Dr. Materna GmbH - Ein Softwarehaus auf Expansionskurs

09.05.1997

MÜNCHEN: In Dortmund starteten vor 17 Jahren zwei Studienkollegen in eine ungewisse Zukunft. Doch Dr. Winfried Materna und sein Partner Helmut an de Meulen haben die Herausforderungen des EDV-Marktes gut gemeistert. Beflügelt vom bisherigen Erfolg wollen die Westfalen bald den Sprung nach Amerika und Asien wagen.

Sommerforum bei der Dr. Materna GmbH in Dortmund. Eine illustre Gästeschar hat sich anläßlich dieser Veranstaltung am 17. Juni 1997 bei strahlendem Sonnenschein in den Geschäftsräumen an der Voßkuhle versammelt. Über einen Mangel an klangvollen Namen kann sich Materna dabei nicht beklagen: Firmenvertreter von Unternehmen wie Siemens, der WestLB, Lufthansa, Mannesmann Mobilfunk und der Telekom drängeln sich um die Exponate oder verfolgen die Fachvorträge zu Themen wie Computer Telephony oder Personal- und Zeitmanagement. Auf den ersten Blick kann man kaum glauben, daß die Kundenstruktur "mittelständisch geprägt ist", wie Firmen-Chef Winfried Materna erklärt.

Doch vor allem das Behördengeschäft und der gehobene Mittelstand als Klientel haben dafür gesorgt, daß die Dr. Materna GmbH sich 1996 bis auf die Top 25 der deutschen Systemhäuser vorarbeiten konnte. Mit 410 Mitarbeitern und 100 Millionen Mark Umsatz gehört Materna inzwischen zu den Großen der Branche

Expansion auch in Asien geplant

Weiteres aggressives Wachstum ist geplant, so wollen die Dortmunder in Zukunft einen größeren Teil des Umsatzes als bisher im Ausland erzielen (1996: zwei Millionen Mark) und zunächst innerhalb Europas, dann auch nach Asien und Amerika expandieren (vergleiche Interview mit Dr. Materna). Zu Zeiten, wo zahlreiche Firmen Mitarbeiter entlassen müssen, plagen Materna ganz andere Probleme. Ihm fehlen für den Ausbau seines Geschäftes weitere qualifizierte Fachkräfte. In Maternas Internet-Jobbörse finden sich derzeit 30 offene Stellen.

Bei der Firmengründung vor 17 Jahren hätte sich Materna, der eigentlich einen längeren USA-Aufenthalt und eine Universitäts-karriere im Auge hatte, wohl nicht träumen lassen, daß die Geschichte seines Softwarehauses einmal eine solche Erfolgsstory werden würde. 1980 startete der agile EDV-Experte gemeinsam mit seinem Partner Helmut an de Meulen in eine ungewisse Zukunft. Die beiden Studienkollegen machten sich mit einem Einstiegsauftrag von Siemens selbständig. Der Zwei-Mann-Betrieb wickelte in Zusammenarbeit mit Siemens den Aufbau eines Campus-Netzwerkes für die Universität Hamburg ab. Bereits fünf Jahre später wurde in Frankfurt die zweite der inzwischen zehn Niederlassungen gegründet. 1990 eröffnete in Gera die erste ostdeutsche Niederlassung ihre Pforten. Mit Geschäfts-stellen in Hamburg, Bremen, Bad Vilbel, Dortmund, Erlangen, Berlin, Göppingen, Gera und Paderborn ist Materna mittlerweile in allen Ecken der Republik vertreten. Mit einer Beteiligung an der IMTF Materna GmbH in Wien sind die IT-Spezialisten auch in Österreich vertreten. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein Joint-venture zwischen der Dr. Materna GmbH und der Schweizer Unternehmensgruppe IMTF, einem Anbieter von Office Process Automations-Produkten.

Mehr als Integration: auch eigene Produkte

Die Geschäftsstelle in Paderborn ist ebenfalls ein "Sonderfall". Die Team GmbH mit Sitz in der westfälischen Bischofsstadt gehört seit 1986 als 100prozentige Tochtergesellschaft zur Materna Gruppe. Die Schwerpunkte von TEAM liegen in der Konzeption und Realisierung von Softwarelösungen für Produktionssteuerung, Logistik und Zeiterfassung in Industrie und Handel.

Heute ist die Dr. Materna GmbH nicht nur Dienstleister und Systemintegrator, sondern bietet auch eigene Produkte an. Schwerpunkte liegen auf den fünf Geschäftsfeldern Anwendung, Büro- und Telekommunikation, Dokumenten-Management-Systeme, Kommunikations-systeme sowie Netz- und System-Management. Im Bereich Anwendungen existieren spezielle Lösungen insbesondere in den Sparten Zollwesen, Zollverwaltung, Mitgliederverwaltung, Zeiterfassung, Logistik und Prozeßindustrie. Die Sparte Büro- und Telekommunikation ist zuständig für alle Fax- Telefonie- und Elektronik Mail-Produkte. Bereits 1986 entwickelte Dr. Materna das erste Dokumenten-Management-System mit optischem Datenarchiv auf Client-Server-Basis. Aus diesem Grund können die Dortmunder auf langjährige Erfahrungen in diesem Geschäftszweig zurückblicken.

Kooperationen stärken das Geschäft

Heute bietet Materna ein breites Angebot von vielseitigen Archivierungsprodukten an. Der Bereich Kommunikationssysteme ist sozusagen ein "Oldie" im Produktportfolio der Materna GmbH. Schon seit den Gründertagen werden auf diesem Sektor Lösungen erarbeitet, die den sich dynamisch wandelnden Markterfordernissen Rechnung tragen. LAN/LAN-Kopplungen, Host-LAN-Kopplungen, Mobilkommunikation sowie Vermittlungssysteme und Satellitenkommunikation gehören zu den Ergebnissen aus der Materna-Entwickler-Schmiede.

Das Netz- und System-Management kümmert sich um die Vernetzung von PCs in heterogenen Umgebungen, die integrierte Verwaltung von Sprach- und Datennetzen und um das Management von Geschäftsprozessen. Bestehende Infrastrukturen können mit neuen Applikationen verbunden und Geschäftsprozesse ganzheitlich abgewickelt werden. Daneben bietet Materna in einem umfassenden Dienstleistungsangebot Schulungen und Consulting-Projekte an. Die Softwerker legen Wert auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit ihren Kunden, die laut Winfried Materna "oft die besten Ideen haben". Doch der Präsident der IHK-Dortmund ist auch in der Kooperation mit seinen anderen Geschäftspartnern ein "Netzwerk-Spezialist".

Gemeinsam erarbeitete Konzepte mit Anbietern wie der Siemens Nixdorf GmbH (vergleiche Kasten) stärken die Rolle des Software- und Systemhauses, daß allerdings großen Wert darauf legt, "unabhängig" zu sein. Die weitere Entwicklung der Westfalen darf man jedenfalls gespannt verfolgen. Nach Deutschland und Österreich will sich Materna jetzt auch andere europäische Märkte erschließen und schielt sogar nach Asien und über den großen Teich.

Dabei ist nicht geplant, das Unternehmen in eine AG umzuwandeln, um Geld vom Kapitalmarkt zu bekommen. "Das bringt nur unangenehme Pflichten mit sich, wie den Zwang zu mehr Publizität", erklärt Winfried Materna. Angst davor, daß seine globalen Pläne eine Nummer zu groß für ihn sein könnten, hat er nicht. Da bleibt für Materna nur zu hoffen, daß seine Erfolgssträhne weiter anhält. (gut)

Firmenzentrale der Dr. Materna GmbH in Dortmund.

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