DMS-Lösungen verschwinden im Bauch anderer Anwendungen

12.02.1999
MÜNCHEN: Die Dokumentenmanagement-Branche hat ihre Wurzeln in einer Zeit geschlagen, als "normale" IT-Systeme noch nicht in der Lage waren, Imaging, Workflow und digitale optische Speicher zu unterstützen. Doch nun ist die Abgrenzung verschwunden. Ulrich Kampffmeyer* schwankt: DMS ist tot, es lebe DRT ?!

In den achtziger Jahren bildete sich das heraus, was wir heute als die Dokumentenmanagement-Branche kennen. Die Branche verstand sich, unterstützt durch Aktivitäten von Verbänden wie AIIM, IMC oder VOI, als eigenständige Disziplin innerhalb der IT-Branche. Diese Nische ist inzwischen Bestandteil der allgemeinen IT-Landschaft geworden.

Knowledge Management war auch keine Hilfe

Doch nun ist der DMS-Markt kein eigenständiges Segment mehr, und die Unique Selling Points von Dokumentenmanagement haben längst ihren Eingang in alle Arten von Lösungen gefunden, die sich nie als Teil der DMS-Branche verstanden haben. Dies wird besonders deutlich bei den ERP- und Internet-Software-Anbietern. Da der Begriff Dokumentenmanagement zunehmend an Zugkraft verlor, war die gesamte Branche dankbar, daß der neue Begriff Knowledge-Management auftauchte. Er löste jedoch nicht das Problem der Abgrenzung eines eigenen Marktsegments, sondern verschärfte noch die Situation. Denn die Vorreiter von Knowledge-Management waren Unternehmen, die Dokumentenmanagement nur am Rande betrachtet hatten - Lotus und Microsoft. Angesichts dieser Situation macht es keinen Sinn mehr, an den verschwimmenden Definitionen und Begriffen festzuhalten. Wir müssen uns damit abfinden, daß Dokumentenmanagement-Technologien und -Funktionalität Bestandteil der allgemeinen IT geworden sind.

Breites Spektrum für Definition von DRT

Fast alle Anwendungen erzeugen, verarbeiten, verteilen, verwalten und speichern heute Dokumente. Entscheidend ist hier der neue Dokumentbegriff im IT-Umfeld: Dokumente sind beliebige Zusammenstellungen von Informationen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt einen genau definierten, konsistenten und reproduzierbaren Zusammenhang bilden. Dieser liegt in elektronischen Systemen als Datei, Bestandteil einer Datei oder Objekt vor. Dokumente können heute alles sein: Images, E-Mails, Video, Datenbanktabellen, Audio, Listen, Office-Dateien, Compound-Documents, HTML-Seiten oder Screen-Dumps. Wichtig ist hierbei, daß Dokumente durch digitale Signaturen eine neue Rechtsqualität erhalten, die sie zukünftig den Originalen in Papierform gleichstellen werden. Hierdurch ergibt sich ein wesentlich breiteres Spektrum, das man für DRT, Document Related Technologies, definieren kann (siehe Kasten). Auch psychologisch gesehen müssen die DMS-Anbieter aus ihrer Nische heraus. DRT gehört in jede Art von Anwendung. bisher als eigene Lösung vertriebene Produkte werden "im Bauch" anderer Anwendungen verschwinden. Dokumentenmanagement hat eigentlich hierdurch sein Ziel erreicht, es wird Allgemeingut und Bestandteil der neuen Infrastruktur.

*Dr. Ulrich Kampffmeyer ist Geschäftsführer der Hamburger Unternehmensberatung Project Consult GmbH und einer der Direktoren in der Association for Information and Image Management (AIIM).

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