DJ IPO/Investoren stehen Versatel-Börsengang kritisch gegenüber

17.04.2007

Von Stefan Mechnig und Rüdiger Schoß

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Zahlreiche Frankfurter Fondsmanager stehen dem Börsengang der Versatel AG sehr kritisch gegenüber. Sie stoßen sich dabei vor allem an der von den Konsortialbanken erstellten Bewertung des Unternehmens. Durchweg wird der Fair Value bei höchstens 1,6 Mrd EUR gesehen, während die emissionsbegleitenden Häuser bis zu 2,2 Mrd ansetzen. Es gebe durchaus Investitionsalternativen zu Versatel, wird bei den Anlageprofis betont. Der bislang größte Börsengang des Jahres könnte womöglich ohne einen kräftigen Preisabschlag zum Misserfolg werden.

"Die Emission wird nur mit einem vernünftigen Discount ein Erfolg", sagte ein Fondsmanager, der namentlich nicht genannt werden wollte. Die begleitenden Banken hatten dies hingegen vorige Woche beim Startschuss für den IPO als nicht nötig bezeichnet. Versatel wirbt derzeit bei Investoren im In- und Ausland für den Börsengang, der für den 27. April geplant ist. Ab kommendem Freitag sollen die Aktien zur Zeichnung angeboten werden. Bislang sind die Urteile, die Dow Jones Newswires aus der Investorenszene hörte, allerdings überwiegend distanziert.

Das Geschäftsmodell des Kölner Telekommunikationsanbieters wird zwar durchweg als schlüssig und solide angesehen. Mit ihrem Engagement im Breitbandmarkt sei die Gesellschaft in einem insgesamt attraktiven Segment tätig, und ihre starke lokale Präsenz hier sei ein klares Plus, hieß es bei Fonds- und Portfoliomanagern mehrerer Gesellschaften.

Jedoch müsse einer Reihe von Risiken Rechnung getragen werden, gab der Fondsmanager zu bedenken. So habe Versatel als relativ junges Unternehmen noch keinen überzeugenden Erfahrungshorizont vorzuweisen. Außerdem drohe ein Aktienüberhang, weil der größte Alteigentümer, die Beteiligungsgesellschaft Apax, noch restliche Papiere halten werde, die zu einem späteren Zeitpunkt auf den Markt kommen dürften.

Ferner wies der Fondsmanager darauf hin, dass auf dem Breitbandmarkt auch durch das Erstarken der Kabelnetzbetreiber mit einer starken Zunahme des Wettbewerbs zu rechnen sei und Versatel wegen seiner hohen Schulden nur begrenzte Möglichkeiten für Zukäufe habe. "Wenn man das Breitbandwachstum in Deutschland abgreifen möchte, gibt es auch andere Investitionsmöglichkeiten", so der Fondsmanager.

Ähnlich kritische Aussagen waren bei anderen Investoren zu vernehmen. Durchweg wurde darauf aufmerksam gemacht, dass Versatel seine Kundengewinnungskosten vollständig aktiviere und daraus einen Großteil seines operativen Gewinns speise. Das sei zwar legitim, aber bei Wettbewerbern nicht üblich. Entsprechend müsse der von den Konsortialbanken angegebene Fair Value bereinigt werden, meinte der zuständige Manager einer weiteren großen Fondsgesellschaft.

Er hält eine Bewertung von 1,5 Mrd bis 1,6 Mrd EUR für angemessen und machte klar: "Wenn kein Discount drin ist, sind wir nicht dabei." Ohne einen Abschlag sieht er nämlich kein großes Steigerungspotenzial für die Aktie. Gleichwohl rechnet der Experte damit, dass der Börsengang zu Stande kommt. Das Timing sei gut und die "Marketingpower" groß. Ein anderer Fondsmanager will sogar einen Abschlag von 15% sehen. Wenn der Fair Value bei 1,4 Mrd EUR läge, wäre er interessiert.

Die Investmentbank Credit Suisse, die den Börsengang zusammen mit der Deutschen Bank und J.P. Morgan in der Hauptsache organisiert, kommt hingegen in ihrer von Dow Jones Newswires eingesehenen IPO-Studie zu einer Bewertung zwischen 1,86 Mrd und 2,19 Mrd EUR. Die Bewertung ist davon abhängig, ob sie die zu erwartenden Gewinne und Cash-Flows von Versatel betrachtet oder einen Vergleich mit anderen Unternehmen der Branche unternimmt. Als unabhängige Bank hat Kepler Equities eine eigene Untersuchung vorgenommen. Ihr Analyst Thomas Karlovits sieht den Fair Value bei 1,6 Mrd EUR.

Während die meisten befragten Investoren den Kauf von Versatel-Aktien noch vom Preis abhängig machen, stehen einige dem IPO bereits jetzt distanziert bis ablehnend gegenüber. Er werde wohl "eher nicht" investieren, sagte ein weiterer Fondsmanager. Und ein Kollege bemängelte, dass nur ein geringer Teil des Emissionserlöses in Investitionen fließen solle. "Das könnte ja noch okay sein, wenn sie wenigstens in einem nicht ganz so wettbewerbsintensiven Geschäft tätig wären", sagte er. Zudem sei schon die nächste Kapitalerhöhung in petto. "Das ist Grund genug für mich, nicht weiter (in den Börsenprospekt) zu schauen."

Webseite: http://www.versatel.de

-Von Stefan Mechnig und Rüdiger Schoß, + 49 (211) - 13 87 213,

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April 17, 2007 11:06 ET (15:06 GMT)

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