"Die Zeit ist reif": Was Kunden am Linux-Volks-PC so attraktiv finden

05.06.2003
"Die Zeit ist reif für Linux" befand kürzlich Vobis und kündigte seinen ersten Rechner mit dem Suse-Betriebssystem an.Trotz magerer Ausstattung ist das Kundeninteresse am "Basic Linux 1XI" groß. Tatsächlich folgt Vobis mit seinem 399-Euro-Modell einem Trend: Auch in anderen Ländern erweist sich der "Linux-Volks-PC" als Verkaufsschlager.

Man werde auf "ausdrücklichen Wunsch vieler Kunden" in den Filialen erstmals einen Rechner mit dem Suse-Betriebssystem Linux 8.1 anbieten, kündigte Vobis vor kurzem an. Ab Ende Mai werde der "Basis Linux 1XI" zum "genial günstigen" Preis von 399 Euro in den Regalen stehen und die Kunden begeistern, versprach Vobis-Chef Jürgen Rakow.

Doch die Euphorie wurde zunächst durch die magere Ausstattung des "Rechnerleins" gebremst: Er verfügt nämlich nur über 256 DDR RAM, AMD-Duron-CPU mit 1,3 GHz, 40-GB-Festplatte, DVD-ROM-Laufwerk und eine ATI Radeon 7000 mit 32 MB sowie das MS-kompatible Office-Paket "Open Office" und ist damit nicht unbedingt für die Bewältigung komplexer Aufgaben geeignet.

Auch Vobis-Mitarbeiter wissen nicht viel mehr

Wer den "idealen Basis- oder Zweit-PC" (Vobis-Werbung) trotzdem haben wollte, stieß bald auf weitere Grenzen. "Internet? Das wird schwierig", meinte zum Beispiel der Verkäufer in einer Münchener Vobis-Filiale. Mehr Beratung sei leider nicht drin, denn eigentlich sei er kein "Linux-Experte". Auch habe man das gewünschte Gerät ohnehin nicht auf Lager. In der bayerischen Landeshauptstadt war das Interesse für diesen Rechner so groß, dass sie bereits am ersten Tag ausverkauft waren. Statt Linux-Rechnern gab es bei Vobis deshalb nur noch gute Tipps: "Warum wollen Sie denn überhaupt mit Linux arbeiten? Wenn der Rechner wieder vorrätig ist, kaufen Sie sich einen, machen Sie das Linux platt und Windows drauf. Einer Ihrer Freunde wird doch eine 98er-CD haben."

Weitere Aktionen nicht ausgeschlossen

Natürlich hätten seine Mitarbeiter das nötige Know-how, um den Linux-PC an "engagierte Privatkunden" zu verkaufen, sagt Rakow. Und natürlich könne man mit dem Rechner ins Internet, da er "über ein umfangreiches Softwarepaket verfüge". Das sehen Linux-Kenner zwar anders, aber schließlich war die Vobis-Aktion nur ein Testlauf, wie Rakow selbst sagt: "Wir haben erst einmal eine limitierte Auflage von 1.000 Linux-PCs produziert. Sie lösen den Windows-PC ab, den wir vorher zum selben Preispunkt von 399 Euro angeboten haben. Im nächs-ten Monat gibt es wieder ein anderes Projekt." Ob es wieder ein Linux-Rechner, diesmal vielleicht mit besserer Ausstattung, sein wird, verrät er nicht.

Erste Erfolge auch in Österreich

Auf jeden Fall folgte Vobis mit seinem "Linux-Volks-PC" einem aktuellen Trend: In anderen Ländern erweist er sich bereits als Kassenschlager. Am dramatischsten ist der Run derzeit in Thailand. Wie die "Bangkok Post" berichtet, ist hier die Nachfrage nach einem Linux-basierenden Notebook so gigantisch, dass Hersteller HP in Lieferschwierigkeiten steckt und die Regierung mit dem Konkurrenten Dell verhandeln muss. Man rechnet jedenfalls mit einem Absatz von mehreren Hunderttausend Notebooks und PCs mit dem Suse-Betriebssystem.

Erste - wenn auch deutlich kleinere - Erfolge meldet man auch aus Österreich: Hier läuft seit Februar ebenfalls eine Suse-Retail-Aktion. An Bord sind diesmal PC-Hersteller Archtec AG und Retailer Niedermeyer, der hier mit rund 70 Filialen vertreten ist. Dieser bietet allerdings einen Intel-Pentium4-PC mit Suse Linux 8.1 samt Flash-Card-Reader für 699 Euro an. Und damit die engagierte Kundschaft nicht sofort am neuen Betriebssystem verzweifelt, hat man zudem noch rund 20 passende Produkte im Angebot, darunter sogar für Linux-Netzwerke geeignetes WLAN-Equipment. Der Erfolg ist so groß, dass es demnächst auch der Media-Markt mit Linux versuchen will, heißt es.

7.000 Rechner habe Niedermeyer bisher schon abgesetzt, freut sich auch ein Suse-Mitarbeiter. Die Aktion sei ein großer Erfolg: "Anhand der Support-Anfragen konnten wir feststellen, dass nicht alle Käufer Linux gelöscht und ein anderes Betriebssystem installiert haben."

www.linux.de; www.suse.de

www.vobis.de; www.niedermeyer.at

www.archtec.at

ComputerPartner-Meinung

Die Linux-PCs in Österreich sind eindeutig besser ausgestattet, lassen sich leichter aufrüsten und taugen damit auch als echte Arbeitsrechner - die positive Resonanz dürfte im Nachbarland entsprechend höher ausfallen. Das Vobis-Gerät ist hingegen nur eine bessere Schreibmaschine, die Zahl der Rechner, auf denen Linux bleiben darf, dürfte gering sein. (rw/mf/go)

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