Deutscher Mittelstand im Ausland

Digitalisierung ohne Grenzen

Andreas Zipser ist Executive Vice President & Managing Director Central Europe bei Sage. Innovation und Cloud Computing im Mittelstand sind ihm ein besonderes Anliegen. Dafür engagiert er sich auch als Mitglied von Verbänden und Organisationen wie beispielsweise dem Bitkom und dem Cloud Ecosystem.
Über ein Drittel aller deutschen Mittelständler ist im Ausland aktiv, daher müssen auch dessen HR- und ERP-Lösungen länderübergreifend sein.

Nationale Großkonzerne definieren sich bereits seit Jahren als global Player und haben ihre Wachstums- und Unternehmensstrategien entsprechend ausgerichtet. Doch nicht nur Großunternehmen, sondern auch der deutsche Mittelstand ist zunehmend auf dem internationalen Parkett aktiv.

Einer Untersuchung des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) zufolge ist schon heute mehr als ein Drittel aller deutschen Mittelständler auch außerhalb der Bundesrepublik aktiv; fast jeder zweite davon will sein Auslandsgeschäft in Zukunft sogar intensivieren. Am häufigsten drängt es hiesige Firmen in die europäische Nachbarschaft. Aber auch Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS) spielen in den Expansionsbestrebungen des deutschen Mittelstandes eine zunehmend wichtige Rolle - sowohl als Absatz- und Beschaffungsmarkt wie auch als Produktionsstandort.

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Laut Schätzungen der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) belief sich die Gesamtzahl der Beschäftigten, die in ausländischen Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen tätig sind, zum Ende des Jahres 2018 auf rund 7,6 Millionen. Neben den Vorteilen, die sich mit dem internationalen Engagement hiesiger Betriebe verbinden, birgt dies auch organisatorische Anforderungen.

Einer Untersuchung des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) zufolge ist schon heute mehr als ein Drittel aller deutschen Mittelständler auch außerhalb der Bundesrepublik aktiv.
Einer Untersuchung des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) zufolge ist schon heute mehr als ein Drittel aller deutschen Mittelständler auch außerhalb der Bundesrepublik aktiv.
Foto: jamesteohart - shutterstock.com

Denn ohne ein IT-System mit vollständiger Integration aller landesspezifischen Besonderheiten kann da allein schon die Lohnbuchhaltung zu einer Herausforderung werden: In Frankreich beispielsweise wird die Einkommensteuer der Mitarbeiter nicht wie hierzulande vom Bruttolohn abgezogen, sondern erst später nach Erhalt des Steuerbescheids gezahlt. Große Unterschiede bestehen zudem bei den tariflichen Regelungen. Ein extremes Beispiel ist Brasilien, wo es nicht weniger als 10.000 Tarifvereinbarungen gibt. In Japan wiederum sind je nach Region und Branche mehrere hundert Mindestlöhne zu berücksichtigen.

Auf dem Weg zur globalen People Company

Zwar wird die Lohn- und Gehaltsabrechnung vielerorts noch immer als der führende Prozess innerhalb des Personalwesens betrachtet. Doch angesichts des zunehmend globalisierten Wettbewerbs um gut ausgebildete Fachkräfte reicht diese Sichtweise nicht mehr aus: HR-Manager versuchen stattdessen zunehmend, eine weniger verwaltungs-, sondern vielmehr mitarbeiterzentrierte Personalstrategie umzusetzen. Denn für jede neue Landesgesellschaft müssen sie qualifizierte Arbeitnehmer nicht nur gewinnen, sondern auch langfristig im Unternehmen halten.

Mehr noch: In Zeiten des Fachkräftemangels ist es unabdingbar, das vorhandene Human Capital der Stammbelegschaft durch gezielte Förder- und Schulungsmaßnahmen so weit wie möglich aufzuwerten. Unternehmen auf Internationalisierungskurs brauchen daher zentrale Steuerungsinstrumente, mit denen sie eine grenzüberschreitend abgestimmte Personalentwicklungsstrategie effektiv umsetzen können.

