Peter Holzer auf dem Systemhauskongress CHANCEN

"Digitale Transformation braucht unbequeme IT-Dienstleister"

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Mentale Fallen, falsches Vertriebs-Verständnis und fehlende Streitkultur erschweren Systemhäusern die notwendigen Anpassungen an die neue Zeit. Keynote-Sprecher Peter Holzer präsentiert auf dem Systemhauskongress pointierende Analysen und praktische Lösungsansätze.

In Ihrer Keynote auf dem Systemhauskongress am 07. September 2017 in Düsseldorf widmen Sie sich dem "unbequemen IT-Dienstleister". Für wen wird es künftig ungemütlicher werden - für den Kunden, für den Dienstleister oder für beide?

Peter Holzer ist Berater, Redner und Executive Coach. Sein Anliegen ist es, Veränderungen in die Tat umzusetzen. Denn aus seiner Sicht mangelt es der Welt nicht an Ideen, sondern an deren Umsetzung. Sein Fokus liegt auf dem Output statt auf dem Input.
Peter Holzer ist Berater, Redner und Executive Coach. Sein Anliegen ist es, Veränderungen in die Tat umzusetzen. Denn aus seiner Sicht mangelt es der Welt nicht an Ideen, sondern an deren Umsetzung. Sein Fokus liegt auf dem Output statt auf dem Input.
Foto: Teresa Rothwangl

Peter Holzer: Für beide. Für den Kunden, weil das Wettbewerbsumfeld immer fordernder wird. Um zu bestehen braucht er souveräne Sparringspartner, die Klartext reden und sich nicht davor scheuen, auch heikle Botschaften auszusprechen. Dazu müssen viele Dienstleister lernen, dass erfolgreiche Beratung nicht "weichspülen" bedeutet, sondern konstruktiv unbequem zu sein.

Von welchen Bequemlichkeiten müssen sich Systemhäuser verabschieden?

Peter Holzer: Es betrifft vor allen Dingen die handelnden Personen - und zwar in zwei Dimensionen. Zum einen erlebe ich immer wieder die Haltung: "Wir müssen nur gut genug sein, dann brauchen wir nicht verkaufen". Vielleicht kam man bisher trotz dieser Haltung über die Runden. Das wird in Zukunft nicht mehr reichen. Zum anderen erfordert die hohe Geschwindigkeit in der IT-Welt intern deutlich mehr Klarheit, Fokus und Konsequenz. Und das führt zwangsläufig zu Reibungen und auch heiklen Gesprächen.

Weshalb ist der Ausbruch aus dieser komfortablen Position für IT-Dienstleister wesentlich, um die Anforderungen der digitalen Transformation zu meistern?

Peter Holzer: Am Ende zählt für den Kunden nur Qualität. Um die zu liefern, müssen die IT-Dienstleister Spitzenleistung bringen. Kunden merken sehr wohl, ob jemand die Extra-Meile für ihn geht oder nur Dienst nach Vorschrift macht. Agilität gehört nicht nur in der IT-Entwicklung zu den Erfolgsfaktoren - sondern auch in der Ablieferung beim Kunden. Wer hier im bewährten Status Quo versumpft, wird vom Wettbewerb überrannt werden.

Wie wirken sich diese Veränderungen auf die Rolle der Unternehmensführer aus?

Peter Holzer: Führung durch Macht wird zum Auslaufmodell. Spätestens mit den Nachwuchs-Mitarbeitern kommen die Macht-Instrumente an ihre Grenzen. Wer heute führt, muss Vorbild sein. Eine Persönlichkeit, die den Dialog sucht und auf Augenhöhe durch Einfluss führt, jedoch auch Klartext spricht, wenn es notwendig ist. Natürliche Autorität ist das, was gut ankommt. Die erreichen Sie weder durch machtvolles Auftreten, noch durch Ponyhof-Verhalten. Es ist die Fähigkeit, eine gute Kombination zu finden nach dem Motto: hart in der Sache und gleichzeitig fair zum Menschen. Und vor allen Dingen, die Menschen nicht von ihrer Arbeit abhalten.

Was meinen Sie mit "die Menschen nicht von ihrer Arbeit abhalten?"

Peter Holzer: In meinen Projekten höre ich von Mitarbeitern immer wieder: "Mein Vorgesetzter soll mich einfach meine Arbeit machen lassen." Doch Führungskräfte stören auf dreierlei Arten:

  1. Sie mischen sich viel zu oft in Details ein, anstatt über Ziele, Output und Ergebnisse zu führen.

  2. Führungskräfte stellen ihr Ego, persönliche oder Macht-Interessen in den Vordergrund.

  3. Prioritäten ändern sich schneller als die Fahne im Wind, weil der Führungskraft das Kreuz fehlt, für Konsequenz in der Organisation zu sorgen.

Hilfreich ist, wenn die Führungskraft sich fragt, welchen Nutzen sie ihren Mitarbeitern stiften kann - und wie sie mehr Verantwortung mit ihren Mitarbeitern teilt.

Welche Folgen hat die digitale Transformation für Vertriebsmitarbeiter?

Peter Holzer: Die heutige Zeit bietet die Chance, eigenständig zu denken und zu handeln. Position zu beziehen. Die eigene Meinung zu sagen. Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Davor scheuen immer noch viel zu viele Menschen zurück, aus Sorge davor, Fehler zu machen oder "bestraft" zu werden. Doch wenn die Vorgesetzten den richtigen Spielraum bieten, und die Mitarbeiter den Spielraum füllen, können Teams ungeahnte Kraft entwickeln.

Der Appell nach einer echten Streitkultur und Fehlertoleranz ist leicht formuliert. Viele Unternehmenslenker assoziieren damit jedoch zeitfressende Debatten und Qualitätsverlust bei Kundenprojekten - und das im derzeit hochtourig laufenden Geschäft. Was empfehlen Sie?

Peter Holzer: Die Alternative wäre ein Chef, der alles weiß und allein entscheidet. So wird der Chef schnell zum Engpass. Die Kunst liegt darin, demokratisch zu entscheiden und diktatorisch in der Umsetzung zu sein. Heißt: Diskussion, Meinungsaustausch und verschiedene Szenarien in der Entscheidungsphase. Wenn die Würfel gefallen sind, konsequent in der Umsetzung bleiben und PS auf die Straße bringen. So werden Sie schnell. In der Praxis läuft es dagegen meist andersrum: Entscheidungen werden diktatorisch gefällt und in der Umsetzung wird man auf einmal wieder demokratisch.

Wie wirkt sich das auf die Zusammenarbeit mit bestehenden Kunden aus?

Peter Holzer: Auf Kundenseite sitzen zunehmend mehr gut ausgebildete und erfahrene Experten. Die Kunst ist, den Kunden auf Augenhöhe zu begegnen und gleichzeitig die Richtung vorzugeben. Hier und da wird eine konstruktive, inhaltliche Reibung auch zu kontroversen Situationen führen. Am Ende wird der Kunde das unbequeme Sparring jedoch schätzen. Denken Sie an Ihre damaligen Schullehrer zurück. Aus heutiger Sicht sind wahrscheinlich die unbequemen Lehrer diejenigen, die bei Ihnen den höchsten Status genießen.

Welche Chancen eröffnet dieses Vorgehen, um neue Kunden zu erreichen?

Peter Holzer: Kunden kaufen gerne bei Gewinner-Typen. Ein gesundes, souveränes Auftreten - ohne arrogant zu wirken - sorgt für Respekt. Wer ein stark auftretendes Sales-Team hat, kann sich sicher sein, dass es ein ertragsstarkes Jahr werden wird.

Auf welche der erwähnten Aspekte werden Sie in Ihrem Vortrag auf dem Systemhauskongress detailliert eingehen?

Peter Holzer: Streitkultur, Haltung, und konkrete Verhaltensweisen. Pragmatisches Hands-on Wissen, ein paar gute Filmszenen und viel Praxis aus meiner eigenen Beratungserfahrung.

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