Die rechtliche Seite

06.04.1998

Die Verlängerung des Gewährleistungsrechts für den Endverbraucher - sollte sich der Richtlinienentwurf der EU durchsetzen - hätte für den Handel in mehr als nur einer Hinsicht drastische Folgen. Mit der neuen Situation setzte sich Rechtsanwalt Johannes Fiala auseinander:

"Die Verlängerung der Gewährleistungsfrist wird nur für das Vertragsverhältnis zwischen Handel und Endkunde gelten. Beim Einkauf der Waren vom Hersteller bleibt es dabei, daß nach dem Handelsrecht und Kaufleuten eine unverzügliche Untersuchungs- und Rügefrist besteht, ñ 377 HGB. Das gilt generell - sowohl für Mängel als auch für Falschlieferung an den Händler. Bei normaler Gewährleistung bedeutet das also, daß sich das Risiko mehr als vervierfacht - je älter das Produkt, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten eines Mangels. Der Händler tut gut daran, für ein ausreichendes finanzielles Polster zu sorgen und seine Preiskalkulation zu überprüfen. Gibt der Hersteller eine Garantie, dann wird der Händler zum Verpackungs- und Versandunternehmen für den Endkunden. Viele Hersteller nehmen keine Garantiefälle vom Kunden an - manche Kunden überlassen dem Händler die lästige Abwicklung. In dieser Hinsicht wird sich der Aufwand des Händlers wohl ebenfalls mehr als vervierfachen. Wenn der Händler eine sichere Kalkulationsgrundlage bekommen möchte, muß er mit seinem Lieferanten klare Absprachen treffen, um praktisch eine Rückversicherung zu erhalten. Eine Alternative wäre, mit einem Versicherer eine Spezialpolice auszuhandeln und die zusätzlichen Risiken dort abzudecken. Damit werden dann ungewisse Kosten und Arbeitsausfälle durch eine stetige Versicherungsprämie ersetzt. Der Gesetzgebungsprozeß für die Richtlinie ist noch nicht abgeschlossen. Die Mitgliedsstaaten der EU werden die Richtlinie danach noch umsetzen müssen. Der entscheidende Einschnitt für den Handel sind jedoch weniger die wohl abschätzbaren Mehrkosten durch Verlängerung der Gewährleistungsdauer. Für den Handel gravierend wäre vielmehr die Umkehr der Beweislast für die ersten sechs Monate. Damit hat der Händler gegebenenfalls die Kosten für einen Sachverständigenbeweis im Prozeß vorzuschießen. Bisher war das ein Posten, den der Endkunde zunächst übernehmen mußte. Eine Rechtsschutzversicherung für den Handel zur Abdeckung derartiger Kosten gibt es jedoch seit Mitte der 70er Jahre auf dem deutschen Markt nicht mehr. Damit werden die sowieso gesunkenen Handelsspannen im Vertrieb noch weiter unter Druck geraten. Vermutlich werden zunehmend weniger Händler in der Lage sein, sich auf dem Markt zu halten.

Wer sich über die derzeitigen Rechte des Endkunden im Binnenmarkt informieren möchte, kann einen Blick in den "Leitfaden für den europäischen Verbraucher" werfen (ISBN 92-826-8698-1).

Johannes Fiala, MBA, Inhaber einer Rechts- und Patentanwaltskanzlei in München, betreut bundesweit KMU, insbesondere im Bereich Steuern, Finanzen, Unternehmensnachfolge sowie Technologierecht.

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