Diebstahl am Arbeitsplatz:

02.06.1998

MÜNCHEN: Meist sind es nicht die großen, wertvollen Gegenstände, die am Arbeitsplatz mal so "mitgehen". Häufiger sind es "nur" ein paar Schrauben, Fotokopierpapier oder auch nur die einzelne Briefmarke. Gemeinsam ist diesen Dingen, daß sie fremde Sachen sind und nicht im persönlichen Privateigentum stehen. Und wer diese ohne Einverständnis des Eigentümers "mitgehen läßt", begeht einen Diebstahl oder eine Unterschlagung.

Derartiges Verhalten ist nicht nur strafrechtlich relevant, es zerstört auch das so besonders wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Bei solchen Straftatbeständen, ob es sich nun um Kinkerlitzchen oder um wertvolle Stücke handelt, lassen die Arbeitsgerichte selten Nachsicht walten. Handelt der Arbeitgeber nach dem Motto: "Wer klaut, fliegt raus", so wird er hier meistens Unterstützung beim Arbeitsgericht finden. Eine Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hat in einem solchen Fall kaum Chancen, wenn man mal davon absieht, daß in minderschweren Fällen und bei sehr langer Beschäftigungsdauer die fristlose Kündigung unter Umständen nicht akzeptiert wird, wohl aber die ordentliche Kündigung. Seinen Arbeitsplatz ist man in jedem Fall los - und das vielleicht nur wegen einer belanglosen Kleinigkeit.

Diese Erfahrung mußte auch eine Kantinenangestellte machen, die zwei übriggebliebene Stücke gebratenen Fisch für sich und ihre Tochter mit nach Hause nahm. Weil ein Kollege das dem Arbeitgeber meldete, erhielt sie die fristlose Kündigung. Das Landesarbeitsgericht Köln (Az.: 5 Sa 504/95) entschied sich für die Argumente des Arbeitgebers. Ob der gestohlene Gegenstand noch eine sinnvolle Verwendung hatte oder nicht, entscheidet allein der Eigentümer und das ist der Arbeitgeber. Allerdings meinten die Richter, daß eine fristlose Kündigung hier wohl doch etwas überzogen sei. Gegen eine ordentliche fristgemäße Kündigung sei aber nichts einzuwenden; auch ohne vorherige Abmahnung sei eine solche fristgemäße Entlassung wirksam.

Dem Vertrauensbruch folgt die Kündigung

Steht ein Arbeitnehmer also im konkreten Verdacht, im Betrieb einen Diebstahl begangen zu haben, kann der Arbeitgeber kündigen, weil das Vertrauensverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und ihm vollkommen zerstört ist (Bundesarbeitsgericht, Az.: 2 AZR 799/93; Bundesarbeitsgericht, Az.: 2 AZR 633/82). Vor Ausspruch der Kündigung ist der Arbeitnehmer aber anzuhören, um ihm Gelegenheit zu geben, einen derart schweren Vorwurf auszuräumen (Bundesarbeitsgericht, Az.: 2 AZR 164/94).

Gerechtfertigt ist in jedem Fall aber eine Abmahnung. Das auch dann, wenn es sich etwa um bereits entsorgte Gegenstände wie fast verwelkte Blumen handelt. Allerdings muß in einer solchen Situation der Arbeitgeber vorher eindeutig darauf hingewiesen haben, daß es absolut verboten ist, Gegenstände beispielsweise aus dem Abfallbehälter zu entnehmen (Arbeitsgericht Frankfurt, Az.: 9 Ca 4767/95).

Kontrollmaßnahmen zur Wahrnehmung der Sicherheit

Um eine wirksame Kontrolle zur Verhinderung von Diebstählen zu gewährleisten, darf der Arbeitgeber zur Wahrung der Sicherheit und Ordnung im Betrieb die Taschen und Spinde der Mitarbeiter kontrollieren, wenn eine grundsätzliche Zustimmung des Betriebsrats hierzu eingeholt wurde (Arbeitsgericht Frankfurt, Az.: 18 BV 279/94).

Selbst dann, wenn es sich bei dem Diebstahlsgut lediglich um Fundsachen handelt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn Arbeitnehmer, die Fundsachen nicht unverzüglich bei einem Vorgesetzten abgeben, riskieren ebenfalls die fristlose Kündigung. Erfahren mußte dies der Mitarbeiter eines Reinigungsbetriebs, der für Fremdfirmen arbeitete. Der Mann war damit beauftragt, die Toiletten mit frischen Handtüchern und Papier auszustatten. Dabei fand er zwei goldene Ringe. Die Eigentümerin hatte zwischenzeitlich den Verlust des Schmucks bemerkt und den Werkschutz ihrer Firma verständigt, der sich mit den Verantwortlichen des Reinigungsbetriebs in Verbindung setzte. Dort wußte man, wer zur fraglichen Zeit zur Reinigung der Toiletten eingesetzt war. Der Mitarbeiter wurde eineinhalb Stunden, nachdem er die Ringe gefunden hatte, angesprochen. Daraufhin zog er den Schmuck aus der Tasche und behauptete, er habe ihn abgeben wollen. Der Reinigungsbetrieb nahm ihm das nicht ab und kündigte ihm fristlos. Immerhin sei er in dieser Zeit mehreren Vorgesetzten begegnet, ohne die Ringe zu erwähnen oder abzugeben. Aus diesem Grund durfte man ihm durchaus unterstellen, daß er sich diese Gegenstände aneignen wollte. Die fristlose Kündigung war daher berechtigt (Arbeitsgericht Frankfurt, Az.: 9 Ca 4590/96).

Auch Mitwissern droht die Kündigung

In die Zwickmühle kann auch der Mitarbeiter kommen, der zwar nicht selbst klaut, aber von Diebstählen seiner Kollegen weiß.

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