"Die Zeit für Gespräche nutzen"

28.11.2002
Egal, ob man nun HP als fünf- oder sechstgrößte Software-Company der Welt betrachtet: Nach dem Merger mit Compaq gewinnt das Softwaregeschäft immer mehr an Bedeutung, wie die europäische Partner-Veranstaltung unter Beweis stellte.

Mit 2.100 Teilnehmern konnte Hewlett-Packard 50 Prozent mehr Besucher auf der Software Universe begrüßen als im Vorjahr - angesichts schwindender Teilnehmerzahlen auf sonstigen Messen, Kongressen und Partner-Veranstaltungen sicherlich ein ermutigendes Zeichen für die Company. Dabei kommen HPs Softwaregeschäftspartner weniger wegen der Neuankündigungen und Strategie-Debatten zum Partner-Event, vielmehr nutzen sie die zwei bis drei Tage für intensive Gespräche mit Kunden und Softwareentwicklern, lautet der übereinstimmende Tenor der deutschen Kongressteilnehmer.

Denn viel Neues hatte Hewlett-Packard in Lissabon eigentlich nicht anzukündigen. Es tauchte lediglich das Schlagwort des "adaptive Management" auf. Darunter versteht der Hersteller eine schnellere Reaktion des IT-Departments auf die geänderten Bedürfnisse der Anwender. Möglich machen soll dies selbstredend HPs System-Management-Lösung "Open View".

Konkret: Sobald es einen Engpass im E-Mail-Verkehr gibt oder Festplattenspeicher knapp wird, sollte dies die Software merken und am besten die fehlenden Kapazitäten unmittelbar zur Verfügung stellen. Hierzu sollen nach und nach erneuerte und erweiterte Komponenten die Open-View-Suite ergänzen. So offeriert der Hersteller unter anderem eine Plattfom zum Managen von XML-basierenden Web-Services. Ferner haben Entwickler die Diagnostikwerkzeuge im Netzwerkmanagement verbessert, und ab sofort soll Open View auch mit Storage-Verwaltungssoftware von Fremdanbietern klar kommen.

Um das "adaptive Management" Wirklichkeit werden lassen, müssen jedoch mehrere Komponenten miteinander kommunizieren. Dies widerspricht aber dem ansonsten bei HP gültigen "Building-Block"-Prinzip, das diesem Motto folgt: Ich kaufe ein Openview-Modul, etwa den "Netzwerk-Manager", und ergänze das Ganze peu à peu mit weiteren Bausteinen. Adaptive Management benötigt stattdessen ein Framework, also eine Komplettlösung, die gleichermaßen die eingesetzten Hardware-, Netzwerk- und Softwareressourcen überblickt. Das wäre aber dann vergleichbar mit einer so mächtigen Lösung wie Tivoli und würde auch in die dazugehörigen hochpreisigen Bereiche vorstoßen. So herrschte unter den Teilnehmern der Konferenz eine heftige, kontrovers geführte Diskussion über den Sinn und Unsinn des "adaptive Management". Unumstritten war hingegen der Sinn einer Open-View-Lösung für reine Windows-Umgebungen: "Hier besteht im Mittelstand noch ein Nachholbedarf", glaubt Thomas Luther, Geschäftsführer der NCC GmbH. In diesem Punkt stimmen ihm auch die übrigen HP-Partner zu.

Der Einstiegspreis für "Open View Operations for Windows" liegt bei 20.999 Euro, vor allem Firmen mit 10 bis 20 Windows-Servern sollen dafür als Abnehmer in Frage kommen. "Auch für diese Kunden ist ein Return on Investment (ROI) in sechs bis neun Monaten realisierbar", äußerte sich Michael Bueckle, HPs Software-Channel-Chef, in einem Exklusiv-Interview mit ComputerPartner.

Gleichzeitig können auch Wiederverkäufer an diesem bis Ende Januar 2003 gültigen Angebot partizipieren: Für die Vermittlung eines Projekts und nach dessen erfolgreichem Abschluss erhalten auch von HP nicht autorisierte Partner eine Provision in Höhe von 1.600 Euro.

