Digitalkameras satt: Absatzzahlen in Deutschland haben sich verdoppelt

11.12.2003
Bereits zum zweiten Mal in Folge kann der Markt für digitale Kameras binnen Jahresfrist mit der traumhaften Wachstumsrate von 100 Prozent glänzen. Die Preise purzeln jedoch rapide, und die Produktzyklen werden immer schneller. Von ComputerPartner-Redakteur Christian Meyer

Laut Peter Sibbe, dem Vorsitzenden des Photoindustrie-Verbandes e.V., werden dieses Jahr etwa 7,2 Millionen Kameras verkauft werden - rund fünf Millionen davon sind digitale Exemplare. Das entspricht mehr als einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr (2,4 Millionen). Damit wurden die Erwartungen weit übertroffen, denn gerechnet hat die Branche eigentlich mit einem Absatz von etwa 4,5 Millionen Stück.

Auch in den anderen europäischen Ländern brummt das Geschäft mit den digitalen Knipsern kräftig. Mit einem Marktanteil von 36 Prozent am weltweiten Geschäft mit Digitalkameras hat Europa in diesem Jahr die Spitzenposition übernommen. Rund 18 Millionen Exemplare (2002: neun Millionen) gehen europaweit 2003 über die Ladentheken - 50 Millionen sind es weltweit (2002: 30,5 Millionen).

Auch in den kommenden Jahren wird der Boom weiter anhalten. Nach Erhebungen des Nürnberger Marktforschungsunternehmens GfK besitzen bis Ende des Jahres erst rund 25 Prozent aller Haushalte in Deutschland eine Digitalkamera. Für die Marktforscher ist das ein klarer Hinweis darauf, dass das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. 75 Prozent aller Haushalte - so die Annahme - werden über kurz oder lang in den Besitz eines solchen Gerätes kommen. Die Prognose könnte stimmen, die Marktdurchdringung bei den analogen Kameras liegt auf einem ähnlichen Niveau. Herausgefunden haben die GfK-Forscher zudem, dass 19 Prozent der Digitalkamerakäufer Ersttäter sind, denn sie besaßen bis dato überhaupt keine Kamera. Das deutet darauf hin, dass mit diesen Geräten offensichtlich auch gänzlich neue Zielgruppen erschlossen werden.

Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten

Die extrem hohe Nachfrage nach Digitalkameras lockt mehr und mehr Hersteller in diesen Markt. Tummelten sich 2002 "lediglich" 74 Hersteller in diesem Markt-segment, buhlen zwischenzeitlich 98 Anbieter um die Gunst der Kunden. Zum Vergleich: In Japan treten gerade mal 24 Anbieter auf. Das hat hierzulande deutliche Konsequenzen: Es tobt ein gnadenloser Preiskampf - binnen der letzten drei Jahre haben sich die Durchschnittspreise halbiert. Doch nicht nur das: Während ein Käufer für eine Digitalkamera europaweit gesehen im Schnitt derzeit 439 Euro berappen muss - in Frankreich sogar 471 Euro -, brauchen die Kunden hierzulande im Schnitt nur 411 Euro zu zahlen. Das mag die Konsumenten sicherlich erfreuen, Hersteller wie Handel leiden jedoch sehr stark unter diesem Preisdruck. "Die Computerindustrie lebt es uns vor - auch wir werden künftig damit leben müssen", macht denn auch Sib-be seinen Mitgliedern ummissverständlich klar.

Verschärft wird die Situation insbesondere für Handel und Konsumenten zudem durch die geradezu explosionsartige Zunahme der Menge immer neuer Kameramodelle. Lag die Zahl der angebotenen Produkte 2002 bereits bei 471 verschiedenen Exemplaren, leisten die derzeit 620 gehandelten Modelle der fortschreitenden Orientierungslosigkeit weiteren Vorschub. Allein im Zeitraum von Januar bis November 2003 pumpte die Industrie 435 neue Modelle in den Markt (2002: 278). Oder anders ausgedrückt: Pro Tag(!) entspricht das umgerechnet 1,4 Markteinführungen.

Meinung des Redakteurs

Die Experten sind sich einig: Was der Digitalkameramarkt derzeit durchlebt, ist gerade erst der Anfang. Der große Durchbruch - sprich der Eintritt in den Massenmarkt - steht diesem Produktsegment erst noch bevor. Und obwohl in der Branche schon seit längerem gemunkelt wird, dass es bald zu einem "Shake out" unter den Herstellern kommt, zeigt sich derzeit ein anderes Bild.

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