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Idealerweise sind solche Steuerungstools in eine modulare Architektur eingebettet und stehen überdies als Cloud-Service ortsunabhängig in allen Landesniederlassungen in gleicher Konfiguration zur Verfügung. Unter dieser Prämisse lässt sich dann Schritt für Schritt das ursprüngliche Setup mit zusätzlichen Software-Modulen erweitern, um alle relevanten landesspezifischen Besonderheiten mit wenig Aufwand abzubilden. Nationale Lohn- und Gehaltskomponenten werden in diesem Szenario beispielsweise über vordefinierte Schnittstellen integriert. Zudem sorgt eine modular aufgebaute HR-Plattform beim internationalen Rollout für Wahlfreiheit hinsichtlich der Reihenfolge der Länder und Regionen, die je nach strategischer Geschäftspriorität flexibel festgelegt werden können.

Am Ende steht dann eine länderübergreifende HR-Plattform, die einen transnationalen Überblick über alle wichtigen HR-Kennzahlen bietet. Entscheidungen zur Entwicklung der wichtigen Unternehmensressource Personal können somit auf globaler Ebene getroffen werden - statt wie bisher vorwiegend lokal. Als Entscheidungsgrundlage dienen dabei keine Mutmaßungen und Schätzungen mehr, sondern eine fundierte Datenbasis, die den aktuellen Personalstatus aller Unternehmensgesellschaften in ihrer Gesamtheit widerspiegelt.

ERP: polyglott, modular und Cloud-basiert

Ein global vereinheitlichtes HR-Management zeigt exemplarisch, worauf es für deutsche Mittelständler im internationalen Wettbewerb generell ankommt: Auf agile Steuerungsmöglichkeiten von Unternehmensressourcen. Vieles von dem, was über eine modulare Personalsoftware aus der Cloud gesagt wurde, lässt sich fast eins zu eins auf den Bereich Enterprise Resource Planning - kurz ERP - und damit auch auf das zugrunde liegende ERP-System übertragen: Eine 360-Grad-Sicht auf das Unternehmen als Ganzes ist nur mit einer grenzüberschreitend konsolidierten Datenbasis möglich.

Außerdem muss das ERP-System in der Lage sein, verschiedene nationale Controlling-Vorgaben genauso vollständig abzubilden wie die jeweilige Steuergesetzgebung oder lokale Ein- und Ausfuhrbestimmungen. Auch diese Anforderungen lassen sich in der Praxis am besten mit einer modularen Softwarearchitektur verwirklichen, bei der sich landesspezifische Funktionsblöcke nach dem Baukastenprinzip zu einem Gesamtsystem zusammensetzen lassen.

Wie schon im HR-Umfeld stellt sich auch bei einem multinationalen ERP-System die Frage, ob es in einer traditionellen IT-Umgebung oder in einer Cloud am besten aufgehoben ist. Ein cloudbasiertes ERP-System sorgt nicht nur für länder- und standortübergreifend einheitliche Konfigurationen, sondern bietet auch wirtschaftliche Vorteile.

Nur in der Cloud lassen sich beispielsweise alle benötigten IT-Kapazitäten pro Land und Standort flexibel nach oben wie nach unten skalieren - wodurch auch typische Investitionsrisiken entfallen, die bei konventionellen IT-Architekturen bisher unvermeidlich waren: Wer eine klassische On-Premise-Umgebung zu optimistisch dimensioniert, hat bei unerwartet moderater Geschäftsentwicklung gegebenenfalls ungenutzte IT-Kapazitäten im Haus. Umgekehrt birgt aber auch eine allzu vorsichtige Dimensionierung Gefahren, wenn ein Unternehmen aufgrund mangelnder IT-Kapazitäten dann etwa nicht in der Lage ist, schnell genug auf Marktchancen zu reagieren.

Fazit

Mit Blick auf die notwendige Agilität im globalen Wettbewerb, und insbesondere unter Kostengesichtspunkten ist eine modulare und Cloud-basierte Architektur eindeutig die erste Wahl als Grundlage für jedes multinationale HR- und ERP-System.

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