Digital Deutschland: Aufrappeln, Frisur ordnen, Schlips glätten, Zähne zeigen

09.05.1997
MÜNCHEN: Zum ersten Mal seit sechs Jahren hat sich die Digital Euipment GmbH mit einer Bilanz an die Öffentlichkeit gewagt, und das, obwohl die Zahlen noch immer nicht zum Feiern sind. Immerhin glauben die Münchner endlich glaubwürdig feststellen zu können, daß es ab jetzt wieder aufwärts geht.Das Unternehmen ist jetzt rank und schlank", proklamiert Digital Deutschland-Chef Paul Santner und legt damit die letztjährige Umstrukturierung nun auch offiziell zu den Akten. Dabei zeigt sich der Österreicher hocherfreut über eine vormals nicht gekannte Kosten- und Ergebnistransparenz mittels der neu gebildeten Business Units. Damit der Partner und Kunde mit seinem Anliegen aber nicht wie in der Vergangenheit von Pontius zu Pilatus geschickt wird, gebe es in Zukunft nur noch "einen Vertrieb, ein Marketing und eine Schnittstelle zum Kunden". Zu produktorientiert und zu fragmentiert sei man in der Vergangenheit aufgetreten.

MÜNCHEN: Zum ersten Mal seit sechs Jahren hat sich die Digital Euipment GmbH mit einer Bilanz an die Öffentlichkeit gewagt, und das, obwohl die Zahlen noch immer nicht zum Feiern sind. Immerhin glauben die Münchner endlich glaubwürdig feststellen zu können, daß es ab jetzt wieder aufwärts geht.Das Unternehmen ist jetzt rank und schlank", proklamiert Digital Deutschland-Chef Paul Santner und legt damit die letztjährige Umstrukturierung nun auch offiziell zu den Akten. Dabei zeigt sich der Österreicher hocherfreut über eine vormals nicht gekannte Kosten- und Ergebnistransparenz mittels der neu gebildeten Business Units. Damit der Partner und Kunde mit seinem Anliegen aber nicht wie in der Vergangenheit von Pontius zu Pilatus geschickt wird, gebe es in Zukunft nur noch "einen Vertrieb, ein Marketing und eine Schnittstelle zum Kunden". Zu produktorientiert und zu fragmentiert sei man in der Vergangenheit aufgetreten.

Um zu zeigen, daß damit Schluß ist, startet DEC hierzulande mit einem neuen Top-Management in das Geschäftsjahr 1998. Lutz Liefeldt kümmert sich als Marketing Direktor um sämtliche Aktivitäten in diesem Bereich. Robert Helgerth - bis vor kurzem im Großkundenvertrieb bei Compaq - übernimmt den Posten Direktor Endkundenvetrieb, und um die Partner kümmert sich bis auf weiteres Santner höchstselbst. Auch die notorische Geheimniskrämerei der Computerbauer soll der Vergangenheit angehören. Für eine "offene Kommunikationsstrategie" soll mit Toni Lösch als Direktor Unternehmenskommunikation ein weiteres neues Mitglied der Geschäftsleitung sorgen.

Während die Corp. jenseits des Atlantiks ganze neun Wachstumsmärkte ausgemacht hat, will sich die GmbH auf derer vier konzentrieren und dort binnen kurzem jeweils 20 Prozent Marktanteil erreichen: Internet, Data-Warehousing, Services und SAP. Bei letzterem Kundenkreis reklamiert Digital für sich bereits einen Marktanteil von rund 50 Prozent bei mehr als 1.000 Anwendern. Als "Hauptdifferenzierungsfaktor am Markt" bezeichnet Santner das Dienstleistungsgeschäft. 47 Prozent seines Umsatzes macht die GmbH mit Services. Gerade hier gab es in der Vergangenheit reichlich dicke Luft im Kanal. "Diese Konflikte werden wir eliminieren. Eines unserer Ziele ist die Abstimmung des Serviceportfolios mit den Partnern. Sie sollen ergänzende Dienstleister sein statt Konkurrenten", erklärt Liefeldt. Im Klartext heißt das, daß DEC das Geschäft mit Dienstleistungen mit wenigen Ausnahmen alleine machen will. Den Produktumsatz bestreiten die Partner hingegen zu 75 Prozent, und wenn man den Versprechen von Santner und Co. glauben darf, soll diese Zahl eher noch steigen als fallen. Aktuell wurden neue Distributionsabkommen mit Raab Karcher und Avnet-Hallmark geschlossen. Insbesondere PCs werden danach ausschließlich dem indirekten Vertrieb überantwortet - darunter auch Vobis, das seit Frühjahr eine Personal Workstation mit Alpha-Chip für knapp 6.000 Mark verkauft.

