Digitale Archivierung bei Techno Color

07.10.2004
Gesetze zum revisionssicheren Aufbewahren von Geschäftsdokumenten legen den kompletten Umstieg auf digitale Archivierung nahe. Aktenschränke könnten schon bald verschwinden. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Ronald Wiltscheck

Täglich 1.000 Seiten Papier, das macht im Jahr etwa eine Viertelmillion zu bearbeitende Dokumente - angesichts solcher Zahlen sah man sich 2003 auch beim Automobilzulieferer Techno Color gezwungen, sich ein elektronisches Dokumenten-Management-System (DMS) zuzulegen. Man sah sich nach einer passenden DMS-Lösung um und stieß im Zuge des Auswahlprozesses auf Docuware. Den Ausschlag für diesen Softwerker gab sein Gold-Partner, die LOG-IT GmbH. Sie hat nämlich ihren Firmensitz im 50 Kilometer entfernten Regensburg, und außerdem ist sie mit dem Kunden seit mehreren Jahren geschäftlich verbandelt: Techno Color setzt zum Beispiel die Lagerverwaltungssoftware "Dilos" von LOG-IT ein.

Genaues Pflichtenheft unabdingbar

Zuerst definierten beide Geschäftspartner in einem eintägigen Definitions-Workshop ihre gemeinsamen Projektziele. Daraus erstellte anschließend LOG-IT das erforderliche Pflichtenheft, was vier weitere Manntage erforderte. Die reine Installation der Docuware-Software bei Techno Color im November 2003 dauerte aufgrund des detaillierten Pflichtenhefts nur sechs Manntage. In dieser Zeit wurde auch der Systemadministrator bei Techno Color in das System eingeführt. "Die Implementierung verlief am Anfang schnell und problemlos", erinnert sich Florian Körber, Vertriebsleiter bei LOG-IT.

Doch es ging nicht nur darum, die Papierflut in elektronische Bahnen zu lenken, sondern der gesamte Workflow sollte ebenfalls digital abgebildet werden. Das Hauptproblem bei Techno Color rührte von der weit reichenden Verzahnung der Abteilungen untereinander. Es galt, so unterschiedliche Abteilungen wie Auftragsbearbeitung, Qualitätswesen, Labor, Logistik und die Finanzbuchhaltung mit einzubeziehen.

Denn bis dato gestalteten sich Suchvorgänge nach Lieferscheinen, Aufträgen, Prüfergebnissen oder Messprotokollen sehr zeitaufwändig. Einzelne Mitarbeiter waren sich nicht sicher, ob die von ihnen gefundenen Informationen tatsächlich dem aktuellen Stand der Dinge entsprachen. Es ging zum Beispiel darum, ob nicht etwa neue Vereinbarungen mit einem Kunden getroffen worden waren, welche Rohteile schon bestellt waren oder ob nicht bereits eine Reklamation im Gange war.

Ganz unbegründet waren diese Befürchtungen beileibe nicht: So gab es sehr viele Doppelablagen, wenn mehrere Abteilungen gemeinsam an einem Projekt arbeiteten. Beispielsweise wurde es im Laufe des Projektes notwendig, viele Ordner mit Normen und technischen Unterlagen zu Rohstoffen, die für die Fertigung benötigt werden, in eine digitale Form zu überführen und für alle griffbereit zu halten.

Workflow verzögert sich

"In der Tat bestand die größte Herausforderung bei diesem Projekt, die aktuellen Papierwege bei Techno Color herauszufinden", weiß Körber von LOG-IT zu berichten. Der Dienstleister musste also zuerst in Erfahrung bringen, wer wem welche Infos gibt oder wer dabei nur eine Kopie erhält. Erst nachdem diese und weitere Fragen eindeutig geklärt waren, konnte das Systemhaus aus Regensburg mit dem eigentlichen Konzept für den Workflow beginnen. So hat auch der Aufbau dieser Komponente mehr Zeit in Anspruch genommen als vorgesehen, aber nur so konnte LOG-IT sicherstellen, dass die richtigen Dokumente an die richtigen Personen weitergeleitet werden.

Als Workflow-Komponente kam dabei das Docuware-eigene Modul "Job Router" zum Einsatz. Dieses ins DMS integrierte internetbasierte System ermöglicht die beschleunigte Bearbeitung von Unterlagen; damit sollen sich die Durchlaufzeiten der elektronischen Dokumente erheblich reduzieren. Wird zum Beispiel eine bestimmte Belegart, etwa Eingangsrechnung oder Lieferschein, im Dokumenten-Pool archiviert, startet automatisch ein Workflow. Über den Job Router bekommt der zuständige Sachbearbeiter die zum Vorgang archivierten Dokumente sofort auf seinen Bildschirm. Die Bearbeitungswege sind genau definiert, dem Mitarbeiter werden seine Aufgabe und der aktuelle Prozessstatus angezeigt. Sobald die Aufgabe erledigt ist, legt Job Router das Dokument automatisch den weiteren definierten Anwendern zur Bearbeitung vor.

Derzeit testet noch der Bereich Qualitätskontrolle bei Techno Color dieses Workflow-System. "Hier arbeiten verschiedene Abteilungen zusammen: Kundenanforderungen müssen hier genauso berücksichtigt werden wie die Vorgaben aus der Produktion", beschreibt Körber von LOG-IT das dortige Szenario. Aber bereits in dieser Versuchsphase sind die Verantwortlichen bei Techno Color von den Vorteilen des Systems überzeugt.

Die abteilungsübergreifenden Arbeitsabläufe funktionieren besser als gedacht, die betroffenen Mitarbeiter sparen sich viele Kopien, Telefonate und Laufwege: "Sie werden immer sofort und zuverlässig über den aktuellen Stand der Dinge informiert", fasst das Ganze Christian Haimerl, Projektverantwortlicher bei dem Oberflächenveredler, zusammen. Er ist es jetzt auch, der das DMS-Projekt selbstständig vorantreibt. So soll etwa als nächster Bereich die Auftragsbearbeitung in den Genuss des Workflow-Systems kommen.

ERP-System eingebunden

Weiter vorangeschritten als der Workflow ist bereits die Einbindung des Docuware-DMS an das hauseigene ERP-System. Das Hauptziel des Projekts, nämlich die vollständige Erfassung der Ausgangsbelege, wurde schon innerhalb der ersten beiden Arbeitswochen Ende 2003 erreicht. Seitdem wird das digitale Archiv stufenweise in den Abteilungen eingeführt. Derzeit arbeiten die Bereiche Auftragsbearbeitung, Qualitätswesen, Labor, Logistik und Finanzbuchhaltung mit dem Docuware-System. Alle eingehenden Belege wie Eingangslieferscheine oder Rechnungen werden dort mit einem Barcode versehen, eingescannt und vollautomatisch im digitalen Archiv abgelegt.

Techno Color setzt unternehmensweit die Warenwirtschaftslösung "b2" von Bäurer ein. Alle mit diesem ERP-System erstellten ausgehenden Belege wie etwa Ausgangslieferscheine, Bestellungen, Rechnungen, Fertigungspapiere oder auch Prüfberichte des Labors archiviert das Docuware-Zusatzmodul "Cold/Read" vollautomatisch im zentralen Dokumenten-Pool. Dabei werden Spool-Daten, die beim Drucken von Belegen entstehen, importiert und die Suchbegriffe für spätere Recherchen extrahiert. All dies geschieht vollautomatisch ohne Zutun der Techno-Color-Mitarbeiter.

Diese haben das bereits schätzen gelernt: Sie müssen nicht mehr Dokumente manuell ablegen und verschlagworten. Das spart Zeit und erleichtert die Suche nach Dateien im Archiv. Der Zugriff auf das DMS ist von jedem Arbeitsplatz aus möglich. So erhält der Angestellte quasi auf Knopfdruck alle Informationen zu dem gesuchten Kunden: den gesamten Schriftverkehr, E-Mails, Lieferscheine und etwaige Reklamationen.

Projektende noch 2004

LOG-IT plant, die Docuware-Software im Laufe des Jahres 2004 in sämtlichen Abteilungen des niederbayerischen Unternehmens einzuführen. Dann soll es allen dort Beschäftigten möglich sein, Dokumente rascher zu finden als bisher. Ferner soll der digitale Workflow bei Techno Color auf breiter Basis durchgesetzt werden - auch mit fest vorgegebenen Eskalationsstufen bei nicht bearbeiteten Vorgängen. Mittelfristig ist es vorgesehen, auf das Papierarchiv komplett zu verzichten und somit Platz für neue Aufgaben bei Techno Color zu schaffen.

LOG-IT fungiert bei dem Kunden weiterhin als der direkte Ansprechpartner und leistet auch den Support. Mit Software-Updates wird der Anwender direkt durch die Docuware AG versorgt. Mit diesem Projekt konnte das Regensburger Systemhaus seine Kompetenz wieder mal unter Beweis stellen und die Geschäftsbeziehung zum Kunden weiter ausbauen.

Meinung des Redakteurs

Dass man auch mit einem reinen Softwareprojekt gutes Geld verdienen und dabei noch seine Reputation beim Kunden steigern kann, beweist der vorliegende Bericht. Denn nur wer seinen Kunden sehr gut kennt, weiß, wo ihn der Schuh drückt, und kann ihm helfen. Mit Kaltakquise ist so etwas kaum möglich. Deshalb sollten Hersteller immer auf die Hilfe ihrer Vertriebspartner vertrauen.

Solution Snapshot

Kunde Techno Color GmbH, www.technocolor.de

Problemstellung zunehmende Papiermenge; mehrfach erfasste Dokumente; keine digitale Dokumentation

Lösung Dokumenten-Management-System von Docuware mit Workflow-Modul Job Router; Fujitsu-Scanner

Dienstleister LOG-IT GmbH, www.log-it-gmbh.de

Technologie-Lieferant Docuware AG, www.docuware.de

Kontaktaufnahme seit mehreren Jahren bestehende Geschäftsbeziehung

größte Herausforderung herauszufinden, wie der papierbasierte Workflow beim Kunden funktioniert

Was hat länger in Anspruch genommen als vorgesehen? Abbildung der Workflows; Integration in vorhandene Softwareprodukte; Know-how für die Tool-Kit-Programmierung musste aufgebaut werden

Implementierungsdauer zwei Wochen für die Einführung des digitalen Archivs; Implementierung des DMS und Workflows in den Abteilungen wird im Laufe des Jahres 2004 fortgesetzt

Arbeitsaufwand des Dienstleisters Workshop zur Definition der Ziele: ein Tag; Erstellung des Pflichtenheftes: vier Tage; DMS-Einführung und Schulung des Administrators: sechs Tage; den Rest erledigt der Kunde selbst

Kostenumfang des Projekts rund 70.000 Euro

Verhältnis Hardware/Software/Dienstleistung 5 Prozent für Hardware (Fujitsu-Scanner); 80 Prozent für Softwarelizenzen und Updates von Docuware, 15 Prozent für die Dienstleistungen von LOG-IT (Implementierung und Support)

Service- und Wartungsverträge Support-Vertrag mit LOG-IT GmbH; Software-Updates durch Docuware

Schulung Administratorschulung (s.o.)

Benefit für Kunden schnelleres Finden von Dokumenten und Vorgängen am PC; klares digitales Workflow-Konzept; Papier- und Platzersparnis

Benefit für den Dienstleister bestehende Kundenbeziehung gestärkt

Zur Startseite