Speziell mit dieser Windows-Lösung sollen ehemalige Compaq-Partner mit ins HP-Software-Boot genommen werden. "Seit September haben wir bereits fünf deutsche Compaq-Wiederverkäufer für unser Programm zertifizieren können", verkündete in Lissabon Günter Blendinger, Vertriebsdirektor HP Software. Und falls diese Partner mal Unterstützung benötigen, können sie telefonisch einen Experten konsultieren beziehungsweise ihm eine E-Mail schicken.

Hinter dem Adressaten windows@openview.de und der 0180-er Telefonnummer verbirgt sich aber nicht etwa HPs Pre-Sales-Abteilung, sondern ein Business-Partner, nämlich die schon erwähnte NCC GmbH. Von HP beauftragt, berät so der Münchner Dienstleister neu hinzukommende Open-View-Partner.

Neues Business entdecken

"Das Geschäft läuft ganz gut", so der dortige Geschäftsführer Luther. "Bei uns rufen vor allem ehemalige DEC-Spezialisten an, und die tun sich mit Open View wesentlich leichter als die Hardware-Wiederverkäufer von Compaq."

Aber auch den anderen deutschen Softwarepartnern scheint es nicht so schlecht zu gehen. "Sicherlich, die Zahl der Großprojekte nimmt ab, aber wir haben unser Geschäftsmodell geändert - vom reinen Open-View-Wiederverkäufer zum Systemintegrator", erläutert Erwin Buga, Geschäftsführer der Net Age GmbH, seine derzeitige Strategie. So baut der Münchner Dienstleister derzeit einen eigenen Vertrieb auf und wickelt verstärkt kleiner Projekte ab. Nachdem die vormals zahlungskräftigen Kunden, wie die Großbanken, derzeit kaum in IT investieren, setzt Net Age nun auf Mobilfunk-Provider. "Im Zuge der UMTS-Einführung wird der Bedarf nach Sprach-Daten-Integration, lokalisierten Diensten und Bezahlungs-Services enorm ansteigen, und dann stehen wir Gewehr bei Fuß", so Buga gegenüber ComputerPartner.

Ähnlich ergeht es auch der ITC GmbH. Mit 30 Beschäftigten genauso groß wie Net Age verspürt auch der Detmolder Open-View-Partner den derzeit rauen Wind am Markt. "Statt einiger weniger Großkunden sind wir nun an vielen kleineren Projekten mit Umfängen um die 50.000 Euro beteiligt", schildert Wolfgang Zimmermann, Prokurist bei ITC, die derzeitige Lage. "Und wir haben keine Leute entlassen, sondern einige neu eingestellt."

Und trotz der schwierigen Marktlage hat ITC zwei neue namhafte Kunden gewinnen können: den Gerling-Konzern und den Süddeutschen Verlag. Für diese Erfolge hat Hewlett-Packard die ITC GmbH mit dem Titel "Deutscher Software Business Partner des Jahres 2002" ausgezeichnet. "Dies motiviert uns ungemein und sichert unsere Arbeitsplätze", so Zimmermann.

www.hpsoftware-europe.com

www.itc-detmold.de

www.ncc-consulting.de

www.netage.de

ComputerPartner-Meinung:

Nicht nur der PC-Absatz sinkt, auch die Investitionen in neue Software gehen merklich zurück. So lautete das einhellige Echo der deutschen Softwarepartner von HP in Lissabon. Nichtdestotrotz sind die Engagierten unter ihnen gut aufgestellt. Sie besetzen neuen Geschäftsfelder, entdecken weitergehende Integrationsmöglichkeiten und schaffen so Arbeitsplätze. HPs alljährliche Software-Events nutzen sie zu intensiven Kundengesprächen und als Forum, um sich selbst zu repräsentieren. Insoweit können sie die letztwöchige Software Universe als Erfolg verbuchen und werden sicher 2003 nach Hamburg kommen. (rw)

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