Die Rivalen der Marktführer: Die ständige Hatz nach den Big Playern

28.06.1996
MÜNCHEN: Es gibt Softwaremärkte, die von einem einzigen Hersteller klar dominiert werden. Schiere Größe und das Bewußtsein der Unantastbarkeit führen dann nicht selten zu Behäbigkeit in der Reaktion auf Wünsche von Anwendern und Handelspartnern. Obendrein ermutigt jede dominierende Martktstellung zu einer kernigen Preisgestaltung. Aber immer wieder treten kleinere Hersteller an, den Leadern ein paar Prozente abzunehmen.Navision, AutoPack und Felix kennt hierzulande sicherlich nicht jeder. Anders ist das bei SAP, KHK und Autodesk. Als Hersteller betriebswirtschaftlicher Software verschiedener Größenordnungen beziehungsweise CAD-Programmen gelten die drei Unternehmen als Marktführer. Das hindert Anwender, Handel und/oder Systemhäuser nicht daran, gelegentlich Unzufriedenheit zu äußern. Bei SAP sind es im wesentlichen die Mächtigkeit der Lösung und daraus resultierend der Aufwand für Einführung und Service, die Anwender ins Grübeln geraten lassen. KHK-Partner beklagten Fehler in den Produkten und laschen Support. Im Fall von Autodesk war es schlicht das Release 13 von Autocad, das durch reichlich Bugs beeindruckte. Auch eine flugs nachgelegte Fassung bereitete den Vertriebspartnern mehr Kummer als Freude.

MÜNCHEN: Es gibt Softwaremärkte, die von einem einzigen Hersteller klar dominiert werden. Schiere Größe und das Bewußtsein der Unantastbarkeit führen dann nicht selten zu Behäbigkeit in der Reaktion auf Wünsche von Anwendern und Handelspartnern. Obendrein ermutigt jede dominierende Martktstellung zu einer kernigen Preisgestaltung. Aber immer wieder treten kleinere Hersteller an, den Leadern ein paar Prozente abzunehmen.Navision, AutoPack und Felix kennt hierzulande sicherlich nicht jeder. Anders ist das bei SAP, KHK und Autodesk. Als Hersteller betriebswirtschaftlicher Software verschiedener Größenordnungen beziehungsweise CAD-Programmen gelten die drei Unternehmen als Marktführer. Das hindert Anwender, Handel und/oder Systemhäuser nicht daran, gelegentlich Unzufriedenheit zu äußern. Bei SAP sind es im wesentlichen die Mächtigkeit der Lösung und daraus resultierend der Aufwand für Einführung und Service, die Anwender ins Grübeln geraten lassen. KHK-Partner beklagten Fehler in den Produkten und laschen Support. Im Fall von Autodesk war es schlicht das Release 13 von Autocad, das durch reichlich Bugs beeindruckte. Auch eine flugs nachgelegte Fassung bereitete den Vertriebspartnern mehr Kummer als Freude.

Hersteller von Alternativprodukten können also zumindest mit offenen Ohren bei Handel und Anwendern rechnen. Ob dem dann mehr folgt, hängt von der Qualität des Produktes und den Gepflogenheiten im Umgang mit Vertriebspartnern ab.

Beispiel 1: Navisison - made in Denmark

Unser nördlicher Nachbar genießt als Erzeuger von Milchprodukten, Tabakspfeifen und gutem Design hohe Anerkennung. In Sachen Software war Dänemark bislang weniger auffällig. Das soll sich ändern, meint jedenfalls Navisison, Anbieter des gleichnamigen betriebswirtschaftlichen Programms. Mit seinen Client-Server-Lösungen zielt das Unternehmen bevorzugt auf mittelständische Anwender - Größenordnung von zehn bis zu 100 Clients je Server.

Das war noch vor nicht allzu langer Zeit ein Markt, auf dem sich kaum nennenswerte Anbieter tummelten. Die relevante Installationsgröße war für SAP mit R/2 und R/3 ein wenig zu klein, für KHK ein wenig zu groß. Heute sieht die Sache anders aus. Mit der Office-Line peilt KHK Anwenderkreise an, die mit dem traditionellen, auf Kleinunternehmen abgestimmten Produktprogramm nichts anfangen konnten. Die SAP bemüht sich mittlerweile ebenfalls recht intensiv um Kunden aus dem Mittelstand, nachdem erste Versuche in dieser Richtung wenig Echo fanden. Das Walldorfer Vorzeigeunternehmen germanischer IT-Kompetenz kam nicht so recht in die Strümpfe.

Insbesondere die Mächtigkeit der Lösung und die beachtlichen Nachfolgekosten für Service und Programmpflege schreckten potentielle Anwender ab. Genau in diesen Punkten positioniert sich Navision als tragfähige Alternative. Die Zielgruppe stimmt dem offensichtlich zu, denn die 1990 gegründete deutsche Tochtergesellschaft legt beachtliche Wachstumsraten an den Tag. Im Geschäftsjahr 94/95 brachten es die Hamburger auf einen Gesamtumsatz 25,5 Millionen Mark, 95/96 sollen es 41 Millionen werden.

Navision darf als ausgesprochen schlankes Unternehmen gelten. Die Gruppe beschäftigt gerade einmal 150 Mitarbeiter, in Deutschland sind es 15. Ein Grund hierfür ist die "Denke" zum grundsätzlichen Aufbau der Software und dem damit verbundenen Partnerkonzept, von dem noch die Rede sein wird.

