Die zehn Gebote der Media Relations

26.06.2003
Viele Unternehmen verwechseln Public Relations mit kostengünstiger Werbung. Diese Einschätzung kann kontraproduktiv sein. Wann Pressearbeit zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Agenturen und Journalisten wird, verrät Christoph Schwartz.

"Wir hätten gerne einen zweiseitigen Artikel über die Vorteile unseres neuen Produktes in ComputerPartner. Was kostet das?" So oder mit ähnlichen Aufträgen treten Unternehmen immer wieder an PR-Agenturen heran. Eigentlich müsste man diese Unternehmen direkt an die Anzeigenabteilung verweisen. Aber dann versucht man doch, ihnen den Grundgedanken der Media Relations zu vermitteln.

Von Beziehungsaufbau und Langfristigkeit, von der Vermittlung von Kenntnissen über Produkte und Strategien der Unternehmen ist dann die Rede. Public-Relations-Agenturen betonen den Gedanken der Zuarbeit und Dienstleistung gegenüber den Journalisten und versuchen, ihren potenziellen Kunden klar zu machen, dass Journalisten nicht instrumentalisiert werden wollen. Dies zu verstehen und zu akzeptieren weigern sich viele Unternehmen.

Manche erkennen aber doch, dass PR-Agenturen tatsächlich der Wegweiser durch den Mediendschungel sein können und entscheidend zu einer funktionierenden Kommunikation mit den Medien beitragen. Die folgenden zehn Gebote der Media Relations sollen Ihnen im Umgang mit Ihrer PR-Agentur und mit Journalisten helfen:

1. Langfristigkeit: Verstehen Sie die Kommunikation mit der Presse nicht als Platzieren von Artikeln, sondern als Vermittlung von Informationen und langfristigen Aufbau von Beziehungen zu Journalisten und Medien. Wie auch sonst im Leben bedeutet dies, sich kennen zu lernen, dem anderen Wissen über sich zu vermitteln und Versprechen oder Ankündigungen einzuhalten. Ohne Glaubwürdigkeit gibt es kein Vertrauen.

2. Vorbereitung: Wenn Sie im Umgang mit Medien unerfahren sind, führen Sie mit Ihrer Agentur ein Medientraining durch. Solche Trainings erklären Ihnen die Medienlandschaft, vermitteln Ihnen den richtigen Umgang mit Journalisten und stärken Sie auch in schwierigen Gesprächssituationen. Darüber hinaus werden auch Ihre unternehmensspezifischen Botschaften entwickelt und deren Vermittlung trainiert.

3. Presseverteiler: Nehmen Sie die Pressedatenbank Ihrer Agentur genau unter die Lupe. Wer heute noch mit Excel-Sheets arbeitet, verfügt meist nicht über eine zentrale Adressdatenbank und schon gar nicht über eine gepflegte Kontakthistorie. Unter Umständen arbeitet dann PR-Berater A mit anderen Datensätzen als PR-Berater B, und keiner weiß, was der andere mit dem Journalisten C besprochen hat. Eine täglich gepflegte, aktuelle Adressdatenbank ist eine notwendige Bedingung für die zielgerichtete Auswahl der relevanten Medien.

4. Pressekontakt: Sorgen Sie dafür, dass die Presse-Ansprechpartner (auf Kunden- und Agenturseite) namentlich genannt werden. Machen Sie den Journalisten die Kontaktaufnahme so einfach wie möglich. Ansprechpartner müssen direkt im Pressebereich auf der Unternehmens-Website aufgeführt werden - und zwar mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Kein Journalist will erst eine Presseinformation öffnen und den Text bis nach unten scrollen, um dort nach dem Pressekontakt zu suchen.

5. Kompetenz: Erwarten Sie von Ihrer Agentur unbedingt, dass sie Ihre Unternehmensstrategie und-ziele versteht und sich Kompetenz und Kenntnisse in Bezug auf Ihre Produkte aufbaut. Machen Sie - wenn nötig - ein ausführliches Produkttraining mit Ihrer Agentur und sprechen Sie regelmäßig auch auf Geschäftsführungsebene miteinander. Nur eine kompetente Agentur wird von Journalisten ernst genommen und auch genutzt.