Die Absatzziele sind ehrgeizig. Um mehr als 50 Prozent will DEC im laufenden Jahr den Umsatz mit PCs steigern. Bisher machen die Desktops 15 Prozent des Produktumsatzes in Deutschland aus. Durchschlagende Verkaufsargumente für die Offensive im hart umkämpften PC-Markt hat Digital bislang nicht zu bieten. Qualität und "Alles aus einer Hand" heißt es mager. "Der PC-Markt ist dynamisch und nicht statisch. Die einen kommen, die anderen gehen raus", kommentiert Santner gelassen. Dabei dürfte gerade Motivation ein wesentlicher Faktor für ein Comeback von Digital auf dem deutschen Markt werden: Vom langjährigen hin und her enervierte Geschäftspartner und eine durch Entlassungen demoralisierte Belegschaft müssen erst einmal wieder für das Unternehmen begeistert werden. Zumindest die Mitarbeiter - bislang vor allem als Kostenfaktor behandelt - werden jetzt in "Motivationskampagnen" wieder aufgerichtet. Nach außen hin sollen diverse Aktionen den Firmennamen im Bewußtsein der Branche und der Öffentlichkeit aufpolieren: Geplant sind Round Tables und Konferenzen, "erlebnisorientierte" Messeauftritte - beispielsweise während der kommenden Systems in einer eigenen Halle -, Kampagnen in Presse und TV sowie Sponsoring: So erhofft sich DEC etwa durch einen exklusiven Sponsoring-Vertrag mit dem Welt-Basketball-Verband FIBA einen Imagegewinn. Körbe hat allerdings auch der IT-Markt zu vergeben. (ld)

Digital Equipment GmbH

Facts & Figures

"Im hinteren Teil" unter den weltweiten DEC-Niederlassungen bewegen sich die Deutschen. Das muß auch GmbH-Chef Paul Santner eingestehen. Während das Unternehmen weltweit nach 112 Millionen US-Dollar Verlust im Jahr 1996 endlich wieder Gewinne in Höhe von 140 Millionen Dollar verbuchen konnte, steckt man hierzulande noch immer in den roten Zahlen. 13 Millionen Mark Verluste - gemessen am Betriebsergebnis - hatte man bereits im Geschäftsjahr 1995/96 (bis 30. Juni) geschrieben. 1996/97 waren es 55 Millionen; darin enthalten Restrukturierungsaufwendungen in Höhe von 70 Millionen Mark. Angeblich zum letzten Mal schoß die Corporation 47 Millionen Mark zu, so daß unterm Bilanzstrich eine schwarze Null steht. Schon in den beiden Vorjahren hatte es Finanzspritzen aus Amerika in Höhe von 150 und 180 Millionen Mark gegeben. Der Umsatz in Deutschland fiel von 1,73 (1995/97) auf 1,5 Milliarden Mark. Allerdings sind die Bruttoeinnahmen auch weltweit um 1,5 Milliarden auf gut 13 Milliarden Dollar geschrumpft. Das Eigenkapital ist in Deutschland ebenfalls nochmals um fünf Prozent auf heuer 218 Millionen Mark gefallen.

Einen beträchtlichen Aderlaß hat der Konzern bei der Mitarbeiterzahl hinter sich: Weltweit sind von einstmals 120.000 Beschäftigten nur noch 55.000 übrig. In Deutschland mußten seit 1992 mehr als 7.000 Mitarbeiter ihren Hut nehmen. Nach 350 Entlassungen im vergangenen Jahr sind jetzt noch 2.600 auf den Lohnlisten. Mehr blaue Briefe soll es aber nicht geben.

Im laufenden Geschäftsjahr strebt die Santner-Truppe ein Umsatzwachstum von mindestens zehn Prozent an und ein Betriebsergebnis von 20 bis 25 Millionen Mark. Dieses Ziel muß hingegen ohne die Drucker Division erreicht werden. Sie wurde - ohnehin nur noch marginal am DEC-Umsatz beteiligt - für eine unbekannte Summe an die Genicom Corp. verkauft. Das Unternehmen aus Washington, USA, will weiterhin Printer der Marke Digital vermarkten. Gerüchte, wonach auch die Network Division zum Verkauf steht, dementiert Santner. (ld)

Zwei der neuen Gesichter in der Digital-Geschäftsleitung: Lutz Liefeldt (links), seines Zeichens Marketing-Direktor, und Toni Lösch, zuständig für die zukünftig "offene" Unternehmenskommunikation.

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