Die Produktpalette

Bei Navision Software geht es um die kaufmännischen Client-Server-Lösungen Navision und Navision Financials. Letzgenannte ist die soeben auf der CeBIT vorgestellte grafische Version des weltweit in rund 25.000 Unternehmen eingesetzten Programmpakets. Beide basieren auf einer Navision-eigenen Datenbanktechnologie SIFT (= Sum-Indexed Flow Technology), die Informationen auch aus großen Datenmengen rasch bereitstellt.

Bei der Entwicklung betriebswirtschaftlicher Software übt sich Navision in Selbstbeschränkung - Motto: weniger ist manchmal mehr. Es gehört zur Philosophie des Hauses, keine "300-Prozent-Lösungen" anzubieten, aus denen sich der geplagte Anwender dann unter Inanspruchnahme teurer Beratertage "seine" Lösung zusammenbasteln muß. Die Dänen versichern glaubhaft, daß es günstiger sei, mit einigen Grundmodulen (Fibu, Debitorenbuchhaltung und Verkaufssteuerung, Kreditorenbuchhaltung und Einkaufssteuerung, Lagerverwaltung, Projektmanagement und Ressourcenmanagement) rund 80 Prozent der Kundenanforderungen abzudecken. Für die fehlenden 20 Prozent sind zunächst die Landesvertretungen sowie die Vertriebspartner zuständig, die mit neutralen und branchenbezogenen Zusatzmodulen die Komplettlösung abrunden. Das reicht vom allgemeinen Personalwesen bis zur Branchenlösung für Schiffsmakler. Je nach Bedarf kommen dann anwenderspezifische Anpassungen hinzu.

Diesem Konzept liegt eine Produktphilosophie zugrunde, die man getrost als nachvollziehbar bezeichnen darf. Warum sollte der Anbieter einer Komplettlösung die 814. Lohn- und Gehaltsabrechnung programmieren, auf die nun wirklich niemand gewartet hat? So liefert Navision die besagten 80 Prozent, den Rest bekommt der Anwender über das Solution Center, das die Installation vornimmt und die Mitarbeiter schult.

In der praktischen Arbeit mit den Programmen beeindrucken hohes Tempo und vielseitige Anpaßbarkeit aller Bildschirmmasken, Listen und Informationstools. Das gilt für die nach wie vor aktuelle zeichenorientierte Version Navision 3.55 und laut Hersteller sogar noch verstärkt für die Windows-Version Navision Financials 1.00. Ewig lange Funktionsketten auf dem Weg zum Eingabe- oder Abfrageziel kennen die Programme nicht, stattdessen gestatten sie Quersprünge durch alle Funktionsbereiche.

Aus Sicht der Anwender besonders begrüßenswert dürfte auch die unproblematische Anbindung an die Standards der Bürokommunikation sein. Beispielsweise lassen sich Serienbriefe wie gewohnt in WinWord erstellen - Kundenadressen werden aus Navision übernommen, und das mit ungewöhnlich hoher Geschwindigkeit.

Zur preislichen Größenordnung: Bei der zeichenorientierten Version bewegen sich typische Installationen in der Preisklasse zwischen 30.000 und 120.000 Mark, inklusive Anpassung und Schulung. Für Navision Finan-cials werden es ein paar Mark mehr sein, Grafik ist eben zuschlagpflichtig. In beiden Fällen kommen 1,2 bis 1,4 Prozent monatlich für Wartung dazu. Damit paßt Navision eigentlich zwischen die traditionellen Märkte von KHK und SAP - nur KHK will größere Installationen angehen und SAP kleinere.

Beispiel 2: Felix - made in Berlin

Wilfried Gräbert darf ruhigen Gewissens als ein Pionier des deutschen CAD-Marktes gelten. Schon im Jahr 1983 begann er mit dem Vertrieb von PC-CAD-Systemen. Als Distributor war Gräbert der erste, der AutoCAD hierzulande den Markt bereitete. Allerdings trennten sich 1993 seine Wege von denen des Marktführers Autodesk. Seitdem tritt er als Anbieter eigener Produkte auf.

Vom kontinuierlich wachsenden Markt für CAD-Produkte wollen sich die Unternehmen der Gräbert-Gruppe ein Scheibchen abschneiden. Die Gruppe besteht derzeit zunächst aus der Berliner AutoPack GmbH, deren Aufgaben die Weiterentwicklung der eigenen CAD-Branchenlösungen sowie der indirekte Vertrieb über Distributoren und Fachhändler sind. Zweites Unternehmen der Gruppe ist die FelixCAT GmbH, wobei CAT für Computer Aided Technologies steht. Sie übernimmt mit Büros in Berlin und im US-amerikanischen Novato die Entwicklung des Kernsystems und die Betreuung der Applikationsentwickler.

Die Produktpalette

Kern der Angebotspalette von AutoPack ist die branchenorientierte Produktfamilie AutoPack solo. Für die drei Bereiche Architektur, Elektrotechnik und Maschinenbau gibt es die einschlägige CAD-Software in jeweils drei unterschiedlichen Versionen, Starter, Starter+ und Master genannt.

Die Starter-Produkte richten sich an Einsteiger, die mit 16-Bit-Performance bestens klarkommen. Klarkommen läßt sich auch mit dem VK von 1.380 Mark. Starter+ enthält zusätzlich eine DWG-Schnittstelle und die 32-Bit-Technologie, was sich in einem VK von 2.243 Mark niederschlägt. Für Profis sind die Master-Pakete bestimmt. Sie bieten dann den vollen Funktionsumfang und kosten 9.660 Mark.

Die beiden Autoren Frank Gotta und Rolf Hoerner sind Inhaber des Redaktionsbüros Doppelpunkt in Karben.

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