6. Steuerung der Kommunikation: Lassen Sie nicht jeden Mitarbeiter nach Belieben mit der Presse sprechen. Weder Assistenz (nicht zwingend Presse-erfahren) noch Geschäftsführung (selten erreichbar) sind der richtige Pressekontakt. Ihre Agentur ist als externe Pressestelle immer erreichbar und muss jedem anfragenden Journalisten einen sofortigen und umfangreichen Support bieten können. Bei Journalistenanfragen wird von Ihrer Agentur neben der Priorität der Anfrage zugleich auch immer der jeweilige Adressdatensatz überprüft (Thema Adressverteiler) und in Erfahrung gebracht, welche weiteren Informationen für den Journalisten noch nützlich sind. (Woran arbeitet der Journalist gerade? Was könnte inhaltlich noch zum Thema passen? Benötigt er ein Bild? Würde ihm ein Interview mit der Geschäftsführung helfen?)

7. Dienstleistung: Verstehen Sie Ihre Agentur auch als Dienstleister für Journalisten. Hier haben Sachlichkeit, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit oberste Priorität. Wenn Ihre Agentur dies in der Zusammenarbeit mit Ihnen ebenfalls verlangt, liegt das vor allem in der Absicht, gegenüber Journalisten schnell und korrekt zu agieren. Eine E-Mail-Anfrage von Journalisten sollte Ihre Agentur beispielsweise regelmäßig innerhalb von zwei Stunden beantworten.

8. Fakten, Fakten, Fakten: Ihre PR-Agentur weiß in der Regel, wie man Pressetexte schreibt. Auch wenn Ihnen diese Texte nicht positiv genug sind, hören Sie auf Ihre Agentur: Superlative, werbliche Aussagen und unkonkrete Phrasen (meist in US-Presseinfos) haben in einem deutschen Pressetext nichts zu suchen. Journalisten wollen ausschließlich Fakten geliefert bekommen und sich ihr Urteil selbst bilden. Dies ist in der Regel auf anderthalb Seiten möglich - hinzu kommen nur noch die Kontaktangabe und die Boilerplate (eine kurze Hintergrundinformation über die Tätigkeit der Firma).

9. Kritische Überprüfung: Ermuntern Sie Ihre Agentur immer wieder zur kritischen Betrachtung Ihrer Unternehmenskommunikation und Unternehmensbotschaften. Externe "Kollegen" sehen oft mehr als man selbst. Auch wenn Ihre Agentur Dienstleister ist, sollte sie kritisch sein, eigene Überzeugungen vertreten und nicht nur Ihr Erfüllungsgehilfe sein.

10. Mehr als Pressearbeit: Denken Sie über den Tellerrand hinaus. Die Königsdisziplin lautet anfangs meist "Pressearbeit". Dabei umfasst Public Relations mehr: Mitarbeiter- und Kundenmagazine, Internetauftritt, Organisation von Workshops, Sponsoring, Firmenveranstaltungen oder Reden auf Kongressen gehören ebenfalls zu einem Erfolg versprechenden Kommunikations-Mix. Ihre Agentur wird Ihnen diese Dienstleistungen auch anbieten.

Sicherlich kann man kurzfris-tige Erfolge auch ohne stabile Beziehungen zur Presse erzielen. Wer aber langfristig denkt, neben Wissen auch Vertrauen aufbauen will und eine kontinuierliche Presseresonanz anstrebt, sollte die zehn Gebote der Media Relations beachten und die Medien wie Partner behandeln. Die Kompetenz Ihrer PR-Agentur wird Ihnen dabei helfen.

www.schwartzpr.de

Christoph Schwartz ist Inhaber von Schwartz Public Relations in München. Die Agentur ist spezialisiert auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen aus der IT-Industrie.

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