Dosch & Amand: Adventure-Trips und Vorzugsaktien für Mitarbeiter

12.09.1999
MÜNCHEN: Vor zwei Jahren hatten sie nur eine Vision, inzwischen sind sie als High-Tech-Schmiede international bekannt: Dosch & Amand haben mit innovativen Entwicklungen den Durchbruch geschafft. Mit dem bayrischen Innovationspreis wurden sie bereits ausgezeichnet, und sie planen jetzt den Gang an die Börse.

Im Januar 1997 gründeten Franz Dosch und Birgit Amand die Münchner High-Tech-Schmiede Dosch & Amand. Ziel des privat geführten Unternehmens war und ist die Realisierung von eigenständigen Produkten für "Mobile Information Appliance". "Damals", erinnert sich Birgit Amand, "war uns eigentlich nur klar, daß wir eine technische Innovation spezifiziert hatten. Doch ob und wie sich diese technisch und finanziell in eine marktfähige Produktlösung übertragen läßt, war zu Beginn noch mit vielen Fragen verbunden."

Nach knapp zwei Jahren Marktpräsenz kann das Unternehmen eine interessante Entwicklung im Bereich der ISDN-Datenübertragung sowie 35 Patente vorweisen, es hat den bayrischen Innovationspreis eingeheimst und plant den Gang an die Börse.

Den internationalen Durchbruch schaffte D&A mit der Entwicklung des "Multi Media Access Profile" - kurz genannt MMAP (siehe Kasten). Es basiert auf dem internationalen Dect-Standard, der bei Schnurlostelefonen zum Einsatz kommt. Damit lassen sich Wohnungen und Büros schnurlos mit ISDN- und LAN-Diensten vernetzen. Anwender können mit den entsprechenden Produkten beispielsweise drahtlos online gehen, Eurofiles und E-Mails versenden und empfangen, Sprach- und Faxdienste nutzen, kabellos auf Drucker zugreifen sowie - zeitgleich - handelsübliche Dect-Schnurlostelefone betreiben. Weitere Anwendungsmög- lichkeiten sind Scanner, Videokameras, Web-Phones, Web-TV-Apparate und Information Appliance Systems. Die ersten Produkte kamen im Januar 1999 auf den Markt. Das Systemkonzept von Dosch & Amand verwendet Dect-Datenfunk aber nicht als bloßen Kabelersatz, sondern als mobile Komponente. "Das ist ein visionärer Ansatz, weil dadurch Anwendungen möglich werden, die heute über Kabel noch gar nicht existieren, beziehungsweise gar nicht machbar sind", erklärt Dosch.

Doch vor den Visionen mußte zunächst die Realität bewältigt werden: Die Unternehmensgründer mußten umfassende technische und ökonomische Machbarkeitsstudien durchführen und beträchtliches Eigenkapital aufbringen. Nach Vorlage eines schlüssigen Gesamtkonzepts erhielten die Unternehmer eine Finanzspritze aus dem Fond für innovative Unternehmensgründungen des Bayerischen Wirtschaftsministeriums sowie langfristige Darlehen des Bundes.

MIT FINANZSPRITZE DES MINISTERIUMS ZUM ERFOLG

Heute beschäftigt der nach ISO 9001 zertifizierte High-Tech-Newcomer ein Team von 28 hochqualifizierten Mitarbeitern, von denen allein 15 im Bereich von Realtime-Software-Engineering und Dect-Entwicklung tätig sind. 10 bis 15 neue Mitarbeiter stellt das Unternehmen pro Jahr ein, neben Entwicklungsingenieuren vor allem Mitarbeiter für den Aufbau einer internationalen Vertriebsorganisation.

"Unsere guten Kontakte zu den Hochschulen helfen uns bei der Suche nach qualifizierten Kräften", meint Dosch, der sich des Personalmangels in der IT-Branche bewußt ist. Deswegen sei D&A auch Gründungsmitglied der Bayerischen Elite-Akademie in München, die besonders qualifizierte Studenten auf die industriellen Aufgaben besser vorbereiten soll. "Junge Ingenieure sind unglaublich begeisterungsfähig, wir geben ihnen die Gelegenheit, diese Begeisterung umzusetzen. "Auch im eigenen Unternehmen möchte man in Sachen soziale Kompetenz Vorbild sein: Die Mitarbeiter von D&A bekommen eine 24-Stunden-Unfallversicherung, eine Firmenrente, Incentives und Prämien: "Und vielleicht auch bald Vorzugsaktien, wenn wir an die Börse gehen", frohlockt Dosch. Außerdem gehen die Mitarbeiter regelmäßig mit Freunden und Familie auf "Adventure-Tours".

Der Geschäftsführer betont, daß man in der eigenen Firma nicht viel von festgefahrenen Strukturen hält: "In einem erfolgreichen Team teilt man keine Aufgaben mehr auf oder zu, sondern löst sie gemeinsam." Er kümmere sich zwar größtenteils um Marketing und Entwicklung, Birgit Amand um Finanzierung, internationale Verträge und Produktion, "doch die Entscheidungen treffen wir zusammen". Wer international mithalten wolle, dürfe sich ohnehin nicht nur an deutsche Spielregeln halten. Das wirkt sich des öfteren auf die Arbeitszeiten aus: "Wer zusammen in einem Boot sitzt, kann um 17 Uhr nicht einfach aussteigen, wenn man das Ufer noch nicht erreicht hat."

DOSCH ZUM "CHAIRMAN OF THE BOARD" BERUFEN

Die Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche ist offenbar erfolgreich: D&A hat inzwischen 35 Patente angemeldet. Die betreffen typischerweise Spezialthemen für breitbandige, resourcenschonende Übertra- gungstechnik und die Realisierung von Funk-Gateways.

Besonders stolz sind die Gründer auf die jüngsten Erfolge: MMAP wurde von der europäischen Normierungsbehörde für Telekommunikation als "DMAP" (Dect Multimedia Access Profile) zum neuen ETSI-Standard (EN 301650) für drahtlose, vernetzte Multimedia-Anwendungen in Europa erklärt. Franz Dosch ist kürzlich vom internationalen Dect-MMC-Konsortium zum Chairman of the Board berufen worden. Das Konsortium wurde 1999 in Barcelona auf dem Dect-Weltkongreß ’99 unter anderem von Ericsson, Canon, Ascom, National Semiconductor und Dosch & Amand gegründet. Ziel ist die Öffnung des Marktes für untereinander kompatible Dect-Datenprodukte. Speziell gekennzeichnete Geräte sollen den Endverbraucher in Zukunft darauf hinweisen, daß diese Produkte problemlos und herstellerunabhängig drahtlos miteinander kommunizieren können.

Seine bisherigen Produkte, wie die ISDN-Dect-Basistation, -ISA- und -PCMCIA-Card, bietet D&A internationalen Telekommunikationsunternehmen und der IT-Industrie als OEM-Produkt sowie Lizenznehmern als VAR-Komponente an. Mit der Deutschen Telekom AG wurde für den Vertrieb in Deutschland ein umfassender Kooperationsvertrag geschlossen: Seit Oktober 1998 vertreibt der Ex-Monopolist die Geräte unter der Produktbezeichnung "Teledat Cordless ISDN" in seinen T-Punkten. Weitere Verträge wurden mit Canon, Ascom, Screen Media und Video-Con unterzeichnet.

Zum langfristigen Produkt- und Unternehmenskonzept sagt Birgit Amand: "In den nächsten drei Jahren möchten wir Dosch & Amand global als Qualitätsbegriff im Bereich Dect-Datenkommunikation durch gezielte Entwicklungsarbeit und Marketingaktivitäten etablieren." Um das zu erreichen, will das Unternehmen Kooperationen mit leistungsstarken Partnern aus der TK- und IT-Industrie schließen, "sofern dies die Eigenständigkeit und Entscheidungsfreiheit des Unternehmens nicht gefährdet." (mf)

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