IT-Arbeitsmarkt

Digitalisierung schafft neue Berufsprofile

Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Der IT-Arbeitsmarkt verändert sich mit der Digitalisierung. Wie Unternehmen auf die Umwälzungen reagieren, analysiert eine Studie von Bitkom Research im Auftrag von Tata Consultancy Services.

Die Digitalisierung krempelt nahezu jeden Wirtschaftssektor um. Deutlich zu spüren bekam es bereits der Handel, doch auch innovative Branchen wie die Automobilindustrie oder traditionelle Wirtschaftszweige wie Versicherungen verändern sich rasant. Was bedeuten diese Veränderungen für den IT-Arbeitsmarkt? Welche Berufsprofile sollen neue Mitarbeiter mitbringen? Wie qualifizieren sich Berufserfahrene weiter? In einer repräsentativen Studie von Bitkom Research zum Thema Digitalisierung im Auftrag des Beratungsunternehmens Tata Consultancy Services (TCS) beantworteten 905 Unternehmen auch Fragen zu Qualifikation und Weiterbildung.

Für 52 Prozent der Befragten findet im Marketing und Vertrieb ein Paradigmenwechsel statt.
Für 52 Prozent der Befragten findet im Marketing und Vertrieb ein Paradigmenwechsel statt.
Foto: Tata Consultancy Services

Den größten Bedarf an IT-Fachkräften sehen die Befragten aller Branchen im Sektor IT-Sicherheit. Jedes dritte Unternehmen ab 100 Mitarbeiter (33 Prozent) in Deutschland hat bereits Stellen für IT-Sicherheitsberater geschaffen oder will das bald tun. Fast genauso wichtig (24 Prozent) sind Spezialisten für Cloud-Technologien und digitales Marketing (18 Prozent). Fachbereiche wie Vertrieb und Marketing spüren die Veränderungen am stärksten. Für 52 Prozent der Befragten findet im Marketing und Vertrieb ein Paradigmenwechsel statt. 49 Prozent gaben an, dass die Digitalisierung die Kundenbeziehungen umkrempelt. Konzentrierte sich der Dialog mit den Kunden zunächst auf E-Mail und Kurznachrichten, entwickelt sich der Trend seit einiger Zeit hin zu den sozialen Medien. Ähnlich sieht es im Verkauf aus: Vertriebskanäle wie Apps und Plattformen etablieren sich, um neue Märkte zu erschließen und etablierte Kundenkontakte zu pflegen.

"Die Anforderungen der Kunden wandeln sich"

Mit der Digitalisierung verändert sich nahezu jedes Berufsprofil, auch in der Unternehmens- und IT-Beratung lässt sich dieser Umbruch deutlich erkennen. "Die Anforderungen der Kunden wandeln sich", sagt Frank Karcher, Personalchef von Tata Consultancy Services (TCS). Kleinere Projekte, eine schnellere Taktung und höhere Erwartungen nennt Karcher als Beispiele. IT-Beratungshäuser wie TCS müssen dem Kunden immer mindestens einen Schritt voraus sein. Das Unternehmen nutzt schon lange agile Entwicklungsmethoden und Scrum, die regelmäßige Qualifizierung der Mitarbeiter sieht Karcher als einen Wettbewerbsvorteil. "Weiterbildung ist uns wichtig, wir trainieren unsere Bestandsmannschaft, denn die Jobprofile verändern sich mit der Digitalisierung massiv", erklärt Karcher.

Eine solide Grundausbildung in Informatik, Wirtschaftsinformatik oder Betriebswirtschaft bringen die Bewerber bei TCS mit. Wer eine Laufbahn als Software-Entwickler anstrebt, sollte mindestens einen Bachelor-Abschluss mitbringen, wer das Berufsziel Beratung, IT-Management oder Analyst hat, über einen Master-Abschluss verfügen. "Unsere Mitarbeiter spezialisieren sich später bei uns, doch ein Studium ist eine extrem wichtige Basis für das spätere Berufsleben", sagt Karcher. Auch auf eine hohe Sozialkompetenz der Bewerber legt das Unternehmen viel Wert. Dagegen vertiefen viele angehenden Berater ihr Spezialwissen in Analytics, Big Data oder Internet of Things (IoT) oft erst bei Tata Consultancy Services.

Regelmäßige Weiterbildung als Wettbewerbsvorteil

Die Studie zeigt, dass Unternehmen viel in die mobile Ausstattung und Weiterbildung der Mitarbeiter investieren. Schon heute verfügen 93 Prozent über digitale Arbeitsgeräte, 75 Prozent der befragten Firmen fördern die Digitalkompetenz der Angestellten. Auch der Arbeitsalltag sieht heute anders aus: 68 Prozent setzen virtuelle Meeting-Formate ein, 70 Prozent bieten den Mitarbeitern eine flexible Arbeitsgestaltung an. Tata Consultany Services möchte seine erfahrenen Berater an das Unternehmen binden und als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Deshalb setzt das Unternehmen auf fundierte Weiterbildungen in digitalen Themen. Jeder TCS-Berater bildet sich durchschnittlich an sechs Tagen pro Geschäftsjahr weiter. Auch mehrwöchige Trainings am Headquarter in Indien zählen dazu.

Neue Aufgaben wie Big Data, Machine Learning oder Internet of Things (IoT) faszinieren IT-Spezialisten. Gerade weil es an gut ausgebildeten Fachkräften fehlt, versuchen viele Unternehmen, ihre Mitarbeiter weiterzubilden, um sie fit zu machen für die neuen Herausforderungen. Gleichzeitig investieren viele Firmen auch in flexible Arbeitszeitmodelle, Home-Office und neue Karriereperspektiven, um sie zum Bleiben zu bewegen und das Arbeiten so angenehm wie möglich zu gestalten.

Neue Karrieremodelle etablieren sich

"Vertrauensarbeitszeit gibt es seit Unternehmensgründung", sagt Cawa Younosi, Personalchef von SAP in Deutschland und fügt hinzu: "Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter mobil sind." Diese Mobilität umfasst mehr als den Arbeitsort, ein Tablet oder Smartphone. Vor über einem Jahr schaffte SAP die Teilzeitfalle ab; wer wegen Elternzeiten oder aus anderen Gründen seine Stundenzahl reduzierte, kann problemlos wieder zur ursprünglichen Stundenzahl zurückkehren. Diese Flexibilität des Arbeitgebers komme gut bei den Mitarbeitern an, erklärt Younosi. Auch das neue Karriere-Modell "Co-Leadership", bei dem sich beispielsweise Tandems aus Jung und Alt bilden und sich zwei Kollegen eine Management-Aufgabe teilen, findet im Unternehmen Zuspruch.

Cawa Younosi ist Personalchef bei SAP in Deutschland und möchte, dass seine Mitarbeiter mobil sind.
Cawa Younosi ist Personalchef bei SAP in Deutschland und möchte, dass seine Mitarbeiter mobil sind.
Foto: SAP Deutschland

"Wir wollen unsere Mitarbeiter happy halten und haben uns die Hands-on-Mentalität bewahrt. Wenn uns eine Idee überzeugt, versuchen wir diese auch schnell umzusetzen", sagt der SAP-Personalchef, so sei es auch mit dem Projekt Co-Leadership gewesen. Bereits nach drei Monaten gab es die ersten Stellenausschreibungen. Überhaupt ist Mobilität innerhalb des Unternehmens wichtig. SAP beschäftigt weltweit mehr als 90.000 Mitarbeiter. Alleine im vergangenen Jahr wechselten rund 8.000 SAP-Mitarbeiter innerhalb der Organisation die Stelle, mehr als 1.000 heuerten bei SAP in Deutschland an. "Für neue Aufgaben wie Machine Learning, Data Scientist oder Internet of Things suchen wir Berufserfahrene, doch die Themen sind noch so neu, es gibt wenige Experten. Deshalb ist uns die Begeisterung der Bewerber für diese Themen genauso wichtig", sagt Younosi. SAP investiert rund 190 Millionen Euro pro Jahr in interne Trainings.

Die Digitalisierung eröffnet neue Karrierewege, gerade weil Unternehmen sich sehr um berufserfahrene IT-Experten bemühen. "Wir qualifizieren unsere Mitarbeiter weiter", erklärt Frank Karcher, Personalchef von Tata Consultancy Services in Deutschland. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 390.000 Mitarbeiter, 1.600 arbeiten in Deutschland. "Viele Programmierer wollen sich weiterentwickeln und streben Positionen als Projektleiter oder im Business-Relationship-Management an", sagt Karcher und fügt hinzu: "Wir fördern die Karrierewünsche unserer Mitarbeiter." Auch das Spezialistentum verändere sich, so der TCS-Experte. "Wir bieten den Mitarbeitern breite Tätigkeitsprofile an, das macht den Leuten mehr Spaß und motiviert sie, weiterhin für uns zu arbeiten."

Trendstudie Digitalisierung

Bitkom Research befragte im Auftrag des Beratungsunternehmens Tata Consultancy Services (TCS) in einer repräsentativen Studie 905 Unternehmen ausführlich zur Digitalisierung. Das Thema ist noch selten Chefsache. Die Studienteilnehmer benennen zwar ganz klar die Herausforderungen und Veränderungen, doch diejenigen, die das Thema vorantreiben, sitzen selten an der Spitze des Unternehmens. Erstaunlicherweise ging im vergangenen Jahr die Initiative für Digitalisierungsprojekte nur zu 42 Prozent von den Chefetagen aus. Ideen und Umsetzung kommen mit 86 Prozent ganz klar aus den IT-Abteilungen der Unternehmen. CIO oder CDO und deren Mitarbeiter treiben Projekte voran, in einem Viertel der befragten Unternehmen kommt auch aus einzelnen Fachabteilungen der Anstoß zu Digitalisierungsprojekten.

Die komplette Studie ist unter https://studie-digitalisierung.de verfügbar.

Zur Startseite