellen, auf der Anwendungen entwickelt und ausgeführt sowie deren Lebenszyklus verwaltet wird. Über ein Platform-Service-Modell werden bereits fertige granulare Funktionen als Service bereitgestellt, die sich wie Microservices in eine Applikation integrieren lassen. Oracle hingegen interpretiert seinen PaaS als eine große Plattform, welche in die einzelnen Kategorien Anwendungsentwicklung, Datenmanagement, Geschäftsanalysen, Integration, Collaboration und Mobile unterteilt ist. Hierunter finden sich dann wiederum die einzelnen Produkte, die sich auf eine bestimmte Zielgruppe oder einen Anwendungsfall konzentrieren. Zu den Angeboten gehören aktuell:

  • Java Cloud

  • Database Cloud

  • Application Builder Cloud

  • Developer Cloud

  • Mobile Cloud

  • Node Cloud

  • Java Standard Edition Cloud

  • Database Cloud Exadata Service

  • Big Data Cloud

  • Big Data Preparation Cloud

  • NoSQL Database Cloud

  • Database Backup Cloud

  • Business Intelligence Cloud

  • Big Data Discovery Cloud

  • Internet of Things Cloud

  • Integration Cloud

  • Messaging Cloud

Jede der oben genannten Lösungen wird von Oracle separat als Teilsegment der Oracle Cloud betrachtet. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Angebote (zum Beispiel die Developer Cloud) sich aktuell nur an US-Kunden richtet. Das sollte einen deutschen Interessenten allerdings nicht davon abhalten, das Produkt trotzdem zu testen. Weiterhin stellt Oracle derzeit keine fertigen Microservices zur Verfügung, die sich von Entwicklern nutzen lassen, um eigene Applikationen um Funktionen zu erweitern, ohne diese extra selbst entwickeln zu müssen.

Die Perspektive: In der Public Cloud hat Oracle großen Nachholbedarf

Angesichts der breiten On-Premise-Kundenbasis besitzt Oracle, wie auch andere renommierte IT-Anbieter, gute Voraussetzungen, um Kunden über einen hybriden Ansatz in die eigene Public Cloud zu überführen. Im Verhältnis zur On-Premise-Infrastruktur- und den Datenbank-Deployments ist Oracle in der Public Cloud indes immer noch ein Zwerg. Während der Konzern im Datenbankumfeld als Gigant gilt, besteht im IaaS- und auch im PaaS-Bereich noch großer Nachholbedarf. Die Gründe hierfür liegen in der "Augen zu und durch"-Strategie beziehungsweise ablehnenden Haltung gegenüber der Public Cloud in den letzten Jahren. Den Vorsprung, den sich mächtige Konkurrenten wie Amazon Web Services, Microsoft Azure oder auch Google erarbeitet haben, kann Oracle nur mit sehr großen Anstrengungen aufholen. Dieses Vorhaben gleicht einer Herkulesaufgabe.

Mit seinem PaaS-Angebot versucht Oracle für alle derzeit wichtigen Bereiche, darunter Entwicklerplattformen, Internet of Things oder Daten und Datenmanagement, eine Antwort zu liefern. Das ist einerseits die richtige Strategie, denn ein breites Portfolio, das unterschiedliche Zielgruppen adressiert, kann auf Unternehmenskundenseite zu einer höheren Attraktivität führen, um als One-Stop-Shop wahrgenommen zu werden.

Andererseits macht es genau dieses große Portfolio Kunden schwer, genau zu verstehen, wofür Oracle in der Cloud steht, welche Lösungen tatsächlich vorhanden sind und wie diese zusammenspielen. Oracle muss es schaffen, sein Angebot zu straffen und ein Portfolio aus einem Guss zu präsentieren. Das fängt damit an, dass PaaS künftig als alleinige zentrale Anlaufstelle für die Kunden gilt. Innerhalb dieser Plattform sollten sich dann die jeweiligen Kategorien finden und als Teil einer Gesamtapplikation integrieren lassen. Denn aktuell steht jedes Angebot für sich selbst und erscheint als Insellösung. (wh)

Oracle Cloud Pro & Contra

Pro

  • Breite bestehende Kundenbasis

  • Guter Zugang zu Unternehmenskunden

  • Vollständiger Cloud Stack und ein breites Portfolio

Contra

  • IaaS im Vergleich zu den Marktführern nicht wettbewerbsfähig

  • PaaS-Angebot fehlt der Fokus

  • Oracle ist ein Technologie-Follower und viel zu spät auf den Cloud Zug aufgesprungen

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