Die Qual der Wahl bei der Unternehmensform

06.10.1998

BERLIN: Ob allein oder mit einem oder mehreren Partnern im Boot: Eine der schwierigsten Entscheidungen, die Unternehmen in der Gründungsphase treffen müssen, ist die Wahl der richtigen Unternehmensform. Die Möglichkeiten reichen dabei von der Ein-Mann-GmbH über die kleine AG bis hin zu offenen Rechtsformen.

Relativ leicht hat es der Existenzgründer, der ein Unternehmen im Alleingang ohne Partner aufbauen möchte. Er hat die Wahl zwischen der Form eines Einzelunternehmens und der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die sogenannte Ein-Mann-GmbH bietet ihm den Vorteil, Haftungsrisiken zu beschränken. Mit 50.000 Mark Stammkapital ist man dabei.

Um die Haftung für Schulden der GmbH auf das Stammkapital zu begrenzen, müssen mindestens 25.000 Mark eingezahlt werden.

Die GmbH-Gründung hat allerdings einen Nachteil - Pläne einer GmbH-Gründung werden dadurch oftmals bereits im Keim erstickt: Die bei der Gründung einzuzahlenden 25.000 Mark müssen vom Unternehmer aufgebracht und in dem Gesellschaftsvermögen belassen werden.

Einfachere Anteilsübertragung bei der AG

Rein theoretisch stehen dem Alleingründer noch zwei weitere Möglichkeiten offen, sein Unternehmen in die richtige Form zu gießen. Zum einen kann er eine Aktiengesellschaft gründen - die sogenannte Ein-Mann-AG.

Hierfür sind mindestens 100.000 Mark zu berappen. Der Vorteil gegenüber einer Ein-Mann-GmbH liegt darin, daß die Übertragung von Aktien wesentlich einfacher ist als die Übertragung von GmbH-Anteilen. Der Verkauf von GmbH-Anteilen bedarf der notariellen Beurkundung; beim Verkauf von Aktien ist dies nicht der Fall. Die Gründung einer Ein-Mann-AG sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn eine zügige und komplikationslose Anteilsübertragung an Partner und Investoren beabsichtigt ist.

Einzelkämpfer können auch im Alleingang eine GmbH & Co. KG gründen. Zunächst muß zu diesem Zweck eine GmbH-Gründung erfolgen, dann die Gründung einer Kommanditgesellschaft, deren einer Gesellschafter die GmbH und deren anderer Gesellschafter der Ein-Mann-Gesellschafter als Kommanditist ist. Die Ein-Mann-GmbH- &-Co.-KG ist dann eine Partnerschaft zwischen der eigenen GmbH und dem Unternehmer selbst. Eine GmbH & Co. KG bietet sich an, wenn eine Vermögensaufteilung zwischen zwei juristisch selbständigen Gesellschaften sinnvoll erscheint. Die Aufteilung kann so aussehen, daß der KG das gesamte Betriebsvermögen gehört und die GmbH lediglich als Verwaltungsgesellschaft die Geschäfte der KG führen soll. Die Gründung einer GmbH & Co. KG kommt aber auch dann in Frage, wenn die Beteiligung von Investoren beabsichtigt ist und diesen in Zukunft weitere Kommanditanteile eingeräumt werden sollen.

Sitzen mehrere Existenzgründer gemeinsam in den Startlöchern, stehen sie vor der Qual der Wahl. Nicht gerade hoher Beliebtheit erfreut sich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz GbR. Will nämlich das Unternehmen ein Handels- oder ein anderes Gewerbe betreiben, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind die zwingenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) anwendbar. Als einfachste Form einer Handelsgesellschaft kommt dann die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft (OHG), keinesfalls aber die Gründung einer GbR in Frage.

Soll schnell Geld in die Hütte kommen: AG und GmbH & Co. KG

Ist es Ziel der Unternehmensgründer, möglichst schnell und möglichst viele Investoren mit ins Boot zu nehmen, empfiehlt sich die Gründung einer Aktiengesellschaft. In diesem Fall bietet sich auch die Gründung einer sogenannten Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) an, die mindestens fünf Personen erfordert. Der Nachteil: Einer der Gesellschafter muß die Rolle des persönlich haftenden Gesellschafters übernehmen.

Für die Kapitalbeschaffung vorzüglich geeignet ist auch die Kommanditgesellschaft, insbesondere die GmbH & Co. KG. Häufig wird nur ein Kommanditist bestellt. Dieser beteiligt sich zwar finanziell an der Gesellschaft, bleibt aber in Sachen Geschäftsführung ausgechlossen. Der Kommanditist agiert somit als Treuhänder für eine beliebige Anzahl von Anlegern, die mit dem Kommanditisten Treuhandverträge schließen. Trotz wechselnder Anleger bleibt der Kommanditist stets derselbe, aufwendige Handelsregisterumschreibungen entfallen.

Leicht übertragbar sind auch Anteile an einer eingetragenen Genossenschaft. Nach dem Genossenschaftsgesetz ist jedoch dieser Unternehmensform nur der Betrieb einiger weniger Unternehmen gestattet. Beispielsweise Absatzgenossenschaften, Kreditvereine, Konsumvereine, Produktivgenossenschaften, Wohnungsgenossenschaften und landwirtschaftliche Genossenschaften.

In der Praxis fällt die Wahl der Unternehmensform oft auf die am einfachsten zu gründende Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Zunächst liefert die Haftungsbeschränkung einen klaren Anreiz. Allerdings sollte den GmbH-Gründern bewußt sein, daß die Haftungsbeschränkung bei einer GmbH im praktischen Alltag oft wenig wert ist. Nimmt eine GmbH einen Kredit auf, so verlangt die Bank regelmäßig Bürgschaften der Gesellschafter. Wer sich dann persönlich für Bankschulden der GmbH verbürgt, haftet genauso wie ein Einzelunternehmer für die Bankverbindlichkeiten der GmbH.

Einfach und günstig: die OHG

Noch wesentlich einfacher als eine GmbH läßt sich eine offene Handelsgesellschaft (OHG) oder gar eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen. Für beide gibt es keinerlei Formvorschriften.

Wie bereits erwähnt, kommt eine GbR nur dann in Betracht, wenn keine kaufmännische Tätigkeit beabsichtigt ist. Die OHG-Gründung empfiehlt sich dagegen immer dann, wenn auf möglichst einfache Weise ein Unternehmen aus der Taufe gehoben werden soll und die Gründer zunächst einmal kein Startkapital aufbringen können oder wollen.

Bei der OHG ist die Führung der Geschäfte und die gesetzliche Vertretung ebenso wie bei der KG und bei der KGaA nach dem Gesetz allen Gesellschaftern mit Ausnahme der Kommanditisten überlassen.

Bei der GmbH obliegt die Geschäftsführung und die gesetzliche Vertretung den Geschäftsführern, die von der Gesellschafter-versammlung bestellt wurden. Die Aktiengesellschaft wird dagegen von einem Vorstand angeführt, daneben muß noch ein Aufsichtsrat als Kontrollorgan bestehen.

Die Nachfolgeregelung nicht vergessen

Selten denkt man bei der Gründung eines Unternehmens bereits an den Fall der Übertragung des Unternehmens an Dritte, beispielsweise im Todesfall einzelner Gründer. Dabei ist jedoch die Regelung der Unternehmensnachfolge mehr als ratsam, wie die tägliche Praxis zeigt. Werden in Gesellschafterverträgen von Personengesellschaften, das heißt OHG-, GbR- und KG-Verträgen, keine klaren Regelungen in dieser Frage getroffen, so ist die gesetzliche Folge im Todesfall eines der Gesellschafter vielfach die Auflösung der Gesellschaft und damit die Liquidation des Unternehmens.

Anders ist dies bei Kapitalgesellschaften, insbesondere bei der GmbH und der Aktiengesellschaft, bei der die Gesellschaftsanteile automatisch dem Erben zufallen. Ähnliches gilt für den Fall, daß einer der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden möchte. Ist das zwischen den Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag nicht klar geregelt, so droht bei Personengesellschaften die Liquidation des Unternehmens, während bei Kapitalgesellschaften eine vergleichsweise einfache Übertragung der Anteile an Dritte möglich ist.

Nicht unattraktiv: die stille Gesellschaft

Ein einfaches, in der Praxis jedoch viel zu selten gewähltes Mittel, Investoren an einem Unternehmen zu beteiligen, ist die Gründung einer sogenannten stillen Gesellschaft. Der stille Gesellschafter stellt dem Unternehmen aufgrund eines entsprechenden Vertrags eine Einlage zur Verfügung und wird an dem Gewinn und Verlust der Gesellschaft entsprechend der Höhe seiner Einlage beteiligt, ohne Einfluß auf die Geschäfte des Unternehmens zu nehmen. Für eine Beteiligung als stiller Gesellschafter eignet sich jedes Unternehmen, unabhängig von dessen Rechtsform. Rechtlich entstehen in diesem Fall weitere Gesellschaften: Zu der im Handelsregister eingetragenen GmbH treten stille Gesellschaften mit Investoren. Stille Gesellschaften können ohne jegliche Rechtsformalien gegründet werden, ein Eintrag ins Handelsregister ist nicht erforderlich.

Die Wahl der richtigen Rechtsform ist naturgemäß nicht nur eine Frage der rechtlichen, sondern auch der steuerlichen Konsequenzen. Existenzgründer sollten daher neben dem Rat ihres Rechtsanwalts auch immer eine Empfehlung ihres Steuerberaters einholen.

*Der Autor, Rechtsanwalt Niko Härting, leitet die Berliner Kanzlei

Härting und ist auf Multimedia und Immobilien spezialisiert.

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