Hype

Digitales Gaming als einmalige Chance für den Fachhandel

Kommentar  28.08.2019


Dr. Rudolf Aunkofer ist Direktor am Institut für Information & Supply Chain Management (iSCM) der Hochschulie für angewandtes Management in Ismaning bei München.
Digitales Gaming wird als kreativ, fesselnd, begeisternd und faszinierend erlebt. Doch wie kann der Fachhandel von diesem Hype profitieren?

Das Thema digitales Gaming fasziniert jung und alt gleichermaßen - mit fesselnden Spielideen, faszinierender Grafik und Animation sowie mit Events, die Menschenmassen begeistern. Die Stars der E-Sport-Szene werden wie Helden gefeiert. Ihre Fans fiebern live mit bei Wettbewerben wie dem "League of Legends"-Turnier oder der ESL-Meisterschaft in "Counter-Strike" und diskutieren Spiele in sozialen Medien und Communities. In den Medien wird regelmäßig über die Attraktivität, über das kräftige Wachstum und die Potenziale berichtet. Diese sind aufgrund ihrer Faszination wie auch aufgrund von Gaming Communities oder Cloud Gaming sehr vielversprechend.

Generationen-Aufteilung lt. iSCM bezogen auf eine Gesamtbevölkerung in Deutschland von 81,5 Millionen.
Generationen-Aufteilung lt. iSCM bezogen auf eine Gesamtbevölkerung in Deutschland von 81,5 Millionen.
Foto: iSCM

Allerdings zeigen die Umsatzzahlen ein zweigeteiltes Bild. Der deutsche Games-Markt wuchs im ersten Halbjahr 2019 laut dem Verband der deutschen Games-Branche game um elf Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Dieses Wachstum resultiert aus steigenden Umsätzen für In-Game-Verkäufe (plus 28 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro) und Gebühren für Online-Dienste (plus 52 Prozent auf 228 Millionen Euro). Beides Bereiche von denen der Fachhandel in einem ersten Schritt nur bedingt profitiert.

Die für den Fachhandel wichtige Umsatzentwicklung von Hardware (Spielekonsolen, Gaming-PCs und Zubehör) ist dagegen mit minus zwei Prozent auf 986 Millionen Euro rückläufig. Der Umsatzanteil der Hardware am deutschen Games-Markt sinkt dadurch von 40 auf 35 Prozent.

Aufgrund dieser Umsatzverlagerung ist es ratsam, sich mit dem Thema Gaming etwas mehr im Detail auseinanderzusetzen, um als Fachhändler davon auch in Zukunft zu profitieren. Hierzu ist es hilfreich, aufzuschlüsseln, wie alt Besitzer von Smartphones, Tablets, Spielekonsolen, Gaming-Desktops und Notebooks sind und welchen Technikgenerationen sie angehören.

Gaming-Markt mit vielen Facetten und Geschäftsmöglichkeiten


Angesichts der hohen Ausstattung mit Smartphones über alle Generationen hinweg wird deutlich, dass das Smartphone über "Casual Gaming", also das Spielen wo und wann wir etwas Zeit erübrigen können, die breite Plattform für digitales Gaming darstellt.

Generationen und Gerätebesitz in Deutschland lt iSCM, Stand: Juli 2019
Generationen und Gerätebesitz in Deutschland lt iSCM, Stand: Juli 2019
Foto: iSCM

Der Fachhandel kann diese Gelegenheitsspieler aber eher vernachlässigen. Über 50 Prozent der Spielekonsolen gehören Vertretern der Generationen X, Y und Z. Damit sind sie die wichtigste dedizierte Plattform für Gaming. Gaming-Desktops wie Notebooks spielen eine deutlich geringere Rolle. In der Generation Y, den Jahrgängen 1982 bis 1994, besitzt jeder Fünfte einen Gaming-Desktop und 13 Prozent ein Gaming-Notebook, in der Generation X (Jahrgänge 1970 bis 1982) sind es 17 beziehungsweise acht Prozent Von den 1994 oder später Geborenen, der Generation Z, verfügen 14 Prozent über einen Gaming-Desktop und acht Prozent über ein Gaming-Notebook.

Potenzial für Gaming-Desktop-PCs und Notebooks samt Zubehör

Die vergleichsweise geringe Ausstattung mit Gaming- Desktops, Gaming-Notebooks und Zubehör zeigt, dass es in den Generationen X, Y und vor allem in der Generation Z viele mögliche Gaming-Neukunden gibt, an die es heranzukommen gilt.

Aufgrund eines Gerätebesitzes von zehn Millionen Gaming-Desktops sowie sechs Millionen Gaming-Notebooks ist auch das Replacement-Potenzial erheblich. In Kombination mit der Nutzungsdauer, die im Durchschnitt bei Gaming-Desktops fünf Jahre und bei Gaming-Notebooks viereinhalb Jahre beträgt, also deutlich weniger als bei klassischen Desktops und Notebooks, lässt sich ein Replacement-Potenzial von zwei Millionen Gaming-Desktops sowie 1,5 Millionen Gaming-Notebooks pro Jahr für den Handel ableiten.

Bei den deutlich höheren Durchschnittspreisen ist dies zudem ein sehr lukratives Umsatz- wie Margenpotenzial für den Fachhandel. Hinzu kommen weitere vier Millionen Spielekonsolen, die im Durchschnitt pro Jahr zum Replacement oder Ergänzungskauf anstehen. Das gesamte Gaming-Replacement-Potenzial liegt für den Fachhandel somit bei 7,5 Millionen Geräten pro Jahr.

Nach Angaben von Konsumenten, die gefragt wurden, wo sie ihre Gaming-Hardware (Desktop, Notebook, Konsole) künftig zu kaufen beabsichtigen, entfallen auf den klassischen Fachhandel vier Millionen sowie auf E-Tailer 3,5 Millionen Geräte. Beide Channel-Formen sind demnach auch in Zukunft bei den Kunden gefragt. Wie kann der Channel aus dieser Ausgangssituation dasBeste herausholen?

Gaming im Channel erlebbar machen

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen sollte der Channel den Hype um das digitale Gaming und die Marketing-Investitionen der Hardwarehersteller und der anderen Gaming-Akteure für sich nutzen:

1) Gaming sollte in Online- wie klassischer Werbung plakativ aufgegriffen werden, Produktvielfalt sollte klar positioniert sein.

2) Gaming sollte in Geschäften mit hoher Frequenz und entsprechender Shop-Fläche mit Konsolen und vor allem Computern erlebbar sein.

3) Gaming-Hardware sollte "cool" in einer den Generationen Y und Z angepassten Werbesprache wie Shop-Gestaltung präsentiert werden

4) In Ergänzung zu Gaming-Hardware sollte weitere designbetonte klassische Computerhardware im Hochpreisumfeld positioniert sein, die Gaming als Zusatzoption vor allem für die Generation X und die Generation der Baby-Boomer bietet.

5) Die Ansprache wie Beratung der (potenziellen) Gamer sollte aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage deutlich zwischen Neu- und Replacement-Kauf unterscheiden.

In Summe bietet digitales Gaming für den Handel die einmalige Chance, die jungen Käufergenerationen, die noch Bedarf an vielen Technikprodukten besitzen, frühzeitig an den eigenen Shop oder die eigene Marke zu binden. Eine Chance, die es für den klassischen Fachhandel wie für den E-Tailer zu nutzen gilt.

Gamescom 2019: Aus Spaß wurde schon lange Ernst

Zur